Überleben im Dschungel der Großstadt: Burgermeisters Wortspielhölle

Nicht vergessen: Am Montag ist Valentinstag!

Willkommen zurück in der Wortspielhölle, heute: Der „Burgermeister“, haha, ein Laden für Burger und seines Zeichens Brüderchen von Wortspielapologeten wie Kreuzburger, Burgersteig und Burgeramt.

Hahaha, wirklich köstlich, ich finde, dass die Wortspiele für Burgerläden noch lange nicht ausgereizt sind, mir fehlen vor allem noch:

– der „Quedlinburger“ in Berlin-Marzahn, der vor dem Hintergrund einer Reichskriegsflagge vorwiegend kahlköpfigen Hirnkrüppeln einen kalkweißen Burger in Hakenkreuzform anbietet, zu dem aus einem blutigen Baseballschläger Zahnstocher herausgebrochen werden können,

– der „Burgerentscheid“, der sich in grün-wählenden Wohlstandsinseln wie dem Chamissoplatz in Kreuzberg an das dick und rund gewordene gehobene Bürgertum richtet, welches den Wunsch nach Teilhabe an der Politik durch den Verzehr eines Neulandfleischburgers mit Bioland-Rauke und Kressehütchen zum Ausdruck bringen möchte,

– der „Otto Normalburger“ in Lankwitz, wo sich Laubenpieper Oppa Kowalke und Tante Elsbeth ihren darmlosen Currywurstburger mit Kindl-Molle holen können, von dem auch Dackel Oswald was abbekommt

– und nicht zu vergessen der „Spießburger“ in Prenzlauer Berg auf Höhe Kollwitzplatz, der den Kehrwochen-, Babybuggy- und Maultaschen-Burger im Angebot hat.

Nein, Schluss mit dem Klamauk, ich finde es ja gut, dass die Monopole von Burger King und Micky D. durch junge, innovative Langzeitstudenten und kreativ erfolglose Mediendesigner aufgebrochen werden und ein bisschen frischer Wind in die behördengleich festverkrustete Burgerlandschaft kommt, aber nach der mittlerweile abebbenden Suppenladeneuphorie scheint nun wirklich jede Hausfrau, jeder seit Jahren am Vorwort seiner Diplomarbeit feilende Bummelstudent und jeder arbeitslose Bierkutscher einen Burgerladen aufzumachen – die Dinger florieren an allen Ecken und Enden von Berlin, boomen wie blöd und greifen ernsthaft die bisher ungeschlagene Restauration zu den zwei goldenen Bögen an – diese bisher uneinnehmbare Bastion im Fastfood-Sektor amerikanischer Ausrichtung, die gerade enorm schwächelt und sich erfolglos als Kaffeehaus neu erfinden möchte.

Der Burgermeister macht das was alle Burgerläden machen: Er bietet den Ham- und Cheeseburger sowie einige Eigenkreationen mit bemüht witzigen Namensversatzstücken an, dazu Pommes oder Wedges und überraschenderweise eine Berliner Currywurst.

Der Cheeseburger enttäuscht ein wenig. So hat man nur versucht, den Bun leicht anzutoasten, was nur partiell gelang, im Inneren verbleibt die kalte schwammartige Konsistenz eines unbehandelten Toastbrots, das sich schnell vollsaugt und Wehrkraftzersetzung betreibt. Das Fleisch ist vergleichweise dünn und geht geschmacklich im Rest der Zutaten – banaler Eisbergsalat mit einer Tomatenscheibe und einer Käsescheiblette, dafür Unmengen Soße – schlicht unter. Dafür zerfällt das Gesamtwerk nach etwa der Hälfte des Verzehrs komplett in seine Bestandteile und verteilt sich im Raum.

