[Summer of Steve] Mehr als Action: The Getaway

Auch fast 40 Jahre nach seinem letzten Film bewegt Steve McQueen immer noch die Menschen, die seine Filme anschauen. Kaum ein anderer Schauspieler hat eine derart treue Fan-Gemeinde, kaum ein anderer Schauspieler gewinnt auch Jahrzehnte nach seinem Tod noch dermaßen viele neue Fans hinzu. Woran liegt‘s? An seiner mittlerweile sprichwörtlichen Coolness? An den Figuren, die er spielte, den Lonern, die nur auf sich selbst vertrauten? Daran, dass Kerle wie er so selten geworden sind? In unserer Serie „Summer of Steve“ machen wir uns auf die Suche nach McQueens Geheimnis.

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Video-Link: https://youtu.be/-A8UaQA7VZ8

MCQueen, McGraw und Peckinpah… was für eine Mischung!

Es ist sicherlich diskussionswürdig, ob Steve McQueen der coolste Schauspieler (ever) ist, und ob „The Getaway“ der beste seiner Karriere ist. Für mich trifft beides zu.

Wenn man meiner Einschätzung nun folgen mag, dann ist nicht nur Steve McQueen der Garant für diesen Meilenstein der Filmgeschichte, sondern auch die Regie von Sam Peckinpah.

Dieser Film ist eine Lektion für die Symbiose von Schauspielkunst und Bildsprache. Ein Film, wie gemalt. Manchmal (gewollt) in häßlichen Farben – aber immer im Sinne des Narratives und getragen durch Steve McQueen, der hier auf dem Höhepunkt seines Charismas agierte (cooler war er nie vorher oder nachher, gerade durch die Zerbrochenheit seiner Rolle). McQueen und Peckinpah, waren zwei Puzzlestücke, die ineinander griffen.

Bereits die Anfangssequenz sollte jedem angehenden Filmschaffenden als Lehrstück dienen: Käuende Rehe, die vor dem Gefängnistrakt äsen, als Metapher der Freiheit.

Dann die frustierende Ablehnung der Verkürzung der Haftzeit, die vom ewigen Rythmus einer Maschine begleitend wird. Dieser Rhythmus der Maschine wird mir ewig in Erinnerung bleiben. Dieser zermürbende Rhythmus verfolgt mich immer, wenn ich an Getaway denke…

Die Erinnerung an Zärtlichkeit, perforiert, durch den Rythmus der Maschinen. Das ist wirlich großes Kino! Wir sind immerhin noch in der Eingangssequenz! Gänsehaut! Arbeitsdienst im Knast, während die Liebe draußen wartet…

Könnte Sehnsucht größer sein? Das Ganze kumuliert in der Szene, in dem er eine Brücke aus Streichhölzern (offensichtlich langwierig und mühselig erbaut) im Frust zerstört. Wir folgen einem Charakter, von McQueen phantastisch interpretiert, der sich, offensichtlich schuldig gemacht, trotzdem gefühlt deplaziert ist. Ein Freigeist in Ketten. Ein Mensch, der Sehnsüchte hat, der Liebe erfahren hat, aber hinter Gittern lediglich die Sehnsucht als Anker für das Durchhalten hat. Der sprichwörtilche Tiger, der für die Freiheit geboren wurde und zwischen Gittern hin und her läuft. Ja, es gibt einige Parallelen zu Papillion, obwohl der Strafvollzug bei Getaway sozusagen nur der Prolog ist, bei Papillion aber den Hauptteil ausmacht.

Es wird nie in Frage gestellt, dass sein Charakter schuldig im Sinne des Gesetzes ist. In Frage gestellt, wird die Humanität des Strafvollzuges. Die Entmenschlichung. Und der Film macht den Betrachter des Films zum Komplizen. Man will als Zuschauer den von McQueen verkörperten Charakter nicht im Knast sehen. Man will, ob schuldig oder nicht, McQueen dabei zusehen, wie er ‚in freier Wildbahn‘ sein Potential ausschöpft. Und, ja – soviel sei vorweggenommen – man wird nicht enttäuscht werden.

Nach dem sich seine Freundin (Ali McGraw) auf einen Deal eingelassen hat, wird McQueens Charakter frei gelassen. Ein Park mit Teich wird inszeniert, wie das Paradies. Für eine Häftling, der zuvor jahrelang weggesperrt wurde, ein Overflow an Freiheit, mitsamt Sonnenschein, spielenden Kindern und dem fast schon reaktionär anmutenden Sprung ins Nass.

Darauf folgt eine herrliche Brechung, des omnipotenten Helden. Das ist wirklich großes Kino! Ein Held mit sexuellen Selbstzweifeln! 1972!

Und das sind dann nur die ersten 20. Minuten, eines knapp 2 Stunden langen Filmes! Was folgt ist eine Tour de Fource. Ich will nicht weiter spoilern, bis auf folgendes: Steve ohrfeigt Ali! Geht eigentlich gar nicht. Heute würde das niemals den Schnitt überleben. Aber es dient der Charakterzeichnung von Steves Rolle. Er ist halt nicht nicht der ‚Nice Guy’… Und eine weitere Szene in einer Schrottpresse könnte durchaus als Vorlage für einen späteren Star Wars Film dienen…

Obwohl ich auf dem Filmbeginnn Bezug nahm, ist das Nachfolgende nicht minder sehenswert. Mehr als im bereits besprochenem ‚Bullit‘ werden im weiteren Verlauf des Filmes Schrotlladungen nicht allzu geizig verteilt…

Aber, dies ist kein Action-Film. Hier wird weit viel mehr erzählt und nachvollziehbar gemacht, als im Genre üblich. Abschießend sei gesagt und geschrieben, dass kein Film mehr den Mythos des ‚King of Cool‘ für mich geprägt hat als dieser. Diesen Film sollte man gesehen haben, bevor man stirbt…

Funfact: Steve McQueen und Ali MCGraw lernten sich bei den Dreharbeiten kennen, und lieben(?). Beide waren von 1973 bis 1978 miteinander verheiratet…

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