Schau dir den mal an, Walter

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Video-Link: http://www.youtube.com/watch?v=EqekSuj5HCo

Einen Spieler wie Walter Frosch hat man immer gern in der Mannschaft. Nehmen wir mal an, wir entdecken in den Reihen des Gegners einen technisch überaus starken Sechser mit großem Offensivdrang, den es ständig in die Nähe unseres Strafraums zieht, wo er für Verwirrung und Torgefahr sorgen möchte. Wenn in unserem Team ein Walter Frosch mitspielt, müssen wir nur zu ihm laufen und sagen: „Walter, schau dir doch bitte mal den Sechser an.“ Walter wird nicken, zum Sechser laufen, sich den ganz genau ansehen, dabei dessen Körper kurz aber prägnant auf Stabilität und Schmerzempfindlichkeit untersuchen, und die Sache ist erledigt. Der unangenehme Sechser wird sich in Zukunft auf reine Defensivaufgaben beschränken, die Mittellinie als Grenze seines Lebensraums akzeptieren und mindestens ein halbes Spielfeld Distanz zwischen sich und Walter halten. Oder er lässt sich gleich auswechseln, wie einmal Erwin Kremers nach 18 (!) Minuten. Da hatte Walter Frosch ihn schon dreimal über die Bande gehauen, „damit da Feierabend war“, wie Frosch sich ausdrückte.
Da nimmt es nicht Wunder, dass Walter Frosch sogar eine eigene Fußballregel hat, die – natürlich – eine Strafe beinhaltet. Die Spielsperre nach der vierten (ursprünglich der fünften) gelben Karte verdanken wir nämlich ihm. Nachdem er in der Zwoten Liga 76/77 27 Gelbe in 37 Einsätzen gefangen hatte, führte die DFB-Gerichtsbarkeit „seine“ Sperre ein, und fortan durfte Frosch sich alle paar Spiele mal ein wenig ausruhen.
Das tat er bevorzugt in der ein oder anderen Lokalität, denn „Mein schwerster Gegner war immer die Kneipe“, wie Frosch einmal ungewohnt selbstkritisch anmerkte. Wenn er beim Griechen war, durfte es dann schon mal der ein oder andere Ouzo mehr sein, und dann wurde in den frühen Morgenstunden ein 400-Meter-Rennen um 10 Liter Bier gegen ein Paar Kumpels organisiert, Frosch gab den Kumpels 100 Meter Vorsprung, gewann trotzdem und kümmerte sich um den Gewinn. Gegen 13 Uhr tauchte er dann leicht derangiert im Stadion auf und wurde von Trainer Ribbeck auf seine stark geröteten Augen angesprochen. „Bindehautentzündung“, raunzte Frosch, schnürte die Schuhe und machte den nächsten Stürmer platt.
Gegenüber Autoritäten hat Walter Frosch nie die Klappe gehalten. Kurzzeitig war er mal bei Bayern München unter Vertrag, da soll er den Jupp Kapellmann mal mit einer Ohrfeige eingenordet und sich mit Udo Lattek folgenden denkwürdigen Dialog geliefert haben:
Lattek: „Warum flankst du nicht mit links?“
Frosch: „Weil die anderen das auch nicht machen.“
Lattek: „Wenn du keine Lust hast, dann geh duschen.“
Frosch: „Mach ich.“
Frosch landete nach einem durchaus dubiosen Vertragszwist und 4 Monaten Sperre wieder in Kaiserslautern, wo er Jupp Derwall auffiel, der ihn in die B-Nationalmannschaft berief. Mit einem souveränen „Ein Walter Frosch spielt entweder in der A-Mannschaft oder in der Weltauswahl!“ beendete Frosch seine Länderspielkarriere, bevor sie begonnen hatte.
Nach zwei Jahren Lautern verabschiedete sich Frosch Richtung St. Pauli. Böse Zungen behaupten, dass sein Vereinswechsel ursächlich mit einer Lauterer Animierbar zu tun gehabt habe. Frosch soll mit der Chefin der Bar ein schwunghaftes Verhältnis gehabt haben, und so kam es, wie es kommen musste: Immer wenn Frosch seine Freundin auf der Arbeit besuchte, soll er dort honorige Herrschaften aus dem Vorstand angetroffen haben, denen das schließlich so peinlich war, dass sie Frosch nahelegten, den Verein zu wechseln. Aber das sind selbstverständlich nur böswillige Gerüchte, genauso wie z. B. die Geschichte mit Töpperwien und dem Hundehalsband, daran ist bestimmt kein Wort wahr.
Egal, wie der Transfer zustande kam, in St. Pauli fand Frosch seine Heimat, sowohl im Stadion wie ums Stadion herum, hier wurde er endgültig zum Kult- und Kiezkicker, hier wechselte er nach der Fußballkarriere von vor dem Tresen nach hinter dem Tresen und wurde Kneipier.
Doch seit einigen Jahren kämpft Frosch gegen einen noch härteren Gegner als die Kneipe: die sechzig Zigaretten, die er schon in seiner aktiven Zeit täglich rauchte, forderten ihren Tribut, er musste sich mehreren schweren Krebsoperationen unterziehen. 2008 schien das Spiel für ihn gelaufen zu sein: Sepsis, Organversagen, über hundert Tage Koma. Doch Frosch kam zurück, musste mühsam wieder gehen und sprechen lernen, aber er ist zurückgekommen.
Walter Frosch hat sich den Tod ganz genau angesehen. Der bleibt seitdem in der eigenen Hälfte. Walter Frosch wird am Sonntag 60.