Exakt gleiches widerfährt dem „Monstaburger“, der in seiner auf männlich gepimpten Inhaltszusammenstellung das Potenzial hat, einen kapitalen Grizzly bereits nach einigen Wiederholungsmahlzeiten mittels Herzstillstand ins Nirwana befördern zu können: Fleisch, Speck, fettige Zwiebeln, dicke gezuckerte Barbecue-Soße – Glück auf, Rentenkasse, das Ding spart euch einen Haufen Geld.

Das viele Salz ist solide, aber zusammen mit den Pommes als Beigabe nur bedingt für Menschen geeignet, in deren Aterien sich schon Salz und Fett der letzten 20 Jahre Fastfood abgelagert haben und die deswegen mit hochrotem Kopf permanent fast platzend an der Klippe zum finalen Herzkasper stehen. Das ganze Ensemble ist wirklich sehr salzig und auch für schmerzfreie Salzliebhaber eine echte Herausforderung.

Wer allerdings Lust auf einen vorgezogenen Herztod verspürt, dem seien die Chili-Cheese-Fries zum täglichen Verzehr ans Herz (haha) gelegt. Spätestens nach einer Woche war´s das dann mit dem Auftritt auf dieser Welt und gesellschaftlich ist diese Art des Abgangs noch nicht einmal als Selbstmord verpönt, was bedeutet, dass die Lebensversicherung zahlt. Ist doch was.
Chili-Cheese-Friees also – die Pommes werden hierzu belegt mit well done Hackepeter, den schon vom „Monstaburger“ bekannten fettigen Zwiebeln, Jalapenos, die leider den einzig scharfen Aspekt einbringen und der aus dem Kino bekannten warmen Käsesoße, was eine unglaublich mächtige, aber irgendwie gelungene Kombination darstellt. Aus Lebenserhaltungsgründen würde ich davon abraten, dies jede Woche zu essen.

Die Currywurst verzückt auf ganzer Linie, denn sie ist überraschend gut. Ich meine, wir sprechen hier von einem Laden, der sich Burgermeister und nicht Currymeister nennt, was dieser aber angesichts der wirklich guten Currywurst durchaus könnte, vor allem wenn ich mir die eher schwachen Burger anschaue. Respekt, sehr fein, die darmlose angenehm temperierte Currywurst hat eine leicht knackige Haut ohne ins Lederartige zu gehen, ist mit der richtigen Menge Ketchup drapiert, nur der Curry wird für meinen Geschmack eine Nuance zu sparsam eingesetzt, aber gut. Ich habe die Currywurst mit dem Vorsatz bestellt, sie zu verreißen. Das geht nun nicht.

Nur das knäckebrotartig vergetoastete Brötchen zur Currywurst empfehle ich lieber an Enten oder Vögel zu verfüttern, es ist nur bedingt schmackhaft, viel zu kross und verteilt sich wie die Burger im Raum.

Das Personal hingegen sieht aus, als sei es nach einer durchzechten Nacht direkt aus dem Club hinter die Theke des Burgermeisters gefallen, gibt sich etwas zu bemüht lässig, ist aber überraschend schnell und nicht so eiskalt unfreundlich, wie man das von gewollt coolen Hipstern, die mit Erich-Honecker-Brille, Antifapullover und Dirk-Niebel-Gedächtnismütze hinterm Tresen stehen, erwarten würde. Schön.

Die gewählte Ladenfläche in einem ehemaligen Cafe Achteck (für Nichtberliner: ehemaliges öffentliches Pisshäuschen aus Metall) ist hingegen sehr originell und vermag meine grenzenlose Begeisterung zu wecken. Das ist wirklich mal eine witzige Idee und eine schöne Innovation für Menschen mit schrägem Humor.

Was bleibt? Es geht besser, das haben andere der gefühlten zwanzigtausend Burgerläden in Berlin schon bewiesen, andererseits aber rockt die unschlagbare Lage, der Gag, in einem Cafe Achteck zu speisen und die überraschend gute Curry.

In der Serie “Überleben im Dschungel der Großstadt” begibt sich mike-o-rama für uns in die Wildnis Berlins und testet ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit Imbiss-Buden, Fast-Food-Restaurants, Supermärkte und Orte, die nie ein zurechnungsfähiger Mensch gesehen hat. Seine Berichte erscheinen auch auf dem Bewertungsportal qype.de.

Bild: AARGON / pixelio.de

Überleben im Dschungel der Großstadt: Endzeit im Berliner Corinth Bistro

Endlich erreicht: das Ende der Fast-Food-Fahnenstange

Das Corinth Bistro residiert in den Räumen eines ehemaligen sudanesischen Imbisses, der hier in dieser abseitigen Ecke des unvergleichbar trübsinnigen Netto-Discount-Gebäudes sang- und klanglos eingegangen ist.

Mit dem Namen Corinth Bistro nimmt das Lokal wenig pfiffig Bezug auf die Corinthstraße, in welcher es ansässig ist – eine mutige aber wenig erfrischende Namenswahl vor dem Aspekt, dass man derart manifestierte Einfallslosigkeit in Berlin fast an jeder Ecke findet – von Eckkneipen bis zu Currybutzen – und diese Kaschemmen ausnahmslos ganz furchtbar übel beleumundet sind.

Man konzentriert sich hier sehr konservativ auf volksnahe Gerichte wie Döner in Fladenbrot- oder Dürüm-Version, Currywurst, Pommes, Fertigsalate, Schnitzel, mithin also arttypisches Imbiss-Portfolio ohne Überraschungen.

Das Bistro wirkt auf den ersten Blick leicht vereinsamt. Traurige Boulevardblätter vom Vortag wehen unmotiviert auf den nachlässig geputzten Tischen umher, der örtliche Verticker ukrainischer Stahlwolle-Kippen steht am Daddelautomaten und verzockt seine Tageseinnahmen, sonst ist hier nur selten jemand zu sehen, den man im weitesten Sinne als Gast identifizieren könnte.

Es kostet Überwindung, hier einzukehren. Schon rein äußerlich entsteht der Eindruck einer Wartehalle – kahle Wände absolut unpassend in hellem Rosa gestrichen, weiße Zahnarzt-Deckenplatten, Neonlicht. Knastkantinenatmosphäre.

Vielleicht hat man seitens des Inhabers darüber hinaus auch nicht den idealen Standort für einen solchen Imbiss gewählt. Der Netto Discounter zieht in der Regel Publikum an, welches lieber das Schnitzel in flüssiger Form – verkörpert durch das obligatorische Sternburger Pils – gerne direkt und sofort auf dem Vorplatz verzehrt, aber feste Nahrung – zumindest zu den regulären Öffnungszeiten – wohl eher mit Missachtung straft. Und wer sich mehr leisten kann, isst hier nicht.

Dementsprechend ist der Dönergrill oft ausgestellt und wird erst befeuert, wenn sich tatsächlich mal ein Gast hier zum Essen niederlässt. Das hat zur Folge, dass der bereits vor einiger Zeit angekokelte, aber inzwischen erkaltete Dönerspieß von neuem von der Flamme geküsst und das Fleisch – es handelt sich natürlich um simples Hack, keine Schichtung – so mit einer zweiten außergewöhnlich krossen Schicht bedacht wird.

Dieses Fleisch gibt aus Protest über diese Vergewaltigung jegliche Flüssigkeit samt jeglicher rudimentär eventuell irgendwann mal vorhandener Geschmacksansätze komplett ab und fabriziert beim Verzehr einen merkwürdig brackigen Gesamteindruck, der noch über Stunden nachwirkt.
Das Fladenbrot wird in konsequenter Weiterführung der Well-done-Philosophie derart großzügig getoastet, dass es eine leicht harte, schon fast unangenehm ins keksartige gehende Konsistenz herausbildet, in deren Folge größere Nuggets abbrechen und sich auf dem Teller zu moderner Kunst zusammenfinden können.

