Männeressen: Steak Tatar

Rohkost, wie wir sie mögen: Tatar

Es gibt wenige, ach Quatsch, kein Gericht, dass archaischer, männlicher ist als das Steak Tatar. Wenn wir rohes Rindfleisch mit einem ebenfalls rohen Ei und kräftigen Gewürzen mischen und es ohne Umweg über eine heiße Herdplatte verzehren, dann können wir uns unseren jagenden und sammelnden Vorfahren so nahe fühlen wie selten sonst. Das macht Spaß, und das schmeckt!
Seinen Namen hat dieses typische Männeressen von den Tataren. Die sollen, so geht die Sage, ihr Fleisch unter den Sätteln ihrer Pferde weichgeritten und roh verzehrt haben, eine Zubereitungsmethode, die ich nicht empfehlen kann. Ich habe dieses Rezept getestet, als ich im Alter von ca. zehn Jahren erstmals von ihm hörte, indem ich eine Scheibe Rindsroulade auf meinen Fahrradsattel legte und von Eschwege nach Wanfried und zurück gefahren bin. Das Fleisch wird bei dieser Prozedur nicht annähernd weich, dafür ist die Hose ruiniert und der Fahrradsattel erinnert über Monate hinweg durch einen eigentümlichen Geruch an dieses Experiment.
Die Gastronomie wusste also, was sie tat, als sie das tatarische Originalrezept abwandelte, und dem so entstandenen klassischen Männergericht war über Jahrhunderte hinweg (zum ersten Mal taucht das Tatar Mitte des 19. Jahrhunderts in den Kochbüchern auf) ein schöner Erfolg beschieden. Bis vor wenigen Jahren war das Tatar ein Klassiker der bürgerlichen Küche, das Gericht stand auf zahllosen Speisekarten, und wenn Vati es sich gutgehen lassen wollte, brachte er vom Fleischer ein Päckchen durchgedrehtes Filet mit, und machte es sich zuhause an.
Womit wir bei den zwei Grundpfeilern wären, die für den Erfolg dieses Gerichts verantwortlich sind:
1. Rinderfilet, sonst nix!
2. Do-it-yourself ist die andere Hälfte der Miete.
Der Einkauf ist das schwierigste bei der Tatar-Zubereitung, denn eine Tresenkraft im Supermarkt dazu zu kriegen, einem ein Stück gut abgehangenes Rinderfilet durch den Wolf zu drehen, ist keine kleine Aufgabe („Det schöne Filet, nehmse doch von unsern Schabefleisch, det jeht doch ooch!“). Hier heißt es mannhaft insistieren, denn Schabefleisch oder wie auch immer Gehacktes vom Rind gehen gar nicht, weil zu fett und damit zu aufdringlich. Das Fleisch soll sich mit den Gewürzen vorteilhaft verbinden, und dafür müssen wir eben tief in den Geldbeutel langen (Theoretisch lässt sich auch das sogenannte Bürgermeisterstück zu einem akzeptablen Tatar verarbeiten, aber bis man der Tresenkraft im Supermarkt erklärt hat, was ein Bürgermeisterstück ist, hat sie das Filet dreimal durchgedreht.)
Zuhause angekommen legen wir unser durchgedrehtes Filet in einen tiefen Teller, an dessen Rand wir die Pflicht-Gewürze platzieren: Zwiebel (ich nehm Frühlingszwiebeln oder Schalotten, mir ist die Küchenzwiebel zu penetrant für dieses feine Essen), Kapern und Anchovis, alles schön kleingeschnitten und ein Löffelchen scharfes Paprikapulver. Optional kann man noch Senf und/oder Ketchup mit auf den Teller geben, dann wird eine Kuhle ins gehackte Fleisch gedrückt, in diese Kuhle platzieren wir ein rohes Eigelb und dann tragen wir das Tatar zu Tisch. Dort stehen wenigstens Salz, Pfeffer und Zitronenschnitze, und wer Lust und Laune hat, kann auch Olivenöl, Essig, Weinbrand, Tabasco oder Worcestersauce (küchentechnisch korrekt „Wortschästersause“ auszusprechen) zum Anmachen des Fleischs bereitstellen.
Das alles verrühren wir dann mit einer Gabel und verzehren es. Natürlich kann man ein Tatar auch in der Küche anmachen, aber Basteln macht doch viel mehr Spaß, wenn andere dabei zugucken. Als Beilage empfiehlt sich geröstetes Graubrot oder ein Roggenbrötchen, sonst nix. Und als Getränk ein schönes kaltes Bier oder – mein Favorit – ein gereifter Rotwein mit ordentlich Muskeln. Aber Vorsicht, nicht jeder Rotwein verträgt sich mit dem rohen Ei, nie war der Probierschluck so wesentlich wie hier.
Und sollte irgendjemand versuchen, dem Kerl, der sich sein Steak Tatar einverleibt, ein schlechtes Gewissen einzureden („Um Himmelswillen, rohes Fleisch! Wie kannst du nur! Die armen Tiere, deine Gesundheit, die Umwelt…“) beenden zwei Argumente zuverlässig und archaisch jedes Diskussion:
1. Es ist Rohkost.
2. Tatar schont die Umwelt: der Herd bleibt aus, wir sparen Strom.

