[Männeressen] Der Charme der Kindheit: Krautshäuptchen

Es gibt so Lieblingsessen, die aus vollem Halse „Kindheit! Heimat! Wohlfühlen!“ schreien, wenn sie vor einen hingestellt werden. Bei mir sind das die Krautshäuptchen, eine wunderbare Deftigkeit, die in der nordhessischen Ecke, in der ich aufgewachsen bin, des öfteren auf den Tisch kommt. Krautshäuptchen ist ein im Prinzip sehr einfacher Auflauf aus Weißkohl und Hackfleisch, der am Besten mit mehligen Kartoffeln (Bratkartoffeln, wie auf dem Foto links, gehen natürlich auch, Bratkartoffeln gehen immer) und ’ner schönen Senfsauce schmeckt. Beim Kochen kann praktisch nichts schiefgehen, Krautshäuptchen ist eins der idiotensichersten Gerichte, die ich kenne. Also genau das Richtige für mich.

Wie immer gehen wir zuerst einkaufen. Für 3 bis 4 Personen brauchen wir:

1 Pfund Hackfleisch1
1 Kopf Weißkohl (geputzt die drei- bis vierfache Menge vom Hackfleisch)
1 Brötchen
2 Eier
Schmand oder Creme Fraiche (für die Senfsauce)
Senf
Kartoffeln

Das war’s auch schon. Den Rest – Butter, Zwiebel, Gemüsebrühe, Semmelbrösel, Mehl, Kümmel, Muskatnuss, Salz, Pfeffer und natürlich KüBi2 habt ihr bestimmt im Vorrat. Es kann also losgehen!

Wie immer beginnen wir mit dem sinnigen Antrunk eines KüBi, um uns für das Folgende zu stärken. Dann weichen wir das Brötchen ein, befreien den Weißkohl vom Strunk und den dicken äußeren Blättern und schneiden ihn in Viertel oder Achtel. Um zu beweisen, dass wir Multi-Tasking-fähig sind, schneiden oder Hobel wir den Kohl jetzt in nicht zu feine Streifen, während wir gleichzeitig das Brötchen beim Einweichen überwachen und weiter Bier trinken. Zeitgleich haben wir einen Topf mit Salzwasser aufgesetzt, in dem wir den Kohl fünf bis zehn Minuten blanchieren, bis er weich ist. Dann gießen wir ihn in ein Sieb ab und lassen ihn etwas abkühlen.

Den Cooldown des Kohls nutzen wir, um unseren Hackfleischteig zuzubereiten. Das eingeweichte Brötchen gut ausdrücken, mit dem Hackfleisch, etwas Senf, Salz und Pfeffer zu einer Art lockeren Boulettenteig verkneten. Mit dem abgekühlten Kohl und etwas angemörsertem Kümmel3vermischen. Jetzt kommt’s auf eure Küchenausstattung an. In Nordhessen wurden früher die Krautshäuptchen in Formen aus Steingut gemacht, die gibt’s aber nicht mehr. Ersatzweise kann man eine Puddingform oder eine Gugelhupf-Form nehmen. Wenn beides nicht vorhanden ist, tut’s auch eine einfache Auflaufform. Welche Form ihr auch an den Start bringt, sie muss innen großzügig gebuttert und mit Semmelbrösel ausgestreut werden. Dann kommt die Kohl-Hackfleisch-Masse hinein. Wenn ihr mit einer Puddingform arbeitet, wird die jetzt zugemacht und kommt für ein Stündchen ins köchlende Wasserbad. Guglhupf- oder Auflaufform werden in den auf 180 Grad vorgeheizten Ofen verfrachtet, die Puddingform 1eine Stunde lang, die flache Auflaufform braucht nur 45 Minuten.