Die Schichtung des Dönerinhalts ist hingegen originell und konnte so bisher noch nirgendwo festgestellt werden: Es wird jegliche Mischung konsequent vermieden, astreine Apartheid der Zutaten – nur ohne Zaun, eine Schichtung quasi quer zum Fladenbrot, so dass ein Verzehr der einzelnen Inhalte in entgegengesetzt chronologischer Reihenfolge unter fast archäologischen Gesichtspunkten möglich ist – zuerst das als letztes aufgeschichtete Fleisch, dann folgt eine Schicht Gurkenstäbchen, dann Salat und zum Schluss befinden sich nur noch die Zwiebelfossile in der nichtssagenden Industriesoße. Ein Wechselbad der Geschmacksgefühle eingelegt in dicker Kräutersahne.

Die Currywurst mit Pommes ist nicht nur billig, sondern auch nicht gut – eine Eigenschaft, die sie mit dem Schnitzel in absolut perfekter Synchronisation teilt.

Auf ein Wort zum Schnitzel: Die völlige Diskrepanz der Abbildung auf der Werbetafel und seiner tatsächlichen Gestalt kann man je nach Gemütslage als Euphemismus oder Kriegserklärung auffassen. Was sehen wir? Wir sehen auf der Werbetafel ein saftiges Schnitzel, frisch geschnitten aus dem ganzen Stück und nach dem Panieren direkt von der heißen Pfanne goldbraun saftig geküsst.
Auf dem Teller entpuppt sich das traurige Endprodukt als frittiertes billigstes Formfleisch mit Industriepanade – wahrscheinlich direkt ohne Umwege aus dem Tiefkühler des Netto Discounters nebenan -, welches im Rahmen des Frittiervorgangs die Konsistenz eines Briketts annimmt, wobei die Panade zum einen steinhart als auch seltsam schwarz-dunkelorange in der Optik wird und das weiße Fleischbrät im Inneren – es könnte sich sowohl um Schwein als auch um Hähnchen handeln, vielleicht auch um Tofu oder eine Mehlmasse – völlig austrocknet. Es ist keinerlei Eigengeschmack festzustellen außer einem leicht brackigen Fettaroma im Abgang.

Auch die Pommes ergeben ein trauriges Bild. Bar jeden Geschmacks fällt vor allem angesichts der erschreckend niedrigen Qualität – wahrscheinlich kommt auch hier wieder der Tiefkühler des Netto Discounters ins Spiel – die Abwesenheit von Salz negativ ins Gewicht, was das auch hier wieder vorzufindende brackige Fettaroma zu dominant in Szene setzt und noch lange nachwirken lässt.

Die Currywurst besteht aus einer Bratwurst, die aus dem rohen Zustand frittiert und danach mit Ketchup und Currypulver geduscht wird. Das ist zwar technisch ein nicht unüblicher Vorgang, geschmacklich ist das aber einfach nicht gut und es tut schon weh, der Zubereitung zuzuschauen.

Und das Hähnchen … ja, das Hähnchen … was soll ich sagen, es verbringt sehr viel Zeit im Hitzekarussell – vielleicht sogar über Nacht, so dass im Laufe des langwierigen Garvorgangs die hemmungslos überwürzte Haut labberig und das Innere leicht trocken wird. Es ist kein völliger Totalausfall wie das Schnitzel, aber gut ist das auch nicht.

Nicht gut.

Diese beiden Worte ziehen eine Schneise durchs Corinth Bistro.

Endzeit, Freunde, dort riecht es nicht nach Aufbruch, es stinkt nach Untergang.

In der Serie “Überleben im Dschungel der Großstadt” begibt sich mike-o-rama für uns in die Wildnis Berlins und testet ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit Imbiss-Buden, Fast-Food-Restaurants, Supermärkte und Orte, die nie ein zurechnungsfähiger Mensch gesehen hat. Seine Berichte erscheinen auch auf dem Bewertungsportal qype.de.

