Ein paar Worte zu Ian Fleming…

 

Foto: Fortheloveofknowledge, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Ian Fleming, der Autor der James-Bond-Romane, ist seit bald 60 Jahren tot. Für mich ist er der Erfinder des modernen Thrillers, er hat viele Dinge, die heute zum normalen Handwerkszeug des Spannungsautoren zählen, zum ersten Mal eingesetzt und perfektioniert und dabei einen eigenen, faszinierenden und wortwörtlich unnachahmlichen Stil entwickelt. Was nicht jeder weiß: Seit Flemings Tod haben seine Nachlassverwalter insgesamt 11 Autoren beauftragt, neue Bond-Romane zu schreiben, unter anderem echte Heavyweights der Szene, wie Kingsley Amis oder Jeffery Deaver. M. E. hat keiner je Flemings Level erreicht, Amis mit „Colonel Sun“ und Anthony Horowitz mit „Trigger Mortis“ sind relativ nahe an ihn rangekommen, aber Fleming selbst bleibt als Autor ein absolutes, stilbildendes Unikat.

Auch wenn ich von Fleming als Autor sehr viel gelernt habe und seine Meisterschaft im Thriller-Genre bewundere, ansonsten halte ich ihn für eine ziemlich üble Type. Er war ein Kind seiner Zeit, 1908 in einen Politiker-Haushalt hineingeboren, geboren, in Eton beschult worden, er war ein stockkonservativer, homophober Rassist, da gibt es nichts zu beschönigen, das kann man – auch – aus den Bond-Romanen herauslesen. Noch herauslesen, denn die Fleming-Nachlassverwalter wollen jetzt auch die mittlerweile berüchtigten „Sensitivity Reader“ auf Flemings Bücher loslassen, um wenigstens die ärgsten Klöpse z. B. aus „Live and let Die“ zu tilgen.

Im Prinzip würde ich das ja gelassen sehen. Gegen die Modernisierung letztlich trivialer Unterhaltungsliteratur ist wenig zu sagen. Um Himmelswillen, in „Casino Royale“ gibt Bond noch Zwischengas beim Schalten, heute weiß doch kein Mensch mehr, was das überhaupt ist. Andererseits… wenn die Lektoren ihre Arbeit konsequent machen, dann tilgen sie Flemings Rassismus und die ganze Entwicklung, die die Welt seit den Abenteuern des Ur-Bonds genommen hat komplett. Fleming würde dem Erst-Leser vielleicht als durchaus netter Kerl erscheinen. Das sollte nicht sein. Das war er wirklich nicht.

Ist es nicht irrsinnig komisch…

Foto: Erwin Raupp [Public domain], via Wikimedia Commons

… dass diejenigen, die gerade in sozialen Netzwerken gegen Karl May bzw. den auf seinen Büchern basierenden Kinderfilm, der am 11. August in die Kinos gekommen ist, aus allen Silberbüchsen feuern, haargenau die gleichen sind, die sonst wegen „kultureller Aneignung“ die Schnappatmung kriegen? Leute, habt ihr wirklich nicht gemerkt, dass May einer von euch war? Der hat peinlichst jede kulturelle Aneignung vermieden und sich den ganzen Schmonzes ganz nonchalant ausgedacht.

Und so ein paar ganz wunderbar spannende, pazifistische und antirassistische Bücher geschrieben.

[Tipp der Woche] Zu spät! – Herausragende Fußball-Doku „Schwarze Adler“zu nachtschlafener Zeit

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Video-Link: https://youtu.be/a63s2wBOvpg

Seit April steht die herausragende Fußball-Doku „Schwarze Adler“ bei amazon prime zum Streamen – wir haben schon ausführlich darauf hingewiesen. Diesen Freitag können auch Jeff-Bezos-Skeptiker sich endlich den Film im ZDF anschauen, allerdings müssen Sie bis 23 Uhr 30 wach bleiben oder den Recorder entsprechend programmieren. Dieser Sendetermin ist einigermaßen erstaunlich. Ich begreife nicht, warum eine derart spannende, wichtige und emotionale Doku über die dunkleren Seiten unseres Volkssports Nr. 1 nicht zur besten Sendezeit, zur Primetime, gesendet wird, wo sie hingehört. Ist 20 Uhr 15 fußballmäßig nur für Live-Übertragungen und EiapopeiaFriedeFreudeEierkuchen reserviert, wenn es um Fußball geht? Möchte man berechtigte Kritik am DFB, an den Fernsehanstalten und an den Fans lieber auf einen Zeitpunkt verschieben, dam dem diejenigen, die sich angegriffen fühlen könnten, bereits den Schlaf des Ungerechten Schlafen. Herrschaften, in diesem Film schütten Männer und Frauen, die sich um den Fußballsport in diesem Land verdient gemacht haben, ihr Herz aus und erzählen von den Wunden, die sie siurch ihr Engagement für diesen Sport davongetragen haben, und ihr versteckt das im Nachtprogramm? Ich geb euch Brief und Siegel: Ein Fan, der diesen Film angeschaut und die Geschichten, die Erwin Kostedde so erzählt, verstanden hat, wird sich beim nächsten Stadionbesuch dreimal überlegen, ob er nochmal rassistischen Mumpitz von der Tribüne runterbrüllt. Ja, so wirkmächtig ist dieser Film, und das ZDF versteckt ihn im Nachtprogramm. Unverständlich. Unverzeihlich.