Wo Mann gewesen sein muss: Bobbahn Altenberg

Die Bahn in Altenberg

Der Bobsport ist nicht jedermanns Sache. Solange man nicht dabei gewesen ist. Jahrzehntelang kannte ich Bobfahren nur aus dem Fernsehen, und da erschloss sich mir die Faszination dieser Sportart überhaupt nicht. Die immergleichen Kameraperspektiven, die vorbeisausende, bunte Metallgurken einfangen, die mitlaufende Uhr, und am Schluss gewann irgendwer mit drei hundertstel Vorsprung nach vier Läufen, ja, ganz nett, kann man mal bei Olympia ein Auge drauf werfen, ansonsten wird umgeschaltet.
Wenn man selber an einer Bobbahn steht, ist das ganz anders. Zunächst einmal akustisch, denn die Dinger machen einen ganz schönen Krach, wenn sie vorbeifahren, das ist nicht dieses sonor-gemütliche Rumpeln, das einem aus dem Fernsehlautsprecher entgegenkommt, das ist das Donnern einer mühsam unter Kontrolle gehaltenen Urgewalt, die da an einem vorbeirauscht. Und wenn man neben einer Kurve steht, kann man tatsächlich die unterschiedlichen Linien, die die Fahrer wählen, viel besser erkennen als am TV-Gerät. Das Ereignis an sich und die TV-Übertragung sind – wie praktisch immer – zwei paar Schuh, und beim Bobsport siegt das Ereignis an sich turmhoch über die TV-Übertragung, obwohl man an der Bob-Bahn selbst stehend immer nur einen kleinen Ausschnitt des Geschehens mitbekommt.
Die Bobbahn in Altenberg ist eine einzigartige Strecke. Vor 25 Jahren wurde sie – unter Schirmherrschaft des Ministeriums für Staatssicherheit (!) – als technisch äußerst anspruchsvolle konzipiert und in drei Jahren gebaut. Und dann musste ein Teil der Bahn abgerissen und wieder neu aufgebaut werden, weil – dank exzessiver Geheimniskrämerei, wundert das jemanden angesichts der Stasi-Schirmherrschaft? – die Bahn nicht ganz fahrbar war. 1987 wurde die Bahn schließlich eröffnet und war seitdem Schauplatz zahlreicher Bob-, Rodel- und Skeleton-Rennen. Seitdem heißt es, dass derjenige, der in Altenberg gute Zeiten fährt, zur Weltspitze im Bob- und Rodelsport gehört. Und das kann man persönlich nachvollziehen..
Denn die Bahn hält eine ganz besondere Attraktion für den Wintersport-Amateur bereit: die Gäste-Bobfahrt, bei der man sich von einem erfahrenen Bob-Piloten nebst Bremser in eine Vierer-Bob die Strecke hinunter fahren lassen kann.
Diese Attraktion war Grund für meinen ersten Altenberg-Besuch vor ein paar Jahren: so eine Bob-Fahrt wollte ich wirklich mal ausprobieren, und so stand ich dann vormittags gegen 11 mit bereits leicht erhöhtem Adrenalin am Gästebob-Start. Man fährt nicht von ganz oben los, wie die Profis, das erste Drittel der Strecke bleibt für die Gäste tabu, sodass man im Ziel auch nur eine Geschwindigkeit von ca. 100 km/h erreicht, wohingegen die Profis mit 140 und mehr Sachen durch die Zeitmessung kacheln.
Hab ich natürlich erstmal die Nase gerümpft, nur lahme hundert Stutz, das war ja eigentlich unter der Würde eines Speedfreaks, aber was soll’s, Hauptsache, einmal im Bob gesessen.
Wobei das „im Bob Sitzen“ die erste Herausforderung ist. So ein Schlitten ist wirklich sehr eng und äußerst spartanisch ausgestattet, so dass es durchaus ein Weilchen dauert, bis sich zwei Amateure ins Sandwich zwischen zwei Profis hineingezwängt haben.
Als ich halbwegs korrekt saß, war ich bereits geschwitzt und sah den Start eines Vierer-Bobs mit ganz anderen Augen. Was im TV so einfach aussieht (Bisschen anschieben und fluppfluppfluppflupp rin in den Schlitten), setzt doch ein gerüttelt Maß an Fitness, Gelenkigkeit und Teamwork voraus.
Nuja, das sind die Profis, dachte ich, und fragte mich, wann es denn endlich losginge. Dann wurde zum letzten Mal überprüft, ob mein Helm auch richtig fest saß (Angsthasen! Für lumpige hundert Kaemmha so einen riesigen Integralhelm, sieht man ja gar nix von der Landschaft…) und es gab die letzten Anweisungen: Immer an den zwei Griffen am Boden des Schlittens festhalten und Spannung in den Körper, klar? Ja, ja, schon gut, wir tragen im Bob also gleichzeitig Hosenträger und Gürtel, wir wollen uns wichtig machen, ich hab verstanden.
Dann wurden wir in die Bahn geschoben, und der Bob rumpelte los. Wusste ich’s doch. Gemütliche Kaffeefahrt, rutsch, rumpel, rutsch, lahme Sache, Geld zum Fenster rausge…

Der Kreisel in der Mitte

Dann kam die erste Kurve, und mit dieser Kurve eine absolut infernalische Beschleunigung. Auahauahauaha, und welcher Idiot brüllt denn hier so laut, dass ich’s sogar durch den dicken Helm höre? Himmel, der Schreihals bin ja ich! Die nächsten Kurven überzeugten mich, dass ich eine vollkommen unterentwickelte Nackenmuskulatur hatte, denn den Fliehkräften, die an mir zerrten, war ich hilflos ausgeliefert. Der Integralhelm mit meinem Kopf drin knallte mal links an den Schlittenrand, mal rechts, und dann waren wir auch schon im Kreisel, der Riesen-360-Gradkurve auf etwa halber Strecke… Scheisse. Scheisse! SCHEISSE!
Aus dem Kreisel heraus hatten wir noch lange nicht auf hundert beschleunigt, aber ich hatte trotzdem komplett die Orientierung verloren, sah wenige Zentimeter neben mir massive Eiswände vorbeizischen, da bekommt man ein ganz anderes Gefühl für die Geschwindigkeit, da würde man sich die Frage stellen, ob es denn wirklich hundert Stundenkilometer sein müssen, man kommt aber nicht dazu, weil man gerade erstickt, achso, Atmen wäre mal wieder angesagt, und dabei haut es einen nach links, nach rechts, nach links, um Himmelswillen, angeblich ist man ja nur eine knappe Minute unterwegs, die dauert verdammt lang, diese Minute, Mammamiameineherren, so, da ist die endlos lange Schlusskurve, gleich ist’s vorbei, endlich entspannen. Zu früh! Am Schluss der Kurve haut die Schwerkraft nochmal brutal in den Bob rein, ich hatte die Wirbelsäule schon entspannt und bekam einen riesigen Schlag ins Genick, dass ich kaum noch Luft bekam, und dann hielt der Bob endlich an. Holla, die Waldfee, es ist vorbei.
Irgendwie kam ich aus dem Schlitten raus, mein Rücken tat weh, als wäre eine Elefantenherde drübergetrampelt, ich hatte Probleme beim Atmen und schwindlig war mir auch, die Welt drehte sich im Kreis, aber das war doch scheißegal, was für ein Höllenritt! Genialer Wahnsinn!
Und hundert Stundenkilometer ist wirklich scheißschnell.

2012 ist in Altenberg Bob-WM. Sehen wir uns da?

Fotos by UrLunkwill (Eigenes Werk) [GFDL, CC-BY-SA-3.0 or CC-BY-2.5], via Wikimedia Commons

Dies ist der erste Teil einer Serie über Orte in Deutschland, die ein Mann mindestens einmal im Leben besucht haben sollte. Wenn wir genügend Orte vorgestellt haben, planen wir eine Abstimmung über die Top-Ten der deutschen Männer-Locations. Für Vorschläge, welche Orte wir vorstellen sollen, sind wir jederzeit dankbar, ob in den Kommentaren oder per Mail.

Die Ursache der Euro-Krise

Euro

Warum der Euro untergeht

Seit ich an diesem Blog mitarbeite, stelle ich mir abends oft die Frage: Hast du heute etwas männliches gemacht? Bei den männlichen Klassikern wie Haus bauen (wohne zur Miete), Baum pflanzen (Ja, wo denn, wir haben noch nicht mal einen Balkon), Sohn zeugen (bin über fünfzig und möchte nicht vor den Augen eines Heranwachsenden vergreisen) muss ich meistens passen, aber hin und wieder gelingt mir eine echt männliche Tat, wie zum Beispiel gestern. Da hab ich den Grund für die Euro-Krise entdeckt.
Eigentlich wollte ich nur ein wenig Geld auf mein Konto bei der Commerzbank einzahlen. Das wenige Geld hatte ich natürlich sorgfältig sortiert und gebügelt, weil es mir der Einzahlungsautomat sonst wieder um die Ohren haut („Ich will dein dreckiges Geld nicht!“), aber dazu sollte es gar nicht erst kommen, denn der Einzahlungsautomat entschuldigte sich bereits im Vorfeld der Transaktion via Display dafür, dass er heute unpässlich wäre und kein Geld entgegennehmen könne. Kein Problem, die Filiale war noch offen, also flugs zur Kasse… nanu? Wo ist die Kasse? Wo sonst die Kasse war, stand nur eine einsame Dame hinter einem spukhässlichen (Banker-Feng-Shui?) Stehtischchen. Als ich demütig darum bat, etwas Geld auf mein Konto einzahlen zu dürfen, beschied sie mich abschlägig: „Diese Filiale hat zur Zeit keine Einzahlungs-Funktionalität.“
Ich brauchte ein paar Augenblicke, bis ich den Satz verstanden hatte, dann drückte ich ihr meine Bewunderung aus („Auf so einen Satz muss man erst einmal kommen!“) und fragte, wie ich denn nun das Geld auf mein Konto beamen könnte. Sie nannte mir ein paar Filialen in der näheren Umgebung und meinte: „Sie können es da ja einmal versuchen.“
Das klang nicht optimistisch, und die Dame hatte recht. Erst in der dritten Filiale wurde ich mein Geld los, weil das eine ehemalige Dresdner Bank war, die noch nicht an das moderne Banking-System der Commerzbank angeschlossen war („Nächste Ostern sollen wir auch online sein, hat man uns gesagt..“), und daher hatte der dortige Kassierer noch eine analoge Einzahlungsfunktionalität: er quittierte mir mit altmodischem Kugelschreiber meine Einzahlung und rief eine Frau Scarlett Zimmermann bei der Commerzbank an, um ihr zu sagen, dass er mein Geld entgegengenommen hatte.
Nachdem ich ein wenig darüber nachgedacht hatte, wunderte mich das nicht mehr: wer sich Neukunden mit dem Wegfall der Kontoführungsgebühren und Geldgeschenken auf dem Giro angelt, der muss das Geld eben anderswo sparen, klar dass man keine Leute mehr bezahlen kann, die Geld händisch entgegennehmen…
Und plötzlich begriff ich, woran es zur Zeit in Euroland hapert. Warum die Griechen, die Iren oder die Spanier ihre Schulden nicht zurückzahlen. Diese hervorragenden Nationen wollen und können natürlich ihre Schulden bezahlen, aber ihnen geht es wie mir: sie werden bestimmt ihr Geld nicht los, weil die Banker am falschen Ende gespart haben. An der Einzahlungs-Funktionalität.
Damit betrachte ich die Euro-Krise als gelöst. Soweit zu meiner männlichen Tat von gestern, mal sehen, was der heutige Tag so bringt.

