[Tipp der Woche] Vielleicht der letzte seiner Art – „Napoleon“ im Kino

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Video-Link: https://youtu.be/8RWj_r4qyF4?si=z_lXrlXUPD9pgSaD

Diese Woche komm ich mit einem zwiespältigen Tipp der Woche daher, mit „Napoleon“ von Ridley Scott. Die Zeitungen sind seit Wochen voll mit Vorab-Artikeln über den Film, dem 86jährigen Scott ist wohl noch einmal ein bildgewaltiges Meisterwerk gelungen, als er eine unrealisierte Idee von Stanley Kubrick aufgriff und Napoleons Lebensgeschichte als Monumental-Epos auf die Leinwand gewuchtet hat. Soweit, so gut, aber hier könnte ich Probleme mit dem Film bekommen: Offenbar ist „Napoleon“ die Mutter aller Historienschinken. Und ich mag keine Historienschinken. Wer im Geschichtsunterricht aufgepasst hat, weiß ab dem Vorspann, wie der Hase läuft (im Falle Napoleon: anfangs gewinnt er in großem Stil, später kackt er ab). Dieses Spannungs-Manko wird mit charismatischem Hauptdarsteller (Joaquin Phoenix) und gewaltigen Bildern (hier: Schlachten ohne Ende) ausgeglichen. Das gelingt Scott ganz gut, trotzdem macht sich – bei aller Monumentalität – nach einer Weile eine gewisse Eintönigkeit breit. Ich hab’s halt lieber spannend. Andererseits: Wie oft wird man noch einen handwerklich derart perfekten Historienschinken zu sehen bekommen. Ich wage mal die Prognose, dass das der letzte seiner Art sein wird. Und derartige Filme MUSS man im Kino auf der großen Leinwand sehen. Pulverdampf und Kanonendonner wie im Kino ist Zuhause nicht machbar. Wer also den Spannungsabfall erträgt, der sollte wirklich ins Kino gehen. Das filmische Handwerk lohnt den Besuch.

[Tipp der Woche] Verstümmelt, aber sehenswert – die Mutter aller Schlachtenepen: John Woos „Red Cliff“

Wenn etwas aus der Mode gekommen ist, dann ist das der Monumentalfilm, also in jeder Hinsicht überdimensionierte Filme, die vor allen Dingen mit enormen Schauwerten das Publikum ins Kino locken wollen. Das Genre hatte seine Höhepunkte in den 50ern und 60ern, seitdem wird der Monumentalfilm nur noch sporadisch bedient, bzw. wenn Peter Jackson mal wieder so richtig auf die Kacke hauen will, dann bekommen wir wieder einen zu sehen, meistens als Trilogie. Ansonsten gilt der Monumentalfilm hierzulande als infantil, als cineastisch dubios, als potenzielles Kassengift. Was zur Folge hatte, das ein absolutes Meisterwerk des Genres, John Woos fantastisches „Red Cliff“ hierzulande nur in einer grotesk verstümmelten Version anzuschauen war. Der Film, der sich um eine der bedeutendsten Schlachten der chinesischen Geschichte aus dem Jahr 208 n. Chr. dreht, dauert satte 7 Stunden(!) und kam in Asien in zwei Teilen in die Kinos. Hierzulande hat man erst gar nicht versucht, ihn in die Kinos zu bringen, sondern ihn stattdessen in einer extrem zusammengeschnittenen Fassung auf DVD und Blu-ray rausgehauen. Was verdammt schade ist.

Mal abgesehen von der grundsätzlichen Überlegung, ob derartige cineastische Kraftakte noch zeitgemäß sind: das ist großes, klassisches Kino mit einer absolut exquisiten Bildkomposition, stellenweiser genialer Kampfchoreographie im Großen wie im Kleinen und – in der langen Fassung – ein ständiger, souveräner Wechsel zwischen betäubenden Action-Szenen und ruhigen, kontemplativen Sequenzen. „Red Cliff“ ist ein Meisterwerk des konservativen Kinos, punktum.

Die gekürzte Fassung läuft in der Nacht von Freitag auf Samstag um 2:30 Uhr auf ProSieben. Ich empfehle jedem, der den Film noch nicht kennt, wachzubleiben bzw. den Festplattenrecorder entsprechend zu timen. Schaut eine halbe Stunde rein, wenn ihr dann nicht sofort die ungekürzte Fassung auf Disc ordert, weiß ich auch nicht. Großes, monumentales(!) Kino!