Die alten Männer meiner Jugend redeten zwar gern und häufig von Respekt, praktizierten ihn aber nicht. Weil ihnen der Gehorsam gegenüber einer diffusen Obrigkeit wichtiger war als das Vertrauen auf das eigene Urteil. Dies war einer der Gründe, warum in meiner Jugend viele Söhne wenig Respekt gegenüber ihren Vätern hatten.
Die alten Männer meiner Jugend waren meist bemüht, ein leises und unauffälliges Leben zu führen. „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht“ war eins der Worte, die sie gern in den Mund nahmen. Sie waren immer bemüht, das Richtige zu tun. W enn jemand etwas Falsches tat, waren sie die ersten, die mit dem Finger auf ihn zeigten.
Laut wurden die alten Männer meiner Jugend jedoch, wenn es galt, jemanden zurechtzuweisen. Dann schlug ihre große Stunde, dann wurde es grundsätzlich, dann pumpten sie sich auf, bis sie rot im Gesicht wurden, brüllten mit pochenden Schläfenadern herum und rächten sich für jeden Buckel, den sie nach oben gemacht hatten, mit mindestens zwei Tritte nach unten.
Die alten Männer meiner Jugend waren autoritäre Kleingeister, die wenige Jahre zuvor Schuld auf sich geladen hatten, aber nicht schuld sein wollten. Wenn ich mich dieser Tage umgucke, denke ich manchmal, dass sie wieder da sind. Diesmal deutlich jünger.
Leider wahr.