Foto: Chris Kurbjuhn

Das italienische Rätsel

Zwei Gläser ein Gedanke

Zwei Gläser, ein Gedanke

Eine Frage, die immer wieder gestellt wird: warum trinken die Italiener in der Trattoria Wasser aus großen und Wein aus kleinen Gläsern?
Die Antwort ist verblüffend einfach: Sie können nicht aus ihrer Haut heraus, weder beim Wein noch beim Fußball. Wichtig ist die Defensive (Wasser), von der Offensive (lecker Wein) brauchen sie nicht so viel.
Darauf bin ich gekommen, als ich kürzlich mit einem italienischen Kollegen die größten Fußballspiele aller Zeiten durchdeklinierte. Und bei diesem Thema komm ich unweigerlich auf das „Wunder von der Grotenburg“ zu sprechen, ein unglaubliches, mitreißendes Europacup-Rückspiel von Bayer Uerdingen (ja, Bayer Uerdingen!) gegen Dynamo Dresden im Jahr 1986, wenn ich mich recht entsinne. Das Hinspiel in Dresden hatten die Uerdinger Nullzwo versemmelt, und so versammelten meine Fußballkumpels Patrick, Andi und ich uns erwartungsfroh vor dem Fernseher. Ein Nullzwo aufzuholen war jederzeit machbar, und deshalb versprachen wir uns ein aufregendes, offensiv geführtes Spiel, zumal Uerdingen seinerzeit von dem gern offensiv agierenden Kalli Feldkamp trainiert wurde und mit dem – meiner Ansicht nach vollkommen zu unrecht in Vergessenheit geratenen – Matthias Herget einen begnadet offensivstarken Libero aufbieten konnte. Also, vor dem Fernseher gemütlich gemacht, Pilsbier geknackt, und die Party konnte losgehen.
Zur Halbzeit diskutierten wir, in welcher Kneipe wir den Abend fortsetzen sollten. Das Spiel war durch, die Dresdner führten 3:1, Uerdingen war ausgeschieden, da konnte man sich doch am Tresen ein frisch Gezapftes gönnen, und von vergangenen Europacup-Schlachten schwadronieren. Gottseidank griff jedoch eine übergeordnete Macht (Assauers ungerechter Fußballgott?) ein und ließ uns “Nur noch 5 Minuten, vielleicht passiert ja doch noch was …” vor dem Fernseher ausharren.
Ca. 45 Minuten später war mein Couchtisch Kleinholz (Ich hatte beidfäustig auf ihn eingehämmert, während ich ca. 10mal hintereinander “Das gibt’s doch nicht!” gebrüllt hatte.), Patrick, Andi und ich lagen uns in den Armen und versicherten uns ein ums andere mal, dass wir “so etwas ja überhaupt noch nicht” gesehen hätten. Die Uerdinger hatten in einem atemberaubend rauschhaften Sturmlauf in den zweiten 45 Minuten 6 Tore geschossen und die Dresdner mit 7:3 aus dem Europacup geworfen. Noch heute fehlen mir die Worte, um dieses unglaubliche Offensiv-Spektakel zu beschreiben, bei dem auf einmal alles, aber auch alles passte, was immer die Uerdinger auch anstellten. Und vor allen Dingen herrschte eine unglaubliche Stimmung. In der Grotenburg-Kampfbahn, in der Sprecher-Kabine des ausrastenden Kommentators und in meinem Wohnzimmer.
Ca. eine Viertelstunde nach Spielende klingelte es bei mir an der Tür. “Das ist Marjam!” rief Patrick, “Das erledige ich!” Marjam war seine damalige Freundin, die sich nicht für Fußball interessierte und deshalb die Spielzeit im Kino verbracht hatte. Patrick eilte zur Tür, riss dieselbe auf und rief: “Und das war jetzt das, was ich dir seit Jahren nahe zu bringen versuche: Erlebnis Fußball! Erlebnis Fußball, verstehst du? Aber du warst ja wieder mal nicht da!” Sprach’s, knallte der vollkommen verdatterten Marjam die Tür vor der Nase zu und kam zurück zu uns ins Wohnzimmer. “Der lange Paß von Herget auf Funkel, unglaublich!”, meinte er. “Sowas hab ich ja überhaupt noch nicht gesehen.”
Ja. So ein Spiel war das.
Und von diesem Spiel hatte ich meinem italienischen Kollegen erzählt, der sich diese Schilderung in aller Seelenruhe anhörte, gleichmütig nickte und „1:0 wär besser gewesen.“ sagte.
Wie gesagt, sie können nicht aus ihrer Haut raus, unsere italienischen Freunde. Weder beim Wein noch beim Fußball.

8 platte Skatsprüche – und wie man mit ihnen gewinnt

Und was ist Trumpf?

Wenn Männer Skat spielen ist es selten ruhig am Tisch. In weihevoller Stille werden eigentlich nur die Partien der Skat-Bundesliga ausgetragen, in den skatsportlich tiefer anzusiedelnden Runden geht es fast immer laut zu. Und repetitiv, denn wir Männer neigen dazu, unser Skat-Tun wieder und wieder mit den gleichen Worten zu erklären. Diese zwischen Grand und Null-Ouvert ausposaunten, abgedroschenen Skat-Plattitüden haben dennoch eines gemeinsam: wenn man sich an die dahinter stehende Taktik hält, gewinnt man. Meistens. Wir stellen die acht gebräuchlichsten Skat-Weisheiten vor.

