Letzte Woche haben die Berliner in der Zeitung lesen müssen, dass Harry Lehmann gestorben ist. Harry Lehmann war eine Institution für Hauptstädter, die auf Körperpflege halten und sich nicht irgendwelches wahllos im Drogeriemarkt zusammengekauftes Zeugs ins Gesicht schmieren. Harry Lehmann war Parfümeur und betrieb ein Geschäft in der Charlottenburger Kantstraße.
Dieses Ladengeschäft tauchte sogar in diversen Reiseführern als Geheimtipp1, zum einen wegen der Original-Ladeneinrichtung aus 1958 (Herr Lehmann hielt nix von neumodischem Kram, wie man auch an der Homepage des Ladens sieht), zum anderen wegen der Geschäftspolitik: Herr Lehmann verkaufte eigene Duftkreationen, Parfums und Aftershaves, zu erstaunlichen günstigen Preisen, „Singapore Patchouly“ oder „Russisch Juchten“ hießen seine Kreationen, und sie waren – wie Herr Lehmann selbst – „Typisch Berlin“, geradlinig und eindeutig. Wenn kein Duft den Erwartungen des Kunden entsprach, konnte man sich auch ein individuelles Parfum kreieren lassen.
Herr Lehmann betrieb sein Duft-Geschäft in der dritten Generation. Großvater Eduard Lehmann hatte die Firma 1926 gegründet, Harrys Vater Lutz hatte sie bald übernommen und schließlich an Harry weitergereicht. Die Frage ist, wie es nach Harry Lehmanns Tod jetzt weitergehen kann. Im Schaufenster des Ladens steht „Vorübergehend geschlossen“, und dieser Hinweis steht auch auf der oben verlinkten Homepage. Also gibt es wohl bereits Pläne, das Geschäft fortzuführen. Ob das ohne den Spirit, den guten Geist von Herrn Lehmann funktionieren kann? Das ist die Frage.
Video-Link: https://youtu.be/Q0zmyv5bEbI
Berlin wird Harry Lehmann sehr vermissen.