Die entstandene Wartezeit nutzen wir sinnvoll. Zunächst einmal öffnen wir ein frisches KüBi und bekämpfen eine mögliche Unterhopfung, anschließend bereiten wir die Senfauce zu. Dafür lassen wir in einer Pfanne ein bis zwei Esslöffel Butter aus und schwitzen eine Zwiebel glasig. Dann geben wir ein bis zwei Esslöffel Mehl dazu, schwitzen das durch, bis wir so eine teigige Masse in der Pfanne haben und löschen dann mit heißer Gemüsebrühe ab. Ordentlich rühren, damit’s keine Klümpchen gibt. Das lassen wir jetzt zehn Minuten kochen, damit der Mehlgeschmack sich verflüchtigt. Zum Zweitvertreib reiben wir etwas frische Muskatnuss hinein, lassen dann das ganze etwas abkühlen und rühren dann den Schmand hinein. Das dient der Optik. Man kann den Schmand auch in die kochende Sauce geben, aber dann flockt’s ein bisschen aus und sieht nicht so gut aus. Um aus der Sahnesauce eine Senfsauce zu machen, fehlt nur noch Senf, deshalb rühren wir ihn jetzt hinein4. Jetzt können wir auch die KArtoffeln aufsetzen, denn langsam dürften die Krautshäuptchen fertig sein. Wenn wir die einfache Auflaufform genommen haben, bringen wir die so auf den Tisch, und jeder nimmt sich mit dem Löffel.

Haben wir Pudding- oder Guglhupfform benutzt, wird das ganze natürlich auf eine Platte gestürzt, das sieht dann (hoffentlich) so aus:

So bringen wir’s zu Tisch, schneiden die Herrlichkeit in Scheiben und essen’s mit den Kartoffeln und der Senfsauce. Getränkemäßig kann man beim Bier bleiben, aber ein Weißwein mut ordentlich Muskeln geht auch.

Kenner behalten übrigens ein paar Scheiben Krautshäuptchen zurück. Die werden am nächsten Tag in der Pfanne braun gebraten.

Schmeckt sogar noch besser. Kindheit! Heimat! Wohlgefühl! Mahlzeit.

  1. Entweder Halb Rind, Halb Schwein, oder, wenn man den GEschmack mag, nur vom Schwein. Rindergehacktes solo ist meist zu trocken.
  2. Küchen-Bier
  3. Kann man auch weglassen.
  4. Ich nehm mittelscharfen Senf, aber körniger Dijonsenf oder scharfer Senf geht auch, ist Geschmackssache.
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7 Antworten zu [Männeressen] Der Charme der Kindheit: Krautshäuptchen

  1. AvatarRobert Hill sagt:

    Bist Du Hellseher? Das Rezept suche ich schon seit Jahren, wusste aber nicht, wie das Gericht heißt.

    Meine Oma sagte immer Krautkuchen dazu.

  2. AvatarThomas sagt:

    Tolles Rezept, dieses Gericht kannte ich in der Form noch nicht. Die Kombination von Kraut und Hackfleisch mag ich sehr gerne. Das wird bei Gelegenheit nachgekocht, vielen Dank für den Tipp.

  3. AvatarStefan R. sagt:

    Damit Schmand (oder auch saure Sahne mit 10 % Fett) nicht ausflockt, arbeitet man in Österreich mit dem so genannten ‚Gmachtl‘: Schmand/saurer Sahne mit Mehl/Speisestärke in einer separarten Schüssel glattrühren, Kelle kochend heißer Flüssigkeit dazu, verquirlen und so quasi temperieren. Gibt man das in den Topf, flockt da nichts mehr (ausführlich nachzulesen hier).

    • Chris KurbjuhnChris Kurbjuhn sagt:

      Die Sahne flockt aus, wenn sie kalt in die kochende Flüssigkeit gerührt wird. Das Gmachtl benutze ich auch, wenn ich z. B. ein Ragout durchfetten will, wo feststoffliche Dinge das rasche unterrühren der Sahne erschwert. Für Saucen ist meine Methode (Sauce kurz abkühlen lassen, Sahne schnell unterrühren, wieder aufkochen) IMHO einen Tick unkomplizierter.

  4. Pingback:Gedankenloser Stolz, ein lebensrettender Anruf und 20 Jahre Bergkamp-Tor – die Links der Woche vom 25.2. – 3.3. | Männer unter sich

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