  1. „Dem Freunde kurz, dem Feinde lang.“
    Wenn man nicht der Alleinspieler ist und rauskommt, sollte man sich vergewissern, wer denn in Mittelhand sitzt. Der Alleinspieler? Dann sollte man ihm mit eine langen Farbe (also eine, von der man viele Karten hat) vorspielen. Wenn er die Farbe nicht hat (wahrscheinlich) muss er stechen (ein Trumpf weniger) und der Mitspieler kann im Idealfall eine kleine Karte abwerfen. Sitzt hingegen der Mitspieler in Mittelhand, spielt man eine kurze Farbe (also eine, von der man wenige Karten hat) aus, in der Hoffnung, den Mitspieler so ans Spiel zu bringen und den Alleinspieler in Mittelhand zu bringen (fast immer eine gute Idee).
  2. „Von hinten immer eine neue Farbe.“
    Wenn man ans Ausspiel kommt und noch nicht klar ist, wie die Farben verteilt sind, ist es meist sinnvoll, eine Farbe auszuspielen, die bisher noch nicht auf dem Tisch lag. Auf einer Farbe bestehen und sie erneut ausspielen sollte man nur, wenn man damit eine konkrete Absicht hat. Solange man noch im Trüben fischt: neue Farbe bringen!
  3. „Wenn man kann, soll man.
    Wenn man einen Stich machen kann, dann soll man ihn auch machen. Wenn der Alleinspieler Pikbube ausspielt und man selber Kreuzbube hat, bringt es meistens nix, zu „tauchen“ und sich den Buben für später aufzuheben. Im Zweifelsfall immer den Stich machen, am Ende (siehe 8.) zählt jeder Punkt.
  4. Achter sind Gespenster.
    Der Alleinspieler spielt Null und sitzt in Mittelhand? Dann bringt man ihn am ehesten in die Bredouille, wenn man eine Acht vorspielt. Wenn man seine schwache Farbe erwischt, muss er schon die sieben spielen und die Farbe wird noch schwächer. Die Acht ist meist das unangenehmste Ausspiel beim Null.
  5. „Auf dem Tisch sterben sie!“
    Meistens bringt es nichts, die „Vollen“ (also Zehner und Asse) zurückzuhalten. Lieber mutig ein As einer bisher noch ungespielten Farbe vorspielen und sehen, was der Alleinspieler macht. Wenn er bedient, hat man den Vollen nach Hause gebracht, wenn er sticht, hat er einen Trumpf weniger. Es gelingt so gut wie nie, alle Vollen nach Hause zu bringen, also kann man ruhig mal einen ins Geschäft stecken.
  6. „Beim Grand spielt man Ässer oder man hält die Fresse.“
    Wenn man beim Grand am Ausspiel ist und ein As hat, dann gehört es sofort auf den Tisch. Entweder man kriegt es durch (prima), oder der Alleinspieler sticht (prima, nur noch drei Trumpf draußen) oder der Alleinspieler wirft ab (Prima, wohl trumpfschwach, der Gute!).
  7. „Trumpf ist die Seele vom Geschäft.“
    Wenn man selber der Alleinspieler und am Ausspiel ist, dann zieht man grundsätzlich Trumpf. Unerfahrene Spieler gehen gern „über die Dörfer“, d.h. sie spielen zuerst die Asse ihrer Fehlfarben, um sie möglichst schnell in Sicherheit zu bringen. Dieses Sicherheitsdenken ist in Wirklichkeit riskant.  Wenn ein Gegenspieler in einer Farbe tatsächlich blank ist, kann er sofort stechen. Wenn man ihm erst die Trümpfe rausgezogen hat, kann er das nicht.
  8. „Hinten kackt die Ente.“
    Alle engen Spiele werden mit den letzten Karten entschieden. Hier lauern die Punkte, die nötig sind, um ein Spiel mit 62 oder 64 zu gewinnen. Um diese Stiche machen zu können, muss man aber so gespielt haben, dass man jetzt noch die richtigen Karten hat, und das geht nur, wenn man mitzählt. Einem Skat-Anfänger scheint es unmöglich zu sein, alle Karten im Kopf zu behalten, aber mit ein wenig Übung ist es gar nicht schwer. Es sind nur 32 Karten, 8 von jeder Farbe. Die kann man sich merken. Die muss man sich merken, wenn man gewinnen will.

Foto: uschi dreiucker / pixelio.de

Showdown am O.K. Corral – die besten Wyatt-Earp-Filme

Der junge Wyatt Earp

Wohl die wenigstens Männer seiner Zeit hätten gedacht, dass der Mann, der am 13. Januar 1929 für immer die Augen schloss, friedlich in seinem Bett sterben würde. Aber da er meistens genau das Gegenteil von dem tat, was seine Gegner erwarteten, starb Wyatt Earp nicht in seinen Stiefeln, sondern schlief in einem Appartement in Los Angeles, wo er als Berater an diversen Stummfilm-Western gearbeitet hatte, friedlich ein. Todesursache war keine Bleikugel, sondern ganz banal eine chronische Harnblasenentzündung. Earp wurde 80 Jahre alt, ein Alter, dass keiner seiner Freunde und erst recht keiner seiner Gegner erreicht hat. Dass ein Mann wie er – Revolverheld, Postkutschenfahrer, U.S. Marshal, Spieler, Büffeljäger, Kopfgeldjäger, um nur einige seiner Berufe zu nennen – dieses Alter erreicht hat, darf man als eins der größten Wunder der Weltgeschichte bezeichnen.

Wyatt's Wumme

Galt er bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts noch als Held der Eroberung des Westens, hat sich seitdem eine differenziertere Schicht auf diese schillernde Figur durchgesetzt, auf einen Mann, der gern das Recht brach, wenn er es hätte verteidigen sollen und der durchaus bereit war, seine Ideale zu opfern, wenn es ums nackte Überleben oder eine größere Summe Geldes ging. Trotzdem: Männer wie ihn scheint es heutzutage – leider oder gottseidank? – nicht mehr zu geben, auf wenn könnte das abgedroschene Klischee „larger than life“ besser passen als auf ihn?
Earps Leben und vor allen Dingen der Gunfight am O.K. Corral in Tombstone sind der Stoff, aus dem Hollywood Träume herstellt. Wir empfehlen die fünf, Quatsch, er trug einen Six-Shooter, die sechs besten Wyatt-Earp-Filme:

6. Doc
Tolle Idee – die Wyatt-Earp-Story mal durch die Augen Doc Holidays zu erzählen. Toller Schauspieler, nämlich Stacy Keach als Doc Holliday, wohingegen Wyatt Earp  von Harris Yulin gegeben wird, das ist ungefähr so als würde man Daniel Küblböck mit der Titelrolle einer Schwarzenegger-Biografie betrauen, also vollkommen daneben, wie leider der ganze Film. Ein hilfloser Versuch, mit einer ur-amerikanischen Geschichte einen Italo-Western zu drehen – man hockt kopfschüttelnd da und fragt, warum, ohne eine Antwort zu erhalten. Sogar Faye Dunaway als Katie Elder reißt’s nicht raus. Als Dokument des 70er-Jahre Zeitgeists (als Earp also schon über 40 Jahre tot war) hat das ganze jedoch einen gewissen Reiz. Und Stacy Keach ist Mike Hammer Stacy Keach.

5. Wyatt Earp – das Leben einer Legende (Wyatt Earp)
Eigentlich ist der Film ganz okay, aber er ist lang. Sehr lang. Verdammt lang. Kevin Costner macht, was er immer macht, das passt ganz gut, und Dennis Quaid ist als Doc Holliday ganz okay. Vielleicht hat man nur zuviel Zeit, Kostner zuzugucken (der Film ist recht lang), da fangen die Gedanken an zu wandern, das ist so bei Filmen, die ganz okay, aber nicht wirklich gut sondern viel zu lang sind. Der ganzen Sache fehlt einfach die Struktur. Der Film fängt irgendwie an, dann passiert dies, dann passiert das, alles ganz okay, aber es zieht sich, und irgendwann, nach viel zu langer Zeit, ist der Film dann vorbei. Der Film hat zwei Probleme. Erstens ist er nur ganz okay und nicht wirklich gut. Zweitens ist er zu lang. Und repetitiv ist er auch noch!

4. Die fünf Geächteten (Hour of the Gun)
Eine unterschätzte Western-Perle. James Garner kann viel mehr als Maverick (wobei Maverick schon hammermäßig gut ist), Jason Robards als Doc Holliday ist ein Glücksfall, und dass der Film mit der Schießerei am O.K. Corral anfängt und die viel spannendere Geschichte der Earp Vendetta verfälscht erzählt, ist eine schöne Abwechslung. Die Dialoge sind ebenso kernig (Doc Holliday zu einem Typen, der sich wundert, warum er beim Pokern immer verliert: „Du spielst nicht sonderlich gut. Außerdem bescheißt du nicht.“) wie die Atmosphäre. John Sturges, der auch „Zwei rechnen ab“ (s.u.) gedreht hat, konnte Männerfilme drehen wie kein zweiter. In diesem kommt übrigens keine einzige Frau vor.

3. Faustrecht der Prärie (My Darling Clementine)
Was kann man gegen einen klassischen John-Ford-Western sagen? Selbstverständlich nichts, vor allen Dingen nichts gegen ein Meisterwerk wie dieses. Auch wenn diese Geschichte so viel mit dem wahren Wyatt Earp und den Geschehnissen in Tombstone zu tun hat wie Heidi mit dem Kamasutram, wir wollen nicht zimperlich sein. Wenn wir die Wahl haben zwischen einer knackigen Legende und der tristen Realität, nehmen wir immer die Legende, wie Ford selbst in „Der Mann der Liberty Vallance erschoss“ postulierte. Henry Fonda transportiert die typische John-Ford-Mixtur aus Understatement und Pathos mit der gleichen Expertise wie John Wayne, Victor Mature wächst als Doc Holliday über sich hinaus und spielt die Rolle seines Lebens, und wenn Leute wie Linda Darnell, Walter Brennan und Ward Bond sich um die Nebenrollen kümmern, kann einfach nichts schiefgehen.

2. Zwei rechnen ab (Gunfight at the O.K. Corral)
Dieser Film hat gegenüber allen anderen Earp/Holliday-Streifen zwei Vorteile. Sie heißen Burt Lancaster und Kirk Douglas, zwei großartige Schauspieler, die in ihren gemeinsamen Filmen unfehlbar zu absoluter Höchstform aufliefen. Ansonsten ist dieser Film ein genauso pathetischer Quatsch wie die John-Ford-Variante – mit ähnlich brillant besetzten Nebenrollen, u. a. der junge Dennis Hopper als Billy Clanton und DeForest Kelley (Pille McCoy von der Enterprise) als Morgan Earp – macht aber noch einen Tick mehr Spaß. Was an Dimitri Tiomkins brillanter Musik, John Sturges‘ (der aus mir vollkommen unerfindlichen Gründen diesen Film nicht sonderlich mochte) kerniger Inszenierung und an den wüstenstaubtrockenen Dialogen liegt. Kostprobe gefällig?
Earp: We’d like you to come to the wedding, Doc, – if it doesn’t interfere with your poker.
Doc Holliday: I’m not good at weddings – only funerals. Deal me out.

1. Tombstone
Dieser Film ging seinerzeit im Hype um den Kevin-Kostner-Wyatt-Earp ziemlich unter, was ein Jammer ist. Er hat mit Kurt Russell einen herrlich knarzigen Earp mit James-Finlayson-Schnurrbart, den wirklich besten Doc Holliday aller Zeiten (dass Val Kilmer für diese absolut brillante Leistung keinen Nebenrollen-Oscar bekommen hat ist ein ewiger Schandfleck für die Academy) und in der Tat sogar noch bessere Dialoge als „Zwei rechnen ab“ (Wyatt Earp: Well, I’ll be damned. – Doc Holliday: You may indeed, if you get lucky.). Warum dieser Film letztlich alle anderen Earp-Filme aus dem Felde schießt schlägt: Er nimmt die ganze Sache und sich selber überhaupt nicht ernst. Er erzählt die ganze, hundertfach erfundene Geschichte (die eigentliche Schießerei am O.K. Corral war ein von nackter Panik geprägtes chaotisches Geballer, das gerade mal 30 Sekunden dauerte) als augenzwinkernde Achterbahnfahrt, für die man reichlich Popcorn mitnehmen sollte, und macht deshalb am meisten Spaß.