Schaut euch den Film an, wenn ihr ihn noch nicht gesehen habt. Egal um wieviel Uhr. Er lohnt.

[Streaming-Tipp] Die dunkle Seite der Fußballmacht – die Doku „Schwarze Adler“

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Seit ein paar Tagen steht die Doku „Schwarze Adler“ bei amazon prime online. „Schwarze Adler“ lässt Nationalspielerinnen und Nationalspieler schwarzer Hautfarbe zu kommen und lässt sie von Ihren Erfahrungen und Erlebnissen in Deutschlands Fußballstadien erzählen. Sie erzählen nicht nur von Ihren Erlebnissen mit der Nationalmannschaft, sondern auch vom Alltag in der Bundesliga, von ihrer Zeit in der Fußballjugend und von ihrem Leben abseits der Fußballplätze. Ich hab mir den Film gestern angeschaut und war begeistert, vor allen Dingen von den langen Passagen, in denen die Spielerinnen und Spieler erzählen und reflektieren. Da erlebt man nicht nur ein Stück Fußballgeschichte, sondern auch ein Stück Zeitgeschichte: Wie der Fußball sich in den letzten fünfzig Jahren verändert hat, wie dieses Land sich verändert hat. Und da werden einem die Dinge in den Blick gerückt, die sich eben nicht geändert hat, die Dummheit und der Rassismus, mit denen Menschen anderer Hautfarbe begegnet wurde und begegnet wird.

Wenn man Ausschnitte aus Sportsendungen der 60er und 70er Jahre anschaut, dann ist man unwillkürlich entsetzt, über die Blödheit und unverfrorene Gönnerhaftigkeit, mit der damalige Spitzenjournalisten den Spielern mit schwarzer Hautfarbe begegnet sind. War das wirklich so schlimm? Ja, das war so schlimm, der Film zeigt’s einem in aller Deutlichkeit. Und es ist heute noch schlimm, man muss sich schämen, was Menschen in diesem Land nicht nur von den Stadiontribünen runterrufen, sondern wie Menschen mit anderer Hautfarbe im Alltag behandelt werden. Wenn Gerald Asamoah erzählt, wie er seinem eigenen Sohn rassistische Beschimpfungen erklären musste, mit denen der gerade von einem anderen Spielervater während eines Jugendspiels bedacht worden war, wird einem ganz anders.

Was diesen Film so eindringlich macht, ist die Nachdenklichkeit, mit der die 14 Spielerinnen und Spieler ihre Karrieren noch einmal Revue passieren lassen und bewerten. Da ist kein Raum für larmoyantes Gejammer oder Anklagen an „die Gesellschaft“, da wird emotional und doch nüchtern erzählt, was war und was ist. Der große Held des Films ist Erwin Kostedde, der erste Spieler schwarzer Hautfarbe, der es zum Nationalspieler gebracht hat. Was hat dieser Mann alles erleben müssen, was hat der für eine Last geschultert! Und trotzdem spricht er, trotz aller verständlichen Bitternis, mit einer großen, freundlichen Zärtlichkeit über den Fußballsport. Wie überhaupt alle Akteure nicht nur von den dunklen Seiten des Fußballs erzählen, sondern auch von der großen Kraft, mit der dieser Sport Menschen zueinander bringen und miteinander versöhnen kann.

„Schwarze Adler“ ist ein großer, ein wichtiger Film, der einen nachdenklich und wütend macht, gleichzeitig aber auch Hoffnung auf eine bessere Zukunft weckt. Für Menschen, die sich für Fußball interessieren, ist er schlichtweg ein Muss. Ich hab lange nicht so etwas Beeindruckendes gesehen. Zur Zeit wird er bei amazon prime im Stream gezeigt, im Juni läuft er im ZDF.

 

 

 

 

 

No Wayne!

Der Flughafen von Orange County in Kalifornien ist nach John Wayne benannt. Doch jetzt soll der „John Wayne Airport“ nicht mehr so heißen, weil John Wayne ein übler Rassist gewesen ist. Als Beleg für diese Behauptung dient ein Playboy-Interview aus dem Jahr 1971, in dem Wayne – neben allerlei anderen Unfugs – erklärt hatte, dass er weiße Vorherrschaft ganz okay findet. So eine Äußerung ist natürlich ziemlich übel. Da bin ich dann auch dafür, dass der Flughafen nicht mehr nach ihm benannt wird.

Doch nach wem soll man den Flughafen dann benennen? Ich hab da einen Vorschlag. Es gibt einen John-Ford-Western, „Der schwarze Falke“ (The Searchers) in dem der Protagonist ein moralisch zweifelhafter, rassistischer Indianerhasser, am Ende eine bemerkenswerte Wandlung durchmacht und seine Nichte Debbie, die zur Indianerin geworden ist, nicht, wie alle es befürchten, tötet, sondern sie mit nach Hause bringt. Das ist eine der bemerkenswertesten Szenen des Weltfilms, wunderbar gespielt von einem Mann, den man für einen limitierten Schauspieler hielt, und der dann doch mal den Oscar gewonnen hat.

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Video-Link: https://youtu.be/IC-u2-aQXS4

Mit diesem trockenen „Let’s go home, Debbie“ haben sich Wayne und Ford ganz klar menschlich und antirassistisch positioniert, und ihre Botschaft hat Millionen Menschen auf der ganzen Welt erreicht. Wir sollten die herausragende Arbeit eines Schauspielers würdigen, nicht denn Unsinn, den er irgendwann mal irgendeiner Zeitschrift erzählt hat. Deshalb bin ich der Ansicht, dass der „John Wayne Airport“ von Orange County unbedingt in „John Wayne Airport“ umbenannt werden sollte.

Klappe auf! – Gedanken zum Tod von Robin Williams

Foto: Eva Rinaldi → Flickr: Robin Williams [CC-BY-SA-2.0], via Wikimedia Commons

Foto: Eva Rinaldi → Flickr: Robin Williams [CC-BY-SA-2.0], via Wikimedia Commons

Der Tod von Robin Williams hat uns alle erschüttert. Wir mussten erkennen, dass ein Mann,der uns jahrzehntelang zum Lachen gebracht und bewegt hat wie kaum ein anderer Schauspieler seiner Generation, während der ganzen Zeit, in der er uns unterhielt, mit grausamen Depressionen gerungen und den Kampf gegen sie letztlich verloren hat.

Depression ist eine verdammt ekelhafte Krankheit. Sie kann jeden erwischen, ob arm, ob reich, ob berühmt oder ein Nobody, wenn die Krake nach dir greift, bist du meistens hilflos. Und gerade für Männer sind Depressionen besonders gefährlich, weil sie in vielen Fällen zu spät erkannt werden. Einmal, weil die meisten allgemein bekannten Depressions-Anzeichen (Traurigkeit, Antriebslosigkeit, Schlafstörungen usw.) für die weibliche Form der Krankheit gelten. Die Männerdepression äußert sich anders (unter anderem durch Gereiztheit und Aggressivität), und wird deshalb oft später oder gar nicht erkannt. Zum anderen, weil wir Männer Depressionen ignorieren oder – wenn das nicht mehr geht – nicht darüber sprechen. Viele von uns sind von klein auf gedrillt worden, Krankheiten einfach wegzustecken bzw. nicht davon zu reden: »Du willst doch ein Mann sein, also beiß die Zähne zusammen!« weiterlesen…

Bravo, Boa! Bravo, Milan!

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Video-Link: http://youtu.be/nXyqFZ_fghI

Gestern war der AC Milan nach Bursto Arsizio gereist, um ein Freundschaftsspiel gegen den dortigen Verein Aurora Pro Patria auszutragen. Von der ersten Minute an werden Milans Spieler mit dunkler Hautfarbe von einigen wenigen „Fans“ lautstark rassistisch verhöhnt und beleidigt. Schließlich hat Kevin Prince Boateng die Faxen dicke, schießt den Ball Richtung Rassisten und verlässt das Spielfeld. Seine Mitspieler folgen ihm. In der 28. Minute bricht der Schiedsrichter das Spiel ab.

Boa und der AC Milan haben mit dieser Aktion ein Zeichen gesetzt. Ein Zeichen gegen den Rassismus im Fußball. Hoffen wir, dass das ein Anfang war und dass diese Idioten, die unseren schönen Sport zerstören, bald aus den Stadien verschwunden sein werden.