Foto: Gerd Altmann / pixelio.de

8, 9, aus… die zehn besten Box-Filme aller Zeiten

BoxhandschuheSeien wir ehrlich: 95 Prozent der Boxkämpfe, mit denen wir derzeit am Samstag abend gequält werden, kann man knicken. Wer will denn zum xten Mal sehen, wie ein Klitschko auf irgendwelches Fallobst eindrischt? Oder wie irgendein namenloser Boxer aus dem Sauerland-Stall mal wieder seinen Hang zum Pazifismus entdeckt, wenn er ein Ringseil sieht? Muss wirklich nicht sein.
Wenn Michael Buffer nervt, bleibt der Griff zur  DVD. Einen gut gemachten Box-Film kann man  immer anschauen. Hier sind meine Top Ten.

ausgezählt und nicht mehr in der Wertung:
Ali

Der Film über den größten Boxer aller Zeiten nicht mehr in den Top Ten? Leider ja. Trotz einer recht inspirierten Vorstellung von Will Smith: dieser Film gibt uns allenfalls eine Ahnung von dem einmaligen, federleichten Fighter, der Ali einmal war. Der Film geht über die volle Distanz (zwoeinhalb geschlagene Stunden) und ist entschieden hüftsteif, ganz im Gegensatz zu dem Mann, der wie ein Schmetterling tanzte und wie eine Biene stach.

10. The Hurricane

Den wollte ich eigentlich nicht in den Top Ten haben, weil ich Denzel Washington für einen gnadenlosen Langeweiler halte, und dieser Streifen ist sowas von gut gemeint und politisch korrekt, es ist zum Kotzen! Dummerweise ergreift er einen aber auch, wenn man länger als eine Viertelstunde zuguckt, und Washington ist diesmal mehr tatsächlich mehr gut als langweilig. Ein Box-Film der eigentlich nicht gut sein sollte, es aber trotzdem ist. Als Kontrastprogramm zu einem überflüssigen Klitschko-Fight kann man sich den jederzeit reinziehen

9. Golden Boy

Ein total idiotischer Plot (Junge, der tolle Geige spielen kann, kann auch toll boxen und muss sich entscheiden), ein kruder Genre-Mix (Coming-of-Age, Gangster, Boxen) und eine einigermaßen ungelenke Inszenierung… was will dieser Film in den Top-Ten? Nu ja, William Holden und Barbara Stanwyck reißen’s raus und haben das eigene Sub-Genre der Golden-Boy-Remakes (Junge, der irgendwas anderes besser kann, muss sein Geld mit Boxen verdienen) kreiert. Eins der Beispiele, wo der kopfschüttelnde Dramaturg widerlegt wird: ein Film, der gegen alle Regeln verstößt, und gerade deswegen Jahrzehnte überdauert.

8. Die Hölle ist in mir – Somebody up there likes me

„No one ever hit me harder than Rocky Graziano“, sagte Sugar Ray Robinson über den Mann, dessen Leben die Vorlage für diesen Film gab, und wir geben das Kompliment an den Mann weiter, der Graziano spielt, Quatsch, der uns Graziano mit süffisantem Grinsen in die Fresse haut: Paul Newman! Nobody hits us harder…
Und natürlich gewinnt dieser Film den Preis für den idiotischsten deutschen Titel. Der Typ, der von „Somebody up there likes me“ auf „Die Hölle ist in mir“ gekommen ist, muss 12 Runden gegen Tyson gegangen sein.

7. The Fighter

Stark beeindruckendes Bio-Pic über Boxlegende „Irish“ Micky Ward und seinen Weg vom „Sprungbrett“ (einem Boxer, den man auf dem Weg zur Titelverteidigung schlagen muss) zum Champion. Kaum zu glauben, dass der Film auf Tatsachen beruht. Kaum zu glauben, wie der Film die Wende vom düsteren Sozial-Drama zum Feelgood-Movie schafft. Kaum zu glauben, wie gut Christian Bale als cracksüchtiger Box-Trainer ist.

6. Million Dollar Baby

Okay, Frauenboxen. Selbstverständlich grenzwertig. Aber Hilary Swank hat einen gemeinen Punch drauf, she’s a contender. Und es ist ein Eastwood-Film. Es ist eine Schande, dass Eastwood nie selber einen Boxer gespielt hat (warum eigentlich nicht?), jetzt ist er zu alt, also ist „Million Dollar Baby“ das beste, was wir von diesem herausragenden Mann bekommen werden: den besten Box-Trainer-Film aller Zeiten. Der Schluss ist herzzerreißend.

5. Rocky

Stallone häuft Klischee auf Klischee und Zitat auf Zitat, aber irgendwie ist es ihm gelungen, mit dem Underdog-Haudrauf Rocky Balboa einen Charakter zu schaffen, der größer ist als er selbst. Echte Box-Fans schließen angesichts der Ring-Szenen, die eher an Wirtshausprügeleien als an tatsächlichen Boxsport erinnern, entnervt die Augen, aber wer Rocky Balboa nicht mag, hat kein Kämpferherz in der Brust. Das 1:1-30-Jahre-später-Remake „Rocky Balboa“ von 2006 ist die Mutter aller „Alter-Sack-kann-es-noch“-Filme.

4. When we were Kings – Einst waren wir Könige

Passt als Doku eigentlich gar nicht in diese Aufzählung, aber da es um einen der faszinierendsten Fights aller Zeiten geht, und niemand Foreman und Ali so gut spielen kann wie Foreman und Ali selber (sorry, Will Smith) geht Rang 4 wohl in Ordnung. Hat so ein gewisses „Wunder von Bern“-Feeling: Obwohl man genau weiß, wie’s ausgeht, fiebert man mit und drückt Ali die Daumen. Rope-a-Dope!

3. Gentleman Jim – Gentleman Jim, der freche Kavalier

Es ist unmöglich, ohne ein breites Grinsen auf dem Gesicht aus einem Errol-Flynn-Film  herauszukommen, und aus diesem schon gar nicht. Die augenzwinkernd-sportive Eleganz, mit der Flynn James J. Corbett (oder besser gesagt, einen Typen, der entfernt etwas mit dem tatsächlichen Jim Corbett zu tun hat) spielt, ist unnachahmlich. Und Ward Bond als John L. Sullivan (der mit seinem historischen Vorbild genauso wenig zu tun hat) gibt einen wunderbaren Antagonisten der Snidley-Whiplash-Klasse ab. Ein Riesenspaß.

2. Raging Bull – Wie ein wilder Stier

Knapp nach Punkten geschlagen: der zweitbeste Box-Film aller Zeiten mit dem besten Boxer-Darsteller aller Zeiten. Wie de Niro Jake la Motta spielt, ist schlichtweg atemberaubend, vor allen Dingen in den Szenen im Ring. Man sieht keinen Schauspieler, der einen Boxer spielt, man sieht einen vom Kampf besessenen Fighter, der alles gibt. Elektrisierend.

1. Champion – Zwischen Frauen und Seilen

Ein steinalter Kirk-Douglas-Film, den keine Sau kennt, soll der beste Box-Film aller Zeiten sein? Doch, unbedingt. Die Art und Weise wie Douglas hier den begnadeten Stinkstiefel Midge Kelly gibt, ist schlichtweg weltmeisterlich, wie der ganze Film: schmissige Musik, kernige Dialoge, kontrastreiche Schwarz-Weiß-Bilder… der Film hat alles, was ein Fighter braucht: Technik, Stil, Punch, Power und Speed – so sieht der Weltmeister aller Klassen aus.