Fotos: By Sbharris at en.wikipedia [Public domain], from Wikimedia Commons (Earp)
By Evb-wiki at en.wikipedia [Public domain], from Wikimedia Commons (Waffe)

Dicke Wagen

Papa pennt im Kinderwagen

So groß, dass sogar Papa reinpasst

Davon träumen Militärs: von einem einfachen, wendigen, von einer Person zu steuerndes Gefährt, dessen bloße Anwesenheit im Nahkampf eine gegnerische Kompanie durch Einschränkung der Bewegungsfreiheit beinahe komplett lahmlegen kann. Die Rede ist selbstverständlich von einem modernen Kinderwagen, über dessen massives militärisches Potential man sich in Berliner Doppeldeckerbussen ein Bild machen kann. Wenn einer (oder gar zwei!) dieser Panzerspähwagen mit einsitzendem Kleinkind mittig in den Bus gewuchtet werden, sind die restlichen Passagiere zur Immobilität verdammt, dann gibt‘s im Wagen weder vor noch zurück bis Mutter, Kind und fahrbarer Untersatz den Bus wieder verlassen haben. Warum um Himmelswillen erreichen diese Kinderwagen mittlerweile schon beinahe die Größe eines Smart?
Die Antwort ist einfach: Weil die Passagiere dieser Wagen immer größer werden. Nicht etwa, weil die Kinder heutzutage so viel größer sind als früher, sie werden einfach länger in ihren Aufklärungsfahrzeugen durch die Weltgeschichte geschoben.
Ein Beispiel: eins der größten Vergnügen meiner Kleinkinderzeit muss es gewesen sein, auf den Schultern meines Vaters durch die Gegend getragen zu werden. Mein Vater war ein 1,92m großer Hüne, der Ausblick muss fantastisch gewesen sein, und die Geschwindigkeit, mit der er mich mit seinen Sieben-Meilen-Schritten getragen hat, war für mich kleinen Jungen sicherlich atemberaubend.
Wie es wirklich war, kann ich nur vermuten, denn ich erinnere mich nicht. Lediglich ein paar alte Fotos zeigen mich auf seinen Schultern sitzend, wie ich mich fröhlich grinsend an seinen Haaren festklammere. Ich kann mich nicht daran erinnern, weil mit Kinderwagen und Auf-den-Schultern-Reiten Schluss war, als ich Laufen gelernt hatte. Ab diesem Zeitpunkt war ich für mein irdisches Fortkommen allein verantwortlich.
Heute scheint es anders zu sein, denn die Kinder, die ich in den von ächzenden Müttern durch die Gegend gewuchteten Ungetümen erblicke sind oft so groß, dass man „Können die noch nicht alleine laufen?“ fragen möchte.
Und wenn man sich das Fragen doch mal traut, kommt‘s: „Ja, klar, aber der braucht so lange. Wenn‘s schnell gehen muss, setzen wir ihn in den Buggy, das spart unglaublich Zeit.“
Nun ja, hätte man mir seinerzeit eine derartige Möglichkeit offeriert, wäre ich gar nicht aus dem Buggy herausgekommen. Ist doch viel besser, komfortabel durch die Welt kutschiert zu werden, als mühsam dieses unpraktische Gehen zu erlernen. Dann stell ich mich doch extra ungeschickt an, fall ein paar Mal hin, blöke laut los, bis Mama und Papa die Geduld verlieren und mich in den bequemen Kinderwagen setzen, ab geht die Post!
Und wer jetzt meint, das macht doch nix, wenn man die lieben Kleinen ein Weilchen länger herumkutschiert als früher, der soll sich gern einmal mit meinem Freund Andreas unterhalten. Andreas ist Tennistrainer und muss seit ein paar Jahren etwas machen, dass er vorher noch nie gemacht hat: Er muss mit kleinen Kindern, die zu uns in den Tennisclub kommen, um diesen Sport zu erlernen, rückwärts Laufen üben. Bis vor ein paar Jahren hatten die Kinder das beim Laufen lernen und Herumtoben von allein gelernt. Als die Kinderwagen noch kleiner waren.
Otto Rehagel pflegt junge Spieler davor zu warnen, sich zu früh in dicke Wagen zu setzen: „Wenn Sie jetzt schon mit dem Porsche ankommen, was wollen Sie denn fahren, wenn Sie fünfzig sind?“ Wenigstens hier hat Rehagel recht: Es ist nicht gut, in einen dicken Wagen hineingesetzt zu werden. Es ist viel besser, wenn man ihn sich in fortgeschrittenem Alter verdient.

