Was ist „Everyday Carry“ (EDC) und was hat es mit NassRasur.com zu tun?

Foto by Warraqeen (Own work) [CC0], via Wikimedia Commons

Der Begriff „Everyday Carry“ entstammt dem englischsprachigen Raum und bedeutet holprig übersetzt „alltäglich Mitgeführtes“, also Dinge, die man immer dabei trägt. Und zwar wirklich ganz bei sich am Körper, in den (Hosen)-Taschen oder dem immer mitgeführten Rucksack, also stets „am Mann“. Natürlich gibt es auch Frauen, die sich für EDC interessieren, aber die spleenige Beschäftigung und technische Begeisterung ist zumeist typisch männlich. Was übrigens den zweiten Teil der Frage in der Überschrift beantwortet, denn unser Claim ist ja „NassRasur.com – Alles was Mann braucht“.

Ganz streng genommen handelt es sich um möglichst kleine, leichte und portable Gegenstände aus den Bereichen Werkzeuge (tools), Nützliches (utilities) und Spielereien (gadgets, fidgets). Eine sehr gute Beschreibung ist auch: „Dinge, ohne die man sich gewissermaßen nackt fühlt, wenn man sie einmal nicht dabei hat.“ – denn man könnte sie genau dann brauchen! Das ist übrigens die universelle Rechtfertigung, warum man dies oder jenes mitführt: man könnte in eine Situation kommen, in der man es braucht! Gerade der „gewöhnliche Städter im Großstadt-Dschungel“ genießt das Gefühl, allzeit gewappnet zu sein. Und bei aller Häme, die Außenstehende gern verteilen, wenn Sie sehen, was man bei sich trägt: die Hilfe beim Reparieren eines Defekts, das Öffnen einer Frustverpackung oder das Leuchten beim Suchen des nachts fallengelassenen Schlüsselbunds hinterlässt in der Regel eine tiefe Einsicht, dass das doch gar nicht so „blöd“ und übertrieben ist.

EDC beschreibt sowohl die Gesamtheit der speziell für diesen Zweck gedachten oder geeigneten Gegenstände, das tägliche Bei-sich-Tragen derselben, als auch das Hobby, sich mit diesen Objekten zu beschäftigen und seine Sammlung immer weiter bezüglich der eigenen Vorlieben und Bedürfnisse zu vervollkommnen. Dabei wird nicht jeder Gegenstand, den man immer dabei hat, automatisch zum Bereich EDC gerechnet, aber die Grenze ist fließend. Vielleicht ein paar Beispiele für typische EDC-Gegenstände und Dinge, die üblicherweise nicht dazu gezählt werden:

Typische EDC-Gegenstände
Taschenmesser und Multifunktionsmesser, Multi-Tools, Taschenlampen (oft klein und leicht, gern am Schlüsselbund), Key-Organizer (Produkte zum Ordnen von Schlüsseln), Flaschenöffner, individuell nützliche Spezialtools wie kompaktes Fahrradwerkzeug, Bits und -halter, winziger Kuhfuß (prybar) zum Ziehen von Nägeln oder Aufhebeln von z.B. Farbdosen, Geld- und Kartenbörsen mit Zusatznutzen (Tools, RFID-Abschirmung etc.), Seile (üblicherweise Paracord, gern in kunstvoll geflochtener Form und mit metallenen Schmuckabschlüssen versehen als Anhänger, Armband, Messergriff etc.), Notfall-Schreibmaterial (gern „Tactical Pens“ mit Selbstverteidigungsnutzen oder Stifte, die fast immer und überall schreiben, kleiner Block aus wasserfestem Papier), besondere Feuerzeuge, persönliche Glücksbringer (oft alte Münzen oder andere Handschmeichler) und Dinge zum Beschäftigen nervöser Hände (sog. Fidget Tools, dazu nächste Woche mehr!) sowie Gegenstände zum Organisieren des EDC-Equipments (Kleinteiltaschen und Holster, Karabiner, Haken, Schlüsselringe, Hosenclips, usw.)

Dinge, die (ein wenig am Rande) mit zum EDC-Inventar gezählt werden
Armbanduhr, digitale Kleinstgeräte mit großer Bedeutung für das tägliche Leben (Smartphone, kleine Kamera), ein wertigerer Ersatz für Einwegbesteck (also z.B. ein Bestecktaschenmesser oder ein Spork), ultraportable Lesehilfen und Lupen, Mini-Kits rund um Notfall und/oder Erste Hilfe (Signalgeber, Pflaster, Wunddesinfektion).

Kein EDC, auch wenn man es täglich trägt
Ehering, normaler Schmuck, Geld, normale Brille oder Kontaktlinsen, Kleidungsstücke, Genuss- und Nahrungsmittel wie Kaugummis, Zigaretten, Bonbons etc.

Verwandt — aber streng abzugrenzen — sind größere und nur bei bestimmten Anlässen mitgeführte Gegenstände wie große Hochleistungstaschenlampen, eher unhandliche oder spezielle Survival- und Outdoor-Produkte (Campingkocher, Wasserdesinfektion, Schlafsack, Zelt, Tools zum Feuermachen in der Wildnis, umfangreiche erste Hilfe usw.). Insofern trennt sich der EDC-Tascheninhalt ziemlich klar von der Reisetasche oder dem „bug out bag“ (Flucht- und Notfallrucksack).

Die Auswahl erfolgt generell in Richtung eher hochwertiger, robuster und ästhetischer Produkte mit Mehrfachnutzen und Kultfaktor — oft entweder bewährte Produkte führender Marken oder Kleinserien spezialisierter Manufakturen. Vorherrschend sind Metalle (besonders Edelstahl, Messing, Bronze und Kupfer sowie Aluminium und Titan) wegen ihrer kühlen Ästhetik, Haltbarkeit und Haptik, gelegentlich kombiniert mit Holz, Leder oder extrem haltbaren Geweben, aber auch dann in der Wirkung überwiegend technisch und industriell. Andere Naturmaterialien, organische Formen und einfaches „Plastik“ sind extrem selten. Um die Individualität zu unterstreichen, werden gerne „maßgeschneiderte“ Dinge getragen, z.B. Custom-Anfertigungen von Messern und Tools, oder durch Veränderung aufgewertete oder zumindest individualisierte Teile. Da werden Trageriemen angeflochten, Metallteile beschichtet oder mit Patina-Tricks künstlich gealtert, Werkzeugteile verändert oder anders kombiniert.

Der Trend, sich hobbymäßig mit der Auswahl und Zusammenstellung (und ggf. dem „Tuning“) des eigenen EDC-Equipments zu beschäftigen kommt vor allem aus den USA und daher stammen auch viele entsprechende Produkte. Die EDC-Fans dort sind ähnlich leidenschaftlich organisiert wie die Fans der klassischen Nassrasur und da kommen wir zu weiteren Gründen für NassRasur.com, sich mit EDC zu beschäftigen: die Begeisterung für scharfe Dinge, für Metall und robuste, funktionierende Werkzeuge schlummert ja auch in vielen Nassrasur-Fans und nicht wenige betreiben systematisch EDC (bewusst oder unbewusst, einfach ‚mal die Taschen leeren!). Auch die Hilfsbereitschaft für Neulinge, das Teilen der Erfahrungen, Tipps und Anleitungen – es gibt viele Parallelen. Und genau wie die Nassrasur-Foristi sehr gern Bilder ihrer Sammlungen oder der Zusammensetzung ihrer „Rasur des Tages“ mit anