Ein Freispruch, der Fragen aufwirft – Kommentar zum Mollath-Urteil

Foto: Photomacher Michael Förtsch (Own work) [CC-BY-3.0], via Wikimedia Commons

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Das Landgericht Regensburg hat das Urteil gefällt: Gustl Mollath, dessen Fall wir hier immer wieder angesprochen haben, ist freigesprochen worden. Er hat zu Unrecht siebeneinhalb Jahre in der forensischen Psychiatrie verbracht, und wird für diese Zeit eine (bescheidene) Entschädigung erhalten.

Obwohl er freigesprochen wurde, wird Mollath nicht zufrieden sein. In der Tat wirft das Urteil einige Fragen auf, die man auch als neutraler Prozessbeobachter gern beantwortet hätte. Mollath wurde von den Vorwürfen der Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung freigesprochen, weil ihm die nicht nachgewiesen werden konnten. Im Falle der Körperverletzung an seiner Ehefrau hielt das Gericht ihn für schuldig, konnte aber eine mögliche Schuldunfähigkeit nicht ausschließen und hat Mollath deshalb auch in dieser Sache freigesprochen. Das verwundert: Denn – man möge mich, den juristischen und psychiatrischen Laien korrigieren, wenn ich mich irre – eine mögliche Schuldunfähigkeit gab m. E. Die Aussage von Gutachter Nedopil (der Mollath gegen dessen Willen im Prozess beobachtet hat) nicht her. Und Beweise für die Körperverletzung gibt es nicht: Es gibt nur ein mehr als windiges, mehrfach ausgestelltes Attest und die Zeugenaussagen von Mollaths Ex-Frau und ihrer Freundin (Zeuginnen, die das Gericht in Sachen Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung übrigens NICHT für glaubwürdig hält). Das genügt einem Gericht, einen Menschen für schuldig zu erklären? weiterlesen…

Neues zum Fall Gustl Mollath: Das Wiederaufnahmeverfahren, Nebelkerzen-Journalismus und ein aktualisiertes Taschenbuch

MollathTBSeit einigen Tagen läuft der Wiederaufnahmeprozess gegen Gustl Mollath. Nach ein paar Tagen Pause wird heute vor dem Landgericht Regensburg wieder verhandelt. Männer, die unser Blog regelmäßig lesen, wissen, worum es geht. Mollath, wurde vor über zehn Jahren Opfer eines Justiz-Skandals: Er hatte sich in einen Rosenkrieg mit seiner Frau verstrickt und beschuldigte sie – eine damalige Mitarbeiterin der Hypovereinsbank – illegaler Geldgeschäfte. Man glaubte ihm nicht und attestierte ihm Wahnvorstellungen, so dass Mollath gegen seinen Willen und verfassungswidrig siebeneinhalb Jahre in der forensischen Psychiatrie verbringen musste. Vor zwei Jahren kam ein Revisionsbericht der HVB ans Licht, der belegte, dass Mollaths Vorwürfe samt und sonsers begründet waren, nix da mit Wahnvorstellungen. Vor ca. einem Jahr wurde Mollath dann endlich entlassen. Seitdem betreibt er seine Rehabilitierung. Wir haben mehrfach von den Geschehnissen um Mollath berichtet und dieselben kommentiert. Mittlerweile läuft das Wiederaufnahmeverfahren und ein grundlegendes Buch zur Mollath-Affäre ist als aktualisiertes Taschenbuch neu herausgekommen. weiterlesen…

Gustl Mollath frei!

Das ist die Nachricht des Tages: Gustl Mollath, der Mann der vor sieben Jahre gegen seinen Willen in die Forensische Psychiatrie weggesperrt wurde, ist wieder ein freier Mann. Das OLG Nürnberg hat die Wiederaufnahme seines Verfahrens (Mollath war wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung angeklagt worden, die Taten konnten ihm nicht nachgewiesen werden, stattdessen wurde er auf Grund eines fragwürdigen Gutachtens ohne Untersuchung „nach Aktenlage“ als gefährlich eingestuft und in die Forensische Psychiatrie eingewiesen, ausführliche Chronologie des Falles hier) und damit seine sofortige Freilassung angeordnet. weiterlesen…

Wie im Fall Mollath…

Jenseits aller Illusionen, Projektionen & Spekulationen lesen Sie im folgenden kurzen Gastkommentar Gedankensplitter zum „Wiederaufnahmeantrag“ von Gerhard Strate. Dabei geht es nicht um juristische Einzelheiten. Sondern um argumentativ zentrale Gesichtspunkte.

(1) Gewiß war jedem (rechtsstaatlich und logisch) denkenden Menschen nach Lektüre dieses vom Vorsitzenden Landgerichter Otto Brixner diktierten Textes klar, daß da von vorn („Freispruch“) bis hinten (Unterbringungsanordnung; Kostenentscheid) allerhand nicht stimmen konnte: http://www.gustl-for-help.de/download/2006-08-08-Mollath-Urteil-Landgericht.pdf
Rechtsanwalt Gerhard Strate hat das jetzt in seiner Kritik unter formalrechtlichen, inhaltlichen und logischen Gesichtspunkten gründlich aufgeklärt:http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Wiederaufnahmeantrag-2013-02-19.pdf

(2) In Strates 140-Seiten-Dokumentation geht es nicht vordringlich um massive berufsrichterliche und gerichtsgutachterliche Rechtsbrüche wie beim focus im Fokus: http://www.focus.de/panorama/welt/hypo-vereinsbank-gibt-schwarzgeldgeschaefte-zu-gustl-mollath-wirft-richtern-massive-rechtsbeugung-vor_aid_924013.html . (Diese werden derzeit als „Rechtsbeugung“ staatsanwaltlich untersucht. Die Liste enthält 17 Namen – http://www.gustl-for-help.de/download/2013-02-05-StA-BT-an-RA-Schmid.pdf – , darunter auch den des Vorsitzenden Richters und des Gutachters Dr.med. Klaus Leipziger http://www.bezirkskliniken-oberfranken.de/pages/html/bayreuth/klinik_forensisch/start.html ).
Strate dokumentiert ausführlich und überzeugend systematische und strategisch geplante Verfahrensmanipulationen vom fehlenden „gesetzlichen Richter“ bis zu fehlender „Gerichtsbestellung“: im Abgleich mit der Verfahrensakte belegt er nicht nur zahlreiche Lügen in der Begründung des Landgerichtsurteils. Strate weist auch und viel grundlegender nach, daß bis heute im strafprozessualen Sinn überhaupt kein „Hauptverfahren“ gegen Gustl Mollath eröffnet worden ist. Das zeigt: es ging im Kern um gar keine Straftaten Gustl Mollaths. Diese wurden ihm nur angehängt, um einen Unterbringungsbeschluß in der Geschlossenen auf Grundlage einer „Gutachten“ genannten folgenschweren Farce zu veranlassen: denn wenn wie vom chefärztlichen Gutachter in der landgerichtlichen Verhandlung behauptet, Mollath wirklich „krank“ gewesen wäre – dann hätte an diesem 8. 8. 2006 gar nicht gegen ihn als öffentlich Angeklagten verhandelt werden dürfen.

(3) Nach meiner so subjektiven wie – möglicherweise – rechtsirrigen Meinung entbehrt das Anti-Mollath-Urteil auch allen „Anschein des Rechts“ – http://duckhome.de/tb/archives/9235-DER-ANSCHEIN-DES-RECHTS.html – genauer: es ist nicht einmal „gesetzliches Unrecht“. Es ist schimmer: was da „Im Namen des Volkes“ am 8. 8. 2006 gesprochen wurde hat überhaupt keine „Rechtsnatur“ (Gustav Radbruch). Und da wüßte ich schon gern, wie das, was da ablief und bis heute gegen Mollath abläuft, angemessen zu bezeichnen ist – fingiertes RechtUnrechtssprechungRichterbetrugGerichtsschwindelVolksbetrug „im Namen des Volkes“? Oder was sonst?

(4) Manche meinen, Gustl Mollath, der seit nunmehr zehn langen Jahren um sein Recht kämpft, wäre ein Held. In der Heldenfrage halt ich es lieber mit Bertolt Brecht, der meinte: nur eine verdorbene Gesellschaft braucht Helden.
Im Übrigen muß Mann weder Sinologie studiert haben noch Maoist gewesen sein, um zu wissen: Das Volk und nur das Volk ist die Kraft, die die Geschichte macht.

