Das männliche Zitat der Woche (LV): Otto von Bismarck

Bild aus Bismarck. Des eisernen Kanzlers Leben in annähernd 200 seltenen Bildern nebst einer Einführung. Herausgegeben von Walter Stein. Im Jahre des 100. Geburtstags Bismarcks und des großen Krieges 1915. Hermann Montanus, Verlagsbuchhandlung Siegen und Leipzig [CC BY-SA 3.0]

„Einen wirklich großen Mann erkennt man an drei Dingen: Großzügigkeit im Entwurf, Menschlichkeit in der Ausführung und Mäßigkeit beim Erfolg. (Großzügig in der Planung und menschlich, human bei der Durchsetzung: das allein ist schon der näheren Betrachtung wert. Der Mensch, hier steht er im Mittelpunkt, hier ist er der Mittler zwischen Entwurf und Gelingen! Und dann: Maßhalten im Erfolg. Wie viele knallen durch, wenn sie auf der Erfolgsleiter weit oben angelangt sind!)“

Otto von Bismarck

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4 Antworten zu Das männliche Zitat der Woche (LV): Otto von Bismarck

  1. AvatarMax sagt:

    Dem ist nichts hinzuzufügen. Diesen Satz sollten sich vor allem Führungskräfte durchlesen…und danach handeln.

  2. AvatarNarf sagt:

    „Was war infolgedessen – für die uns hier interessierenden Seiten der Sache – Bismarcks politisches Erbe? Er hinterließ eine Nation ohne alle und jede politische Erziehung, tief unter dem Niveau, welches sie in dieser Hinsicht zwanzig Jahre vorher bereits erreicht hatte. Und vor allem eine Nation ohne allen und jeden politischen Willen, gewohnt, daß der große Staatsmann an ihrer Spitze für sie die Politik schon besorgen werde. Und ferner, als Folge der mißbräuchlichen Benutzung des monarchischen Gefühls als Deckschild eigener Machtinteressen im politischen Parteikampf, eine Nation, daran gewöhnt, unter der Firma der »monarchischen Regierung« fatalistisch über sich ergehen zu lassen, was man über sie beschloß, ohne Kritik an der politischen Qualifikation derjenigen, welche sich nunmehr auf Bismarcks leergelassenen Sessel niederließen und mit erstaunlicher Unbefangenheit die Zügel der Regierung in die Hand nahmen. An diesem Punkt lag der bei weitem schwerste Schaden. Eine politische Tradition dagegen hinterließ der große Staatsmann überhaupt nicht. Innerlich selbständige Köpfe und vollends Charaktere hatte er weder herangezogen, noch auch nur ertragen.“

    Max Weber

  3. Weber ist zuzustimmen. Bismarck als Politiker war eine höchst zwiespältige Gestalt und hat jede Menge Schaden angerichtet. Als Produzent geflügelter Worte war er m. E. wesentlich besser. Und da wären wir bei einer ganz spannenden Frage: Verlieren derartige Zitate an inhaltlicher Qualität, wenn sie geheuchelt wurden?

  4. AvatarCaptain Greybeard sagt:

    Weber ist bedingt zuzustimmen. Bismarck richtete in der Tat innenpolitisch einigen Flurschaden an. Der Kulturkampf gegen die Katholische Kirche und die Sozialistengesetze sind hier zu nennen, doch hatte er auch Erfolge vorzuweisen.

    Dazu zählen z. B. die wohl fortschrittlichste Sozialgesetzgebung der damaligen Zeit, mit Lohnfortzahlung bei Krankheit, Versicherungsleistungen bei Unfällen und unverschuldeter Arbeitslosigkeit zu einer Zeit, als der sogen. Manchester-Kapitalismus mit der rücksichtslosen Ausbeutung der Arbeitnehmer noch fröhliche Urständ feierte.

    Außenpolitisch hatte er die territoriale und politische Einigung des Deutschen Reiches vollzogen, ohne dabei ganz Europa in einen Krieg zu stürzen. Mit viel Fingerspitzengefühl und Diplomatie hatte er ein Bündnissystem geschaffen, in dem sich die vier anderen europäischen Großmächte England, Frankreich, Russland und Österreich-Ungarn die Waage hielten und sich nicht in einer verhängnisvollen Dreierkonstellation gegen das Deutsche Reich verbündeten.

    Dass seine Nachfolger in der Reichskanzlei und ganz besonders Kaiser Wilhelm II. nicht verstanden, dass verbale Provokationen, Drohgebärden und verstärkte militärische Aufrüstung wie die Flottenbauprogramme von Tirpitz und Wilhelm II. den Frieden in Europa nicht sicherer machten, sondern extrem brüchig werden ließen, liegt nicht in Bismarcks Verantwortung; er hatte im Gegenteil immer wieder davor gewarnt und war u. a. deshalb von Wilhelm II. schließlich entlassen worden.

    Ja, Bismarck war eine zwiespältige Persönlichkeit der deutschen Geschichte, aber mit Sicherheit der wohl mit Abstand bedeutendste deutsche Politiker der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Persönlich war er gleichzeitig integer, dem preußischen König und späteren deutschen Kaiser Wilhelm I. gegenüber absolut loyal und dabei doch völlig skrupellos in der Wahl der Mittel zur Durchsetzung seiner politischen Agenda. So schreckte er auch vor der Verbreitung von Verleumdungen, der massiven Beeinflussung der Presse und vor Bestechung mit Geldern aus schwarzen Kassen („Reptilienfonds“) nicht zurück, als es z. B. 1866 um die Auflösung des Königreichs Hannover und 1871 um die Zustimmung der deutschen Fürsten zur Reichsgründung ging.

    Bismarck war wohl ein erzkonservativer, eigentlich schon reaktionärer Politiker, der dennoch nichts weniger vollbrachte, als Preußen und die deutschen Fürstentümer, von den Reaktionären des Wiener Kongresses 1815 nach ihren Vorstellungen aus der Zeit des Absolutismus wiederhergestellt, um die Errungenschaften der Französischen Revolution rückgängig zu machen, zu revolutionieren und zu vereinen. Es ist schon bizarr, dass ausgerechnet der Mann, der Preußen als Königreich retten wollte, es im Deutschen Reich aufgehen (und damit de facto untergehen) ließ, dass ausgerechnet eine der elitärsten Politiker seiner Zeit gleichzeitig so sehr auch um das Wohl der „kleinen Leute“, der arbeitenden Bevölkerung bemüht war. Die Bemühungen entsprangen nicht Bismarcks Edelmut, sondern der Einsicht in politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Notwendigkeiten, denn Arbeiter und Angestellte, denen es materiell gut geht und die einen gewissen Lebensstandard haben, den sie sich bewahren oder den sie sogar steigern wollen, revoltieren nicht.

    Man sollte bei der Beurteilung der historischen Persönlichkeit Bismarcks übrigens nicht vergessen, dass im 19. Jahrhundert die Idee des Nationalstaats als durchaus progressiv galt und unsere heutige Skepsis gegenüber Nationalstolz und nationalen Gefühlen aus den schlimmen Erfahrungen der Nach-Bismarckschen Zeit rührt, von der Kolonialisierung Afrikas und Asiens über den furchtbaren Grabenkrieg 1914-18 bis hin zu den Vernichtungslagern der Nazizeit.

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