Foto: wrw / pixelio.de

Überleben im Dschungel der Großstadt: Asia-Wok-Armageddon

Typische Reaktion auf die Nr. 23 ( Gebratene Nudeln mit Tofu)

Als ersten Eindruck des Asia-Imbisses am S-Bahnhof Treptower Park erfasst den geneigten Gast schon vor dem etwas abweisenden Eingang eine schwer greifbare Dunstwolke – einerseits erdrückend schwer und fettlastig, andererseits so filigran, dass sie sich schon vor Betreten des Lokals unlösbar an Jacke, Hose und sogar Schuhen festsetzt und mit Gewebe, Leder, Haut sowie Haaren eine nur noch mit einer Terpentindusche auflösbare Legierung bildet.

Optisch gleicht das Gebilde einem Geräteschuppen, der entweder noch aus Zeiten der Einwanderung der Hugenotten stammt oder als Kriegbeute beim Einmarsch der Wehrmacht aus einer ukrainischen Datschenkolonie geraubt wurde. Die Inneneinrichtung hingegen braucht den Vergleich mit der Suppenküche der Polytechnischen Oberschule Lichtenberg 1959 nicht zu scheuen. Wahrscheinlich ist es auch genau diese.

Ein Vergleich der Gesamterscheinung mit Star Burger – dem ungekrönten Kaiser der Verwitterung in Weißensee – drängt sich hier geradezu zwingend auf. Ermittlungen, wonach es hierbei um dieselben Betreiber handelt verliefen aufgrund unüberbrückbarer Sprachbarrieren im Sand.

In Sachen Sauberkeit fällt sehr schnell auf, dass man das Entfernen von Fettrückständen auf der Abzugshaube und in diversen, bereits schwarz eingefärbten Ecken für völlig überbewertet hält und so ergibt sich ein deutlich schmuddeliges Gesamtbild mit leichten Ausflügen ins Siffige in Form von einer fast unmerklich über sämtlichem Mobiliar hauchdünn gelegten Fettschicht und dezent staubigen Nuancen auf den Ablageflächen. Eine leichtes Schütteln gepaart mit der Angst, etwas anzufassen begleitet den Gast während des ganzen Besuches. Für durchschnittlich 2,50 – 5,00 € für die Mahlzeiten kommt das Vergnügen hier billiger als Geisterbahn auf der Kirmes oder Saw VIII im Kino. Gruselfaktor 10 für schmales Geld.

Kulinarisch hat man es geschafft, den ohnehin niedrigen qualitätsmäßigen Standard aller fiesen Glutamathöllen Berlins noch zu unterbieten. Die bemitleidenswerte mausgraue Masse aus Fett, Glutamat, Dosensprossen und Industriehähnchen bildet schon direkt hinter dem Gaumen einen trockenen, aber dennoch zähen Klumpen, so dass ich mir gerne eine Klempnerspirale in den Hals gedreht hätte, wäre eine solche zur Hand gewesen.

Das Publikum besteht den Preisen angemessen aus der sonst vor dem S-Bahnhof ziel- und planlos herumlungernden Trinkergenossenschaft, deren ehrenwerte Mitglieder auch hier ihr mittägliches Sternburg käuflich erwerben können, wobei sie sich in ihrer Sprachkompetenz auf dem Niveau der Gastgeber bewegen, welches sinnvolle Verständigung als eher nachrangig einzustufen scheint. Eine wenig kaufmännisches Flair blitzt im Laden nur dann auf, wenn sich einer der im Umkreis des Treptower Parks tätigen Drogendealer hier sein wohlverdientes Mittagessen gönnt.

Die Frage nach dem hoffnungslosestem Ort der Hauptstadt scheint bis auf weiteres beantwortet.

In der Serie “Überleben im Dschungel der Großstadt” begibt sich mike-o-rama für uns in die Wildnis Berlins und testet ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit Imbiss-Buden, Fast-Food-Restaurants, Supermärkte und Orte, die nie ein zurechnungsfähiger Mensch gesehen hat. Seine Berichte erscheinen auch auf dem Bewertungsportal qype.de.

Foto: Günter Havlena / pixelio.de

Überleben im Dschungel der Großstadt: Star Burger

In der Serie “Überleben im Dschungel der Großstadt” begibt sich mike-o-rama für uns in die Wildnis Berlins und testet ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit Imbiss-Buden, Fast-Food-Restaurants, Supermärkte und Orte, die nie ein zurechnungsfähiger Mensch gesehen hat. Seine Berichte erscheinen auch auf dem Bewertungsportal qype.de.

Star Burger

Juten Morjen, Tristesse

Dass dieser Schuppen noch lebt, überrascht mich jedesmal wenn ich daran vorbeilaufe. Meistens trinken die üblichen Verdächtigen dort ihre Feierabend- bzw. Morgenmolle, allerdings sehe ich unfassbarerweise manchmal dort auch Leute essen.
Das Ding sieht aus als hätte man es 1990, als die Marktwirtschaft hier einzog, in der Eile errichtet und dann sich selber überlassen. Eine ständige Ausstellung im Innenbereich dokumentiert fotografisch die Aufbauarbeiten und die „Entwicklung“ im Laufe der Jahre.
Was sehen wir? Wir sehen eine verwitterte Baracke, die einen notdürftig selbstgezimmerten Eindruck hinterlässt und auf ihre Art eine Verzweiflung ausstrahlt, die man sonst nur in der Storkower Straße auf einer Linie nordwestlich des S-Bahnhofs Landsberger Allee auf Höhe des Pfenniglands vorfindet.
Man erwartet jeden Moment einen Dornenbusch vorbeiwehen und sucht vergeblich den Cowboy, der vor der Bude sitzend „Spiel mir das Lied vom Tod“ auf der Mundharmonika zum Besten gibt. Endzeit, Leute. Sie wissen es nur noch nicht.
Die Burger sind uninspiriert gewöhnlich, dafür aber im Preis ambitioniert. Man hält den Hamburger bzw. Cheeseburger dort tatsächlich für ca. 30% wertvoller als die vergleichbaren Produkte bei Burger King oder McDonalds.
Die Wahrheit tut manchmal weh, Star Burger: Vergiss es.
Auch der dort angebotene „Big Boss“, wohl eine Kampfansage an den „Big King“ oder den „Big Mäc“, startet als Tiger und endet als trauriges Stück Fleischklops mit einem durchgeweichten Häppchen Salat und einem traurigen Zwiebelhalbmond in viel zu viel Lidl-Burgersoße.
Der Gipfel der Obszönität aber ist der „Monster Burger XXL“, der aus 3 überdimensionalen Bratlingen besteht, um die aus Alibigründen ein wenig Brötchen gewickelt und in die ein Salatblättchen eingefaßt ist. Gefühlte 3 Kilo pures Fleisch à 8,40 € für echte Kerle. Okay, zugegeben, so einen Klopper suchen wir bei McDonalds und Burger King (doch doch – das Ding ist noch krasser als ein Triple Whopper) vergebens. Warum wohl?
Die Fritten sind indiskutabel und knüllen sich auf der Stelle zu einem festen Klumpen in Magen und Darm zusammen, den man nur mit Rhizinosöl, Fleckentferner oder einer Klempnerspirale aufgelöst bekommt.
Ich habe aber die böse Ahnung, dass dieses Ding mich überlebt und mir bei meiner Beerdigung einen zerknautschten „Big Boss“ als letzten Gruß ins Grab wirft, sich hämisch darüber amüsierend, dass es ihn auch in weiteren hundert Jahren geben wird. Grusel.

Foto: mike-o-rama

Überleben im Dschungel der Großstadt: Der Heldenteller

In der Serie „Überleben im Dschungel der Großstadt“ begibt sich mike-o-rama für uns in die Wildnis Berlins und testet ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit Imbiss-Buden, Fast-Food-Restaurants, Supermärkte und Orte, die nie ein zurechnungsfähiger Mensch gesehen hat. Seine Berichte erscheinen auch auf dem Bewertungsportal qype.de.

Das war chön charf!

Nach der Wurst

Am Berliner Alexanderplatz gibt es ein bonbonfarbiges Shoppingsmonstereinkaufszentrum namens Alexa. Dort verkaufen die Gebrüder Hansen oben in der Fressecke Wurst. Diese Tatsache an sich wäre gar nicht mal besonders erwähnenswert, gäbe es nicht den sog. „Heldenteller“.
Dieser besteht aus einer Currywurst, scharfer Soße (richtig scharf, nicht dönerladenscharf), Jalapenos, Killertabasco aus der Pipette (ich hatte 6 Tropfen), Pommes und einem Chilischnaps.
Bereits nach der ersten Scheibe Wurst zieht sich die Mundinnenwand reflexartig zusammen, die Körpersteuerung wähnt einen angehenden Flächenbrand und reagiert mit zusätzlichem Speichelfluß, der die Schärfe schön gleichmäßig in Mund- und Rachenraum verteilt.
Jeder weitere Biß ist purer Schmerz aus der Hölle der Qualen.
Wer glaubt, die Pommes als eine Art Toastbrot verwenden und damit den Flächenbrand eindämmen zu können, wird feststellen, dass diese schon vor Kontaktaufnahme mit der Zunge Schmerz in einer Art erzeugen, die der Behandlung einer Brandwunde mit Salz ähnelt. Flüssigkeit in jeder Form potenziert das Drama zusätzlich, sorgt allerdings für eine flächendeckende Ausbreitung des Schmerzes bis tief in den Rachen hinein.
Inzwischen fast blind vor Tränen, nahm ich die nächsten Wurststücken aus Gründen der Vitaminaufnahme mit je einer Jalapeno ein, welche, da sich nach dem dritten Stück die oberste Schicht meiner Zunge abgelöst hatte, nun auf rohes Fleisch trafen. Die Nervenenden in der Zunge sind in unendlicher Weisheit und Güte ungefähr ab diesem Zeitpunkt kollektiv abgestorben und erst Tage später nachgewachsen.
Ab der Einnahme des letzten Stückchens Wurst nahm das Gefühl von offenen Wunden in der Backeninnenseite Oberhand, was mich schon einmal darüber nachdenken ließ, wie es sich künftig mit noch mehr Öffnungen im Gesicht atmet.
Am Ende konnte ich vor lauter Tränen gar nichts mehr sehen, ein dicker Speichelfaden lief mir das Kinn herunter, ein Kind hielt mich für einen Feuermelder und wollte mich drücken. Den Chilischnaps habe ich aus Gründen der Selbsterhaltung stehen lassen, ich brauche ja noch ne Herausforderung, wenn ich mal mit den Jungs da hingehe.
Die Zunge in eine Serviette eingewickelt, um die imaginäre Blutung zu stoppen, humpelte der Held schließlich gramgebeugt aus dem Alexa, im Arm die beste Frau der Welt, die ihm bei seinem „Heldenteller“ geholfen hat.
Ja, die Gebrüder sind grundsolide Wurstbrater, deren Erzeugnisse man, wenn man z.B. den gar nicht scharfen „Mädchenteller“ nimmt, durchaus genießen kann. Der „Heldenteller“ hingegen ist auf jeden Fall was für Mutproben nie erwachsen werdender Jungs.

Foto: © M. Beßler / PIXELIO