Männer als Opfer: Echt widerlich, Tagesspiegel!

Heute veröffentlichte der Berliner Tagesspiegel in seiner Sonntagsausgabe und online einen Artikel, indem ein Berliner SPD-Abgeordneter beschuldigt wird, eine jungen Frau sexuell belästigt zu haben, die in seinem Haus übernachtet habe.

„So weit, so widerlich, bestraft den Mann!“, könnte man sagen und zur Tagesordnung übergehen. Wenn, ja wenn man nicht in diesem Artikel lesen müsste, dass „… die Berliner Staatsanwaltschaft (prüft), ob gegen den Abgeordneten ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden muss.Der Beschuldigte soll allerdings nicht vernommen worden sein. Nach Informationen des Tagesspiegels neigen die Ermittler nach sorgfältiger Prüfung jetzt dazu, den Vorfall nicht als Sexualstraftat zu bewerten, weil die juristisch bedeutsame ‚Erheblichkeitsschwelle‘ nicht überschritten worden sei. Auch der Vorwurf der ‚Beleidigung auf sexueller Grundlage‘ wird dem Vernehmen nach nicht erhoben … Daher wird der Fall, jedenfalls bei Polizei und Justiz, in den nächsten Tagen voraussichtlich zu den Akten gelegt“

Erstaunlich. Hier steht also noch nicht einmal Aussage gegen Aussage, weil der Beschuldigte bis zum Erscheinen des Artikels zu den Vorwürfen noch gar nicht vernommen wurde. Vielmehr haben sich Polizei und Staatsanwaltschaft entschlossen, kein Verfahren zu eröffnen, weil sie aus Gründen, die bisher nur sie kennen, die Vorwürfe gegenüber dem Beschuldigten für nicht ausreichend oder nicht beweisbar halten.

Was für einen Grund haben also BILD (die in besagtem Artikel als Quelle genannt) wird und Tagesspiegel, diese Geschichte an die Öffentlichkeit zu zerren und die Existenz eines Mannes zu zerstören, dem bis zur Stunde gar nichts vorgeworfen wird?

Zynisch gibt Tagesspiegel-Autor Ulrich Zawatka-Gerlach am Schluss des Artikels die Antwort: „’Wenn der Name bekannt wird, ist der Mann politisch tot‘, hieß es. Der Beschuldigte wird nach Einschätzung aus Parlamentskreisen auch nicht damit rechnen können, dass der Mantel des Schweigens ihn noch lange schützen wird. Zu klein ist der Kreis derer, die in Frage kommen.“

Es geht also um Rufmord. Wegen einer – ich wiederhole mich – unbewiesenen Anschuldigung, zu der der Beschuldigte nicht gehört wurde und die allem Anschein nach juristisch nicht verfolgt werden wird. Damit wären wir dann am Ende der Fahnenstange: wenn ein vager Verdacht genügt, um jemanden zu vernichten, dann ist diese Gesellschaft komplett am Ende.

Wie selbstherrlich und frei von jeder Gewissensregung muss ein Journalist sein, dem das als Grundlage genügt, das Leben eines Mannes zu zerstören? Wie zynisch und Berufsethos-vergessen ist eine Chefredaktion, die eine derart üble Denunziation durchgehen lässt und sich anhand des wohlkalkuliert einsetzenden Leserbrief-Kriegs die Hände reibt? Und wie verantwortungslos sind die Herausgeber einer Zeitung, die ein derartiges Verhalten ihrer Mitarbeiter zulassen?