Foto by Yoav Dothan (self taken) [Public domain], via Wikimedia Commons

Der erste Hippie

Cover des ersten Tarzan-Romans

Mein Bruder ist wegen Tarzan von der Schule geflogen. Er hat im Biologie-Unterricht heimlich einen Tarzan-Comic gelesen. Dabei wurde er von Dr. Z., dem Biologie-Lehrer ertappt, der das Heft natürlich sofort konfiszierte. Während Dr. Z. dann – mit sich und der Welt sehr zufrieden – weiter über irgendeinen biologischen Quatsch daher schwadronierte, nahm mein Bruder ein neues Heft aus der Schultasche und vertiefte sich wieder in die unglaublich spannenden Abenteuer Lord Greystokes, den man im Dschungel Tarzan nannte. Der Comic muss sehr spannend gewesen sein, denn er war von seiner Lektüre so gefesselt, dass er nicht merkte, wie Dr. Z. sich ihm ein zweites Mal näherte. Und weg war das nächste Tarzan-Heft. Mein Bruder nahm es mit Gelassenheit: er war grundsätzlich auf alles vorbereitet und hatte immer ausreichend Lesestoff dabei. Also holte er das nächste Tarzan-Heft aus seiner Schultasche, vertiefte sich in die Lektüre, und… als Dr. Z. ihm das dritte Tarzan-Heft wegnahm, durfte Thomas ihn auch gleich zum Direktor der Lehranstalt begleiten…
Soviel Aufregung um ein paar Tarzan-Hefte ist heutzutage einigermaßen erstaunlich. Zwar galten damals, in den fünfziger Jahren, Comics („Heftromane“) per se als „Schund“, der die Jugend verdirbt, aber Tarzan war das schlimmste, was man sich vorstellen konnte. So schlimm, dass die damalige Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften die Tarzan-Hefte „Tarzan – Der Riese aus grauer Vorzeit“ und „Tarzan – Der Urwald brennt“ am 9 Juli 1954 als erste Comics überhaupt auf den Index setzte. Es handele sich um Schriften, die auf Jugendliche „nervenaufpeitschend und verrohend wirken“ und die sie „in eine unwirkliche Lügenwelt versetzten“, so das Urteil, „derartige Darstellungen seien das Ergebnis einer entarteten Phantasie“ (lt. sueddeutsche.de).
Naja, gut, „unwirkliche Lügenwelt“ kommt irgendwie hin, aber „entartete Phantasie“ geht gar nicht. Schließlich war Tarzans Erfinder, Edgar Rice Burroughs, Science-Fiction-Autor, was sag ich, er war einer der Gründerväter der modernen Science Fiction, der heute noch in den USA als Klassiker der utopischen Literatur geht. Und die Tarzan-Reihe war seine erfolgreichste Kreation, ein enorm populärer Welterfolg von zuvor nicht gekannten Dimensionen, denn Tarzan verließ bald die Buchdeckel und eroberte sein Publikum in den verschiedensten Medien.
Bereits 1918, sechs Jahre nach dem Erscheinen der ersten Tarzan-Geschichte, kam der erste Tarzan-Film heraus, an die hundert weitere sollten folgen. Im Radio wurden Hörspiele gesendet, am 7. Januar 1929, heute vor 82 Jahren, erschien der erste Tarzan-Comic, gezeichnet von Hal Foster, der später mit Prinz Eisenherz in den Comic-Olymp einziehen sollte, vor ein paar Jahren schaffte es der König des Dschungels sogar auf die Musical-Bühne… kein anderer Pop-Mythos hat die Menschen über Generationen hinweg immer wieder so fasziniert wie Tarzan.
Mit Tarzan hatte Burroughs den Urvater aller Superhelden geschaffen: einen von Affen aufgezogenen Mensch, der gleichzeitig zivilisiert und wild, freundlich und rücksichtslos, vernunft- und instinktgesteuert ist. Zwei Seelen kämpfen in ihm und zwingen ihn – bei allen übermenschlichen Taten, die er vollbringt – zur ständigen Selbstreflexion. Das ist das Material, aus dem man Figuren schafft, die den Leser damals wie heute fesseln, vom Jugendlichen bis zum Erwachsenen.
Was damals die Jugendschützer jedoch auf den Plan rief, das war Tarzans Lebensweise. Der Mann hatte die gesellschaftlichen Schranken hinter sich gelassen, lebte in einem (Baum-) Haus, das er nicht bezahlt hatte, bevorzugte rhythmische, von Trommeln dominierte Musik, trug die Haare lang, pflegte eine „Zurück-zur-Natur“-Lebensweise und ließ sich von niemandem etwas sagen… Richtig, Edgar Rice Burroughs hat mit Tarzan den ersten Hippie geschaffen, und eine solche Figur musste in den sittenstrengen, verklemmten Fünfziger Jahren Misstrauen erregen.
Und doch hatten die Jugendschützer recht. Tarzan hatte mit seiner frechen Ablehnung jeglicher Autorität einen schädlichen Einfluss auf die heranwachsende Jugend, wie man am Beispiel meines Bruders sieht. Dem wurde im Büro des Schuldirektors eine goldene Brücke gebaut, er brauchte sich nur zu entschuldigen, dann würde man es bei einer Androhung des Verweises von der Anstalt belassen. Mein Bruder nickte, entschuldigte sich halbherzig und fragte dann mit der typischen, rebellischen Arroganz des Dschungelkönigs: „Kann ich jetzt meine Tarzan-Hefte wieder haben?“
Fortan besuchte er das Gymnasium im Nachbarort. Und las Tarzan während der Bahnfahrt dorthin.

Die besten Tarzan-Links:
Die „offizielle“ Tarzan-Seite
Die Welten von Edgar Rice Burroughs
Englische Tarzan-Bücher im Project Gutenberg
Der Tarzan-Schrei in der englischen Wikipedia
Tarzan-Comics in der englischen Wikipedia
Homepage von Burne Hogarth, dem vielleicht bekanntesten Tarzan-Comics-Zeichner
Die Tarzan-Filme (englisch)

Die guten Vorsätze fürs Neue Jahr

Guten Rutsch!

Heute ist Silvester, der Tag, an dem die guten Vorsätze fürs Neue Jahr gefasst werden Für die Männer, die noch unentschlossen sind, was sie sich für das nächste Jahr vornehmen sollen, haben wir die zehn bestmöglichen Vorsätze für ein männliches 2011 zusammengestellt.

2011 könnte man endlich mal

  • mit einem Golf II ein Ampelrennen gegen einen Porsche 911 gewinnen.
  • die zehn coolsten Anmachsprüche von Frank Sinatra an einem Feministinnen-Kränzchen ausprobieren.
  • eine Website mit Nacktfotos von Erika Mustermann aufbauen und damit stinkreich werden.
  • mal wieder mit den Kumpels einen Rummelplatz-Wettbewerb veranstalten: Bier – Bratwurst – Dreifach-Looping. Solange, bis der erste aufgibt. Der zahlt alles.
  • sich im Baumarkt, wenn die Sonderangebote durchgesagt werden, zu Boden werfen und „Die Stimmen sind wieder da! Die Stimmen sind wieder da!“ brüllen.
  • sich im ersten Fotohaus am Platze mindestens eine Stunde lang die neuesten Digitalspiegelreflexkameras vorführen lassen und dann entrüstet „Was soll das heißen, man kann damit nicht telefonieren?“ ausrufen.
  • endlich mal wegen Groben Unfugs (heißt heute „Belästigung der Allgemeinheit“) belangt werden.
  • die Gesundheitsapostel aus dem erweiterten Bekanntenkreis zum Grillfest einladen, Bacon Explosion servieren, im scheinheiligsten Ton „Ach je, ich hatte ja ganz vergessen, dass ihr sowas nicht esst“ rufen und einen Bund ungeputzter Biomöhren auf den Tisch klatschen.
  • mit einem guten Kumpel in einem Sternelokal die Restaurant-Szene aus „Vier Fäuste für ein Halleluja“ (inkl. stilechter Kostüme) nachspielen.
  • ein Haus abreißen, einen Baum fällen, Verhütungsmittel benutzen!

Wir wünschen allen unseren Lesern einen Guten Rutsch in ein männliches, erfolgreiches Neues Jahr!

