[Tipp der Woche] Götter in Schwarz-Weiß – Finchers „Mank“ auf Netflix

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
Video-Link: https://youtu.be/aSfX-nrg-lI

Auf diesen Film habe ich – ungelogen – ein Jahr lang gewartet. Meine Vorfreude begann, als ich erfuhr, dass ein Regisseur, den ich sehr bewundere, nämlich David Fincher, einen Film über eins meiner Idole, den Drehbuchautor Herman L. Mankiewicz dreht. Mankiewicz ist heutzutage nur noch Film-Freaks ein Begriff. Die aber wissen, dass er im Hollywood der 30er und 40er Jahre ein Gigant war, der die Drehbücher zu mehr stilbildenden Hollywood-Filmen geschrieben und bearbeitet hat als jeder seiner Zeitgenossen. Zu Manks Kerben im Coltgriff gehören unter anderem ein paar Filme der Marx Brothers (die er auch produzierte), „Dinner at Eight“, „Pride of the Yankees“, „It’s a Wonderful World“ und „The Wizard of Oz“. Jeder Drehbuchautor hätte sich mit dem Skript zu einem dieser Filme seinen Platz im Olymp verdient, aber er hat sie gleich dutzendweise rausgehauen.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
Video-Link: https://youtu.be/8dxh3lwdOFw

Mank„, wie der Film von David Fincher sinnigerweise heißt, beschreibt die Entstehung von Mankiewiczs Meisterwerk, dem Drehbuch zu „Citizen Kane„, einem der faszinierendsten, einflussreichsten Filme der Filmgeschichte überhaupt. Und „Mank“ benutzt die gleiche, verschachtelte Erzählweise in Rückblenden, mit der Mankiewicz und Welles in „Citizen Kane“ die Filmsprache für immer veränderten, um die Geschichte eines Ausnahme-Drehbuchautors zu erzählen, der keiner sein wollte. Der das Metier, in dem er so gut war wie kein zweiter, zutiefst verachtete und sich selbst zur Ikone des Scheiterns stilisierte. „Mank“ ist ein faszinierend komplexes Porträt eines schwierigen, genialen Menschen, der wohl auch sich selbst zeitlebens ein Fremder geblieben ist.

Die Geschichte beginnt, wenn „Mank“ mit dem Drehbuch zu Kane anfängt. Der Mann war damals schon auf dem absteigenden Ast, sein Alkoholismus gepaart mit seinem losen Mundwerk hatten ihn in Hollywood isoliert. Welles ging volles Risiko, den geächteten Mankiewicz für sein Filmdebüt zu engagieren, und Mankiewicz ging volles Risiko, als er das Drehbuch schrieb und mit dem Finger auf WIlliam Randolph Hearst zeigte, einen autoritären Medienmogul, der mit seinen zahllosen Zeitungen und Radiosendern nicht nur Hollywood sondern das ganze Land kontrollierte. Mankiewicz zeigte, wozu es führt, wenn die Politik die Filmkunst intrumentalisiert, und plötzlich hat uns Fincher in die Gegenwart katapultiert: die Parallelen zur populistischen Donald-Trump-Show sind unübersehbar.

„Mank“ ist also nicht nur eine Tour de Force der Filmgeschichte, trotzdem kriegen wir so ziemlich jeden zu sehen, der im Hollywood der Dreißiger Jahre etwas zu sagen hatte. Und schließlich ist „Mank“ auch ein Feuerwerk der messerscharfen One-Liner. Kunststück. Niemand hat die so herausgeschossen wie Mankiewicz. Damals, in der goldenen, schlimmen Zeit Hollywoods.

„Mank“ kann man seit letzten Freitag auf Netflix streamen.

Markiert mit Citizen Kane, Film, Golden Age, Hollywood, Kino.Speichern des Permalinks.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bitte nicht wundern: nach dem Absenden verschwindet Dein Kommentar einfach und wird erst nach Freischaltung durch uns sichtbar -- also nicht mehrfach absenden!