Foto: A. Dengs / pixelio.de

Die Stille nach John

Lennon Statue

Lennon-Statue vor dem Cavern Club in Liverpool

Am 8. Dezember 1980 saß ich nachmittags in meiner ersten Berliner Wohnung in der Skalitzer Straße 32 am Schreibtisch. Schöne Wohnung. Hellblau gestrichene Wände, Ikea-Regale, Rattanbett. Bastmatten auf den Dielen. Und alle paar Minuten donnerte die Linie 1 durch meine beiden Zimmer, denn die Wohnung lag Vorderhaus erster Stock.
Das Telefon klingelte, mein Bruder Thomas war dran. “Ich hab’s gerade im Radio gehört, jemand hat John Lennon erschossen.”
Das konnte nicht sein. Thomas musste sich verhört haben. Irgendjemand anders ist erschossen worden, aber doch niemand von den Beatles. Nicht John. Auf keinen Fall John. Ruhig bleiben. Ganz ruhig nachdenken. Welcher Musiker hat einen Namen, der so klingt wie John Lennon? War da nicht dieser Typ von Fleetwood Mac, der so ähnlich hieß?
Es gab damals weder Internet noch Nachrichtensender. Ich musste bis zur vollen Stunde warten, bis mir die SFB-Nachrichten die letzte Hoffnung raubten. Ich würde tatsächlich für den Rest meines Lebens ohne John Lennon auskommen müssen.
Ich hatte meine Hand schon am Plattenregal, wollte irgendeine Beatles-Platte auflegen, oder “Imagine” oder meinetwegen sogar die unsägliche “Live Peace in Toronto”, aber ich ließ es dann sein. Es würde in Zukunft sehr still sein ohne John Lennon und seine Songs. Besser, ich fing an, mich daran zu gewöhnen.
Ich hatte lange mit Lennon und seinen Songs gelebt. Für meine erste Beatlesplatte hatte ich mehr als ein halbes Jahr lang gespart. 22 DM waren damals sehr viel Geld für einen Achtjährigen, der schließlich Anfang 1965 „A Hard Days Night“ nach Hause trug, den „Zehn-Platten-Wechsler“ in der Musiktruhe anwarf und durch den ersten, rotzfrechen, gigantischen Gitarrenakkord (Georges zwölfsaitige Rickenbacker) in ein neues Universum geschleudert wurde.
Ein Universum, dass von John Lennon geschaffen worden war, wie ich später erfuhr, denn zehn von den dreizehn Songs auf „A Hard Days Night“ hatte er geschrieben. Nach wenigen Tagen kannte ich die Platte auswenig, nach wenigen Monaten kannte ich alle Beatles-Songs auswendig und fieberte dem Erscheinen jeder neuen Platte entgegen.

Eingang Dakota Building

Wo die Musik aufhörte

Und immer waren es die Lennon-Stücke, die für mich die Meilensteine waren. Help. Nowhere Man. In my Life. She Said She Said. Lucy in the Sky with Diamonds. Und – natürlich – A Day in the Life, der größte Song aller Zeiten.
Man erkannte Lennon-Songs immer daran, dass es die waren, in denen die Beatles ihre Grenzen erweiterten. Die anderen drei, das waren gute Freunde, die man sofort wieder erkannte, Ringo, der Clown, George, der Introvertierte, Paul, der Hit-Süchtige… Wenn man sich bei einem neuen Beatles-Titel fragte: „Wer hat den jetzt geschrieben“, war es hundertprozentig ein Lennon-Song, etwas wie Strawberry Fields. Dear Prudence. Julia. Come Together. Across The Universe. Und später, nach den Beatles, Imagine. Am 8.  Dezember 1980 hörten die Songs auf.
Viele Jahre später, am 4. Februar 2008 beamte die NASA „Across the Universe“ ins Weltall. Der Song ist mit einer Geschwindigkeit von 186.000 Meilen pro Sekunde zu einem Stern namens Polaris unterwegs, 431 Lichtjahre von der Erde entfernt. Lennons Musik jagt durch die Lautlosigkeit des Weltalls, eine ähnlich schreckliche Lautlosigkeit wie die, die wir auch seit 30 Jahren ertragen müssen. Seit die Schüsse vor dem Dakota Building fielen.

Foto Statue by George Groutas from Idalion, Cyprus (John Lennon Statue, Liverpool) [CC-BY-2.0], via Wikimedia Commons
Foto Dakota Building by David Shankbone (David Shankbone) [GFDL, CC-BY-SA-3.0 or CC-BY-SA-2.5 / CC-BY-SA-2.0 / CC-BY-SA-1.0], via Wikimedia Commons

Schönes Wochenende!

Bier

Wochenende!

Freitagnachmittag – die ersten drei Tage „Männer unter sich“ liegen hinter und das Wochenende vor uns. Hier wird es am kommenden Montag mit neuen Artikeln weiter gehen, ich freue mich schon auf mein erstes Wochenend-Bier mit den Kumpels in der Kneipe.
Hier könnt ihr natürlich weiter kommentieren, wenn ihr möchtet. Ich würde mich sehr freuen, wenn der eine oder andere Leser uns sagen würde, was ihm an unserem neuen Blog gefallen hat und was nicht. Was können wir anders machen, was besser, was soll so bleiben, wie es ist? Und – ganz wichtig für mich und die anderen Autoren – welche Themen sollen wir für euch beackern? Worüber möchtet ihr etwas lesen, was soll hier erscheinen?
Und wenn ihr einfach nur ein bißchen quatschen wollt oder über etwas diskutieren, das euch gerade auf den Nägeln brennt, nur zu! Auch dafür ist die Kommentarfunktion da. Ich werde auch gelegentlich reinschauen. Nach dem ersten oder zweiten Wochenend-Bier.

Foto: Günter Havlena / pixelio.de

In der Wüste

FIFA-Dämmerung in Katar

„In der Wüste gibt es keine Fußball-Tradition, keine Fans, wahrscheinlich nicht mal einen Ball. Es gibt nur Sand und Geld, beides reichlich, und man darf wohl davon ausgehen, dass der Sand die Fifa-Exekutive nicht besonders interessiert hat.“
Sven Goldmann im Tagesspiegel

Damit ist eigentlich alles gesagt, was zur Vergabe der Fußballweltmeisterschaft nach Katar zu sagen ist. Dass Blatter und seine Leute sich einen Dreck um Traditionen scheren, dass sie den größtmöglichen Profit über das stellen, was sentimentale Fans wie unsereins die Seele des Spiels nennen, ist nichts neues. Geschenkt. Aber eine Scheiß-Wut hab ich trotzdem.
Andererseits nötigt einem die Chuzpe, mit der „Slippery Sepp“ eins der bedeutendsten Sportereignis dieser Welt an einen Zwergstaat ohne Fußballstadien vergibt, der etwas kleiner als Schleswig-Holstein ist, in dem ein Alkoholverbot herrscht und der Homosexualität unter Strafe stellt – um nur einige der Highlights des zukünftigen Fußball-Mekka (sic!) zu nennen – nötigt mir beinahe schon wieder Bewunderung ab.
Und eine gewisse Erleichterung verspüre ich darüber, dass 2018 und 2022 vermutlich, hoffentlich die letzten beiden Weltmeisterschaften waren, die nach dem System Blatter vergeben wurden. „Es kann nur besser werden“, hätte ich beinahe geschrieben, aber meistens wird es schlechter, wenn man diesen Satz sagt, schreibt oder denkt. Wenn schon nicht besser, dann muss es wenigstens anders werden.
Das Spiel gehört nicht irgendwelchen alten Säcken aus Exekutiv-Komitees, die von einer VIP-Loge in die andere taumeln. Das Spiel gehört auch nicht den Spielern, nicht dem millionenschweren Profi, nicht dem Amateur, der sich sonntags früh auf irgendeinem Aschenplatz die Lunge aus dem Leib rennt. Das Spiel gehört auch nicht den Zuschauern, nicht den Dauerkarteninhaber in den Bundesligastadien, nicht den Rentnern neben den Trainingsplätzen, erst recht nicht den krakeelenden Besserwissern vor den Fernsehern. Das Spiel gehört niemandem allein, das Spiel ist sogar noch mehr als die Summe derer, die es lieben. Deshalb wird das Spiel auch diese Weltmeisterschaft überleben, vielleicht nicht unbeschadet, aber das Spiel wird es auch nach Katar noch geben.
Spätestens dann wird es aber Zeit, dass der Fußball sich von der FIFA erholt.

Foto: Katharina Wieland Müller/pixelio.de

King Camp Gillette – vom Klinkenputzer zum Klingentycoon

King Camp Gillette - Der Mann auf der Klingenpackung

Der 3. Dezember 1901 war ein großer Tag. Für alle Männer dieser Welt und für einen einzelnen. Für alle Männer, die sich nach einer unkomplizierten Möglichkeit sehnten, ihre Barthaare loszuwerden, und für King Camp Gillette, den Mann, der an diesem Tag den ersten Rasierapparat mit einer modernen Rasierklinge zum Patent anmeldete. Gillette machte an diesem Tag den ersten Schritt auf dem Weg zu einem schwerreichen Mann, und die Männer dieser Welt profitieren seitdem von seinem Erfindungsgeist bzw. sie bezahlen teuer dafür, wenn sie die Klingen der Firma kaufen, die heute noch seinen Namen trägt.
Gillettes Eltern schienen geahnt zu haben, dass ihrem Sohn Großes bestimmt war, sonst hätten sie ihm wohl kaum den Vornamen „King“ gegeben. King wuchs in Chicago auf und war sich schon in jungen Jahren sicher, einmal als berühmter Erfinder in die Geschichte einzugehen. Doch seine Familie verarmte 1871 durch die Brandkatastrophe von Chicago, so dass er sich zwanzig Jahre lang als Handelsvertreter durchschlagen musste.
Während dieser Zeit versuchte er sich mit brutalstmöglicher Erfolglosigkeit an zahlreichen Erfindungen, dem Vernehmen nach soll der gute Mann sogar das Alphabet nach Dingen durchdekliniert haben, die er erfinden könnte („A wie Auspuffkrümmer, B wie Bunsenbrenner, nee, gibt’s ja schon, C wie Chlorfilter…“).

Patentzeichnung

Zeichnung aus einem der Patente Gillettes

Und 1895 fiel ihm dann, als er sich mit einem stumpfen Rasiermesser quälte, der Rasierapparat mit auswechselbarer Klinge ein. Ganz einfach so, zack! war das Ding in King’s Kopp, so funktioniert erfinderisches Genie! Sechs Jahre später hatte Gillette einen Techniker gefunden, der seine Idee in die Tat umsetzte, das Patent wurde angemeldet und der Rest ist – fünf Euro ins Phrasenschwein – Geschichte.
So hat es King Camp Gillette erzählt, so ähnlich steht es in der Wikipedia, und so war es mit Sicherheit nicht. Wenn man sich die zu seinem Patentantrag gehörenden Zeichnungen anschaut, so ist dieser Rasierapparat verblüffend perfekt. Die Unterschiede zum endgültigen Produkt, dass einen Massenmarkt erschloss, sind – wenn überhaupt vorhanden – bestenfalls marginal. Da liegt der Verdacht nahe, dass Gillette und sein Techniker auf bestehende Designs zurückgegriffen und diese verbessert haben, was den Tatsachen entsprechen dürfte. Rasierapparate mit Wechselklingen gab es seit Mitte des 19. Jahrhunderts, hier gab es für Gillette nichts mehr zu erfinden, seine bahnbrechende Innovation lag im Bereich der Klinge. Die bisherigen Rasierapparatklingen waren geschmiedete Teile, die – wie die Rasiermesser – geschärft wurden. Gillette machte aus der Rasierklinge einen Wegwerfartikel, rein, rasieren, raus, wham, bang, thank you, King!
Zunächst vermarktete er seine Rasierapparate als Luxusprodukte, die ersten Serien gingen für 5 $ pro Stück über den Tresen, was damals ein ganz hübsches Sümmchen war. 5 $ entsprachen dem halben Wochenlohn eines Arbeiter, nach heutiger Kaufkraft in etwa 160 $, auch ein King hatte damals nichts zu verschenken.
Dementsprechend schleppend lief das Geschäft 1903 an. Im ersten Jahr nach Markteinführung verkaufte Gillette gerade mal 51 Rasierer und 168 Klingen. Im zweiten Jahr wurden zwar schon 90.000 Rasierer und eine satte Million Klingen abgesetzt, aber das war – angesichts der Anzahl männlicher US-Bürger – nur eine kleine Delle im riesigen Markt von Vollbart und Rasiermesser.
Der ganz große Durchbruch kam für Gillette mit dem ersten Weltkrieg. An der Front waren Giftgas-Angriffe an der Tagesordnung, und die überlebensnotwendige Gasmaske saß am dichtesten auf einem glattrasierten Gesicht. Die Streitkräfte mussten dafür sorgen, dass ihre Soldaten sich im Schützengraben unkompliziert, rasch und gründlich rasieren konnten, und da kamen Gillettes Apparate wie gerufen. Die amerikanische Regierung stattete jeden Soldaten mit einem Rasierapparat und Klingen aus, Gillette war ein gemachter Mann.

Klingenpackungen

Die Klingen, die die Welt veränderten

Und es kam noch besser für den einstigen Klinkenputzer: Nach Kriegsende hatten die Soldaten die einfache, unkomplizierte Rasur mit seinen Klingen schätzen gelernt, nahmen die Rasierapparate mit, die die Regierung ihnen geschenkt hatte, und kauften fortan Gillettes Wegwerfklingen.
Die Zeiten, in denen sich Männer Bärte stehen ließen, um der unangenehmen Rasur mit stumpfen Rasiermessern zu entgehen (das „volle Programm“ und die vorbildlich auf „Haartest-Schärfe“ gebrachten Messer waren damals wie heute die Ausnahme, nicht die Regel) waren nun endgültig vorbei.

Zeichnung Metropolis

So sollte Gillettes Metropolis aussehen

Wie jeder große Visionär mochte Gillette sich nicht auf eine Vision beschränken. Außer seinem Rasierapparat patentierte er auch noch einen Flaschenverschluss, der sich jedoch ebensowenig durchsetzen konnte wie der utopische Sozialismus, den Gillette in mehreren Büchern, die er u.a. zusammen mit Upton Sinclair schrieb, propagierte. Gillette träumte von einer riesigen Stadt namens Metropolis (Supermans Wohnort hat er also auch erfunden), in der alle (!) Amerikaner leben sollten und deren Energie von den Niagara-Fällen geliefert werden sollte. Die weltweite Industrieproduktion wollte er von einer einzigen Firma erledigen lassen, und er hat tatsächlich versucht, diese Firma zu gründen. Theodore Roosevelt sollte den Laden leiten, doch der lehnte ab, obwohl Gillette ihm ein damals unerhörtes Jahresgehalt von 1 Million Dollar geboten hatte. Roosevelt war Realpolitiker und hielt es wohl vorausschauenderweise mit Helmut Schmidt: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“
Und eine Erfindung, die fast immer mit Gillettes Namen verbunden wird, stammt gar nicht von ihm: das sogenannte Freebie Marketing („Verschenk die Apparate, mach das Geschäft mit den Klingen, die die Leute wieder und wieder nachkaufen müssen.“). Das hat seine Konkurrenz erfunden, um gegen die marktbeherrschende Position von Gillette anstinken zu können. Erst als die Patente ausliefen, die Gillette vor 109 Jahren eingereicht hat, bediente sich die Firma mit seinem Namen dieser Methode.
Gillette selbst hat das nicht mehr erlebt. Als er 1932 starb, war er praktisch bankrott, die Depression hatte sein Vermögen fast vollständig dezimiert.
Vom Klinkenputzer zum Klingenerfinder, vom verkrachten Handelsvertreter zum Industrie-Tycoon und Sozialromantiker, vom schwerreichen Mäzen zum Bankrotteur… wenige Männer haben Höhen und Tiefen des Lebens so ausgekostet wie King Camp Gillette, der Mann, der die Rasierklinge erfand und damit das Leben aller Männer dieser Welt verändert hat.

Fotos der Klingen: Nassrasur.com
Foto Metropolis: K.C. Gillette, Human Drift. 1894
Patentzeichnung: Patentdatenbank Google

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Männer unter sich

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