Foto: Florian Korthaus/pixelio.de

Zum Weihnachtsfest

Es weihnachtet sehr

Zum Weihnachtsfest gibt’s hier keinen besinnlichen Quatsch, keine trantütigen Lebensweisheiten und schon gar keinen Jahresrückblick, der echte Kerl schaut nur nach vorn und erzählt einen Witz.
In diesem Fall den Lieblingswitz von Herbert Grönemeyer, bzw. den von Herbert Grönemeyers Opa, wie Grönemeyer ihn irgendwann in den achtziger Jahren dem Stern erzählt hat:

Weihnachten in Bethlehem, das kleine Jesulein ist gerade geboren, Maria hat es in die Krippe gelegt, die Tiere stehen andächtig drumrum, da klopft es plötzlich an der Tür. Josef geht aufmachen, und vor der Tür stehen zwei Nilpferde, ein großes und ein kleines.
„Ja, bitte?“ sagt Josef.
„Guten Tag“, sagt das kleine Nilpferd, „wir sind die heiligen drei Könige und möchten die Geschenke abholen.“

Okay, entweder man lacht sich scheckig oder man schüttelt den Kopf. Hat auch schon Grönemeyer gesagt.

Wir wünschen allen Lesern von „Männer unter sich“ (und Herbert Grönemeyer) ein Frohes Weihnachtsfest!

Foto: Uriel 1998 under Creative Commons Attribution 2.0 Generic License

Wie tranchiere ich eine Gans?

Wenn man zum ersten Mal eine Gans gebraten hat, durchströmt einen ein Gefühl der Erleichterung, wenn man den Geier endlich unfallfrei aus dem Ofen geholt hat. Appetitlich goldbraun verknuspert liegt er da auf der vorgewärmten Servierplatte, jetzt kann man endlich reinhauen… Ja, Teufel noch eins, wie zerteilt man so ein Ding überhaupt? Ähmmmm…
Keine Panik. Das geht einfacher, als man denkt. Wenn man

  1. ein scharfes Tranchiermesser
  2. eine rutschfeste Unterlage (nasses Küchentuch unterm Schneidbrett wirkt manchmal Wunder)
  3. eine wirklich durchgegarte, zarte Gans
  4. und einen Plan hat,

kann eigentlich nix schiefgehn.
Unser Plan sieht folgendermaßen aus: erst die Keulen, dann die Brust, schließlich die Flügel. So, kann losgehen. Wir halten das Viech mit der Tranchiergabel oder am Keulenende fest und schneiden rund um die Keulen Haut und Fleisch ein.

rund um die Keule einschneiden

Keule umklappen und im Gelenk durchschneiden

Und dann packen wir die Keule an und klappen sie einfach nach hinten um, so dass das Gelenk freigelegt wird. Und im Gelenk können wir sie dann mit dem Messer (oder einer Geflügelschere) ganz einfach durchschneiden. Wenn’s eine große Gans war oder besonders viele Mitesser am Tisch sitzen, können wir die Keule noch in Ober und Unterschenkel teilen, dazu in der Mitte auseinanderklappen und wieder im Gelenk durchschneiden. Wenn die Gans langsam durchgebraten wurde, sollte das ohne große Anstrengung klappen. Wenn’s schwer geht, ist die Gans nicht durch oder das Messer stumpf. Oder wir haben das Gelenk verfehlt. Mit der anderen Keule verfahren wir genauso und wenden uns anschließend der Brust zu.

Der Gans mutig an die Brust gehen

Der Knochen in der Mitte der Brust ist deutlich zu sehen. Dort mit dem Messer längs einschneiden und die eine Brusthälfte im Ganzen von oben nach unter vom Knochen schneiden. Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: wenn die Hitze niedrig und die Gans lange genug im Ofen war, dann fällt sie beinahe vom Knochen. Mit der anderen Brusthälfte genauso verfahren. Je nach Größe der Gans die Hälften in zwei oder drei Stücke schneiden. Jetzt sind die Flügel dran.

Zum Schluss die Flügel

Jetzt haben wir schon Routine, im Prinzip wissen wir, was zu tun ist, nämlich das gleiche wie mit den Keulen: Flügel umklappen und im Gelenk abtrennen.
Und das war’s auch schon fast: Restliches Fleisch und Haut von der Karkasse fieseln, auf die Servierplatte packen und das ganze kurz zum Aufknuspern unter den vorgeheizten Grill schieben. Und servieren.

Noch’n paar Tipps:
Bevor man sich zum ersten Mal an eine Gans wagt, kann man an einem Grillhähnchen oder einer Ente trainieren und sich die nötige Sicherheit holen. Je öfter man übt, desto besser.:)
Ein Schneidbrett aus Holz oder Plastik verwenden, Finger weg von Glas oder Marmor. Das Zeugs ist so hart, dass das schärfste Messer sofort stumpf wird, wenn man auf solcher Unterlage schneidet.
Den Vogel nicht am Tisch tranchieren, auch wenn’s der Vater immer so gemacht hat. Das Tranchieren der Gans braucht seine Zeit – vor allen Dingen, wenn man’s noch nicht so oft gemacht hat – die Fleischstücke kühlen ab, und da die lieben Gäste auch erst zulangen wollen, wenn der Trancheur das Messer beiseite gelegt hat, hat man am Ende eine kalte Gans auf dem Teller. Deshalb in der Küche tranchieren und die Teile nochmal unter den Grill schieben, bevor man aufträgt.
Und, ja, man kann auch erst die Flügel abtrennen, bevor man die Brust abschneidet. Die Reihenfolge ist reine Geschmackssache.

Fotos: Chris Kurbjuhn

Männeressen: Gans einfach

Die Gans ist einer der beliebtesten und gleichzeitig gefürchtetsten Vögel Deutschlands. Beliebt, weil es ja einen Grund haben muss, dass in beinahe jedem deutschen Haushalt mindestens einmal im Jahr ein Gänsebraten auf den Tisch kommt. Die Viecher schmecken wirklich ziemlich gut. Gefürchtet sind sie hingegen, weil man sie vorher zubereiten muss, und da rutscht vielen Hausfrauen alljährlich das Herz in die Kochhose: Riesenviech, sperrig, schwierig…
Hier ist der starke Mann in der Küche gefragt, ein Kerl, der Mut zu einfachen und unkonventionellen Lösungen hat. Es gibt eine Methode, nach der die Gans extrem einfach zuzubereiten ist und absolut köstlich schmeckt. In diesem Jahr ist der Gänsebraten Männersache.

Rezept

Man benötigt: 1 Gans und Salz

Die vorbereitete Gans

Die Gans putzen, also Innereien-Beutel entfernen, Fett aus dem Inneren polken (kleinschneiden und bei kleiner Hitze auslassen: gibt lecker Gänseschmalz), eventuell noch vorhandene Federkiele rauszuppeln (Pinzette), die Flügelspitzen abschneiden, evtl. den Hautlappen an der Halsöffnung mit Zahnstochern feststecken, innen und aussen waschen, abtrocknen.
Der Ofen wird auf ca. 140 Grad vorgeheizt, die Gans von innen und außen großzügig mit Salz eingerieben. Ein Löffelchen Schmalz in den Bräter, damit nix anhängt, und die Gans hineingelegt. Wenn sie anfängt, deutlich hörbar vor sich hinzuschmurgeln, anfangen, sie mit dem austretenden Fett zu begießen, so etwa alle zwanzig Minuten. Nach dem Ende der Bratzeit (ca. 1 Stunde pro Kilo Vogel) zwanzig Minuten im ausgeschalteten Ofen bei geöffneter Ofenklappe ruhen lassen und tranchieren.
Und das war‘s. Mehr ist nicht. Nach Ende der Bratzeit (ca. 1 Stunde pro Kilo Vogel) hat man eine unglaublich knusprige, herrlich saftige Gans. Doch, ja, es ist so einfach.

Die zubereitete Gans

Die zubereitete Gans

Gans häufig gestellte Fragen: Gans-FAQ

Was ist mit Sauce?
Musst du separat machen, ist kein Problem. Innereien aus dem Beutel (ohne Leber, die wird in Butter gebraten und mit einem Schlückchen Rotwein verspeist, das stärkt den Koch) inkl. Flügelspitzen dunkelbraun anbraten, etwas Zwiebel, Karotte, Sellerie, Lauch dazu, mit Rotwein ablöschen, einkochen lassen, mit Geflügelfond auffüllen, ca. 3 Stunden lang köcheln lassen, durchsieben und entfetten (wenn man die Sauce am Tag vorher macht, kann man sie über Nacht in den Kühlschrank stellen und das Fett ganz einfach abheben) mit Salz, Pfeffer, Portwein abschmecken, gegebenenfalls mit etwas Saucenbinder für Saucenbindung sorgen, fertig.

Was für eine Gans soll ich kaufen?
Beim Kauf der Gans hat man grundsätzlich zwei Optionen: tiefgekühlt oder frisch. Die Preise sind extrem unterschiedlich: Für einen Bio-Freiland-Luxus-Geier muss man bis zu 20 Euro pro Kilo löhnen, TK-Gänse sind schon für 5 Euro das Kilo zu haben. Gibt es Unterschiede? Ja, sogar ziemlich große. Grundsätzlich gilt: frische Gänse haben eine andere, etwas festere Konsistenz im Fleisch, was viele Menschen (ich inklusive) als sehr angenehm empfinden. Was den Geschmack angeht… da gibt es solche und solche (sehr hilfreich, ich weiß). Ich hatte schon schlappe Freilandgänse und vor Gans-Aroma strotzende TK-Tiere im Ofen, und umgekehrte Fälle gab es ebenfalls. Bei preiswerten TK-Gänsen muss in Betracht gezogen werden, dass mit dem Leben und Sterben dieser Tiere möglicherweise nicht sonderlich respektvoll umgegangen wurde. Bei der Schnäppchenjagd immer daran denken: Wenn man eine Gans kauft, bezahlt man das ganze Leben des Tieres, alles, was es gefressen hat, die Hege und Pflege durch den Züchter, Schlachtung und Putzen, sowie Groß-, Zwischen- und Einzelhandel. Geiz ist hier wirklich nicht geil.
Fazit: Am besten sucht man sich eine verlässliche, erschwingliche Quelle und bleibt dabei. Ich selbst nehme meist polnische TK-Gänse der gehobener Qualität, ausgezeichnet im Geschmack und der Konsistenz von Freilandgänsen nur wenig nachstehend. Bei der Verwendung von TK-Gänsen: die Gans muss komplett aufgetaut sein, bevor man sie in den Ofen schiebt, sonst wird sie zäh wie Schuhsohle. Bei einemm großen Viech kann das Auftauen bis zu zwei Tage dauern, wenn man das im Kühlschrank macht.

Meine Gans ist noch schlechter rasiert als ich, und das Gezuppel an den Kielen raubt mir den letzten Nerv. Gibt‘s einen Trick?
Ja. Die Kiele erst mal dranlassen, die Gans unrasiert in den Ofen schieben und nach einer halben Stunde mal nachschauen. Wenn sich die Kiel-Stoppeln aufgerichtet haben, die Gans aus dem Ofen holen und mit der Pinzette rangehen. Die Kiele flutschen jetzt viel leichter raus.

Wie – keine Füllung?
Nein, keine Füllung. Füllung ist kontraproduktiv hinsichtlich der Knusprigkeit der Gans, und ist letztlich überflüssig. Wenn ich Hackbraten essen will, ess ich Hackbraten. Wenn ich Apfel-Zwiebel-Kompott essen will, ess ich Apfel-Zwiebel.-Kompott. Wenn ich Gans essen will, ess ich Gans. So einfach ist die Welt.

Hilfe, meine Gans wird nicht richtig braun!
Keine Panik. Wenn das Gänschen zu blond ist, in der letzten halben Stunde die Backofenhitze hochdrehen.

So, die Gans ist fertig. Aber wie schneid ich die auseinander?
Das kriegen wir morgen.

Für die Rezeptidee bedanke ich mich bei Stevan Paul.

Fotos: Chris Kurbjuhn