(5) Aber wie auch immer: wenn die „befasste“ Staatsanwaltschaft Dr. Gerhard Strates Wiederaufnahmeantrag mittragen sollte, dann wird aus der abstrakten Möglichkeit eine konkrete Chance: daß Gustl Mollath im nächsten Monat spätestens zu Ostern auch ohne neue Verhandlung freikommt. So daß Herr Mollath nach einer gewiß nötigen Ruhepause mit weiteren Unterstützern für seine volle Rehabilitation und seine angemessene Entschädigung dann von „draußen“ weiter kämpfen kann.

Bis dahin freilich gilt: Freiheit für Gustl Mollath jetzt / Free Gustl Mollath now …

Richard Albrecht ist „gelernter“ Journalist, extern provomierter und habilitierter Sozialwissenschaftler, lebt seit seiner Beurlaubung als Privatdozent (1989) als Freier Autor & Editor in Bad Münstereifel und war 2002/07 Herausgeber von rechtskultur.de. Unabhängiges online-Magazin für Menschen und Bürgerrechte. Bio-Bibliographie ->http://wissenschaftsakademie.net

 

Bewegung allenthalben – die Links der Woche vom 15.2. bis 21.2.

Jeden Freitag auf “Männer unter sich”: Links, die uns während der Woche untergekommen sind – Sport, Cartoons, Reportagen, Hintergründe zu unseren Artikeln usw. Männlicher Lesestoff zum Wochenende, viel Spaß!

Bewegung im Fall Gustl Mollath, Bewegung in der Fan-Szene, Bewegung bei Fa. Heineken. Überall Bewegung, da wollen wir nicht abseits stehen und legen gleich mit unseren Links der Woche los. weiterlesen…

Fall Mollath: Merkwürdigkeiten in der Berichterstattung

Für Leser dieses Blogs ist der Name Gustl Mollath ein Begriff: es geht um einen Maschinenbauer aus Nürnberg, der sich in einen Rosenkrieg mit seiner Ex-Frau verstrickt und sie bei der HypoVereinsbank, für die sie arbeitete, wegen Schwarzgeldtransfers angezeigt hatte. Dieser Anzeige aus dem Jahr 2003 ist die Staatsanwaltschaft niemals nachgegangen, stattdessen wurde Mollath  2006  als nicht schuldfähig und gemeingefährlich in eine psychiatrische Klinik eingewiesen, wo er sich bis zur Stunde aufhalten muss. Obwohl man seit geraumer Zeit weiß, dass Molath mit seinen Vorwürfen gegenüber seiner Frau wohl recht hatte und erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des psychiatrischen Gutachtens aufgekommen sind, wegen dem Mollath eingewiesen wurde. Soweit die Kurzfassung, ausführlicher steht’s in der Wikipedia oder – mit vielen Belegen – auf Mollaths eigener Seite.

Nun gut, die Presse hat Wind von der Sache bekommen, es wurde ausführlich über Verfahrensfehler, Rechtsstaatswidrigkeiten usw. berichtet, die Bayrische Justizministerin geriet in Bedrängnis… man konnte sich der Hoffnung hingeben, dass Bewegung in der Sache ist, und zwar Bewegung in die richtige, rechtsstaatliche Richtung. Doch dann geschah in Teilen der Presse in der letzten Woche merkwürdiges… weiterlesen…

Wieder Mollath, ein Eigenbau M1 und Brubeck nimmt den A-Train – die Links der Woche vom 30.11. bis 6.12.

Jeden Freitag auf “Männer unter sich”: Links, die uns während der Woche untergekommen sind – Sport, Cartoons, Reportagen, Hintergründe zu unseren Artikeln usw. Männlicher Lesestoff zum Wochenende, viel Spaß!

War einiges los, diese Woche. Man hat sich gefreut, dass alle deutschen Vereine die Champions League als Gruppensieger abgeschlossen haben, war ratlos angesichts des totgeschlagenen holländischen Linienrichters, war traurig, dass Dave Brubeck gestorben ist, hat gestaunt über die Kapriolen, die das Leben so schlägt und sich vergeblich das Hirn zermartert, um eine sinnvolle Einleitung für die wöchentliche Männer-Linksammlung zu erfinden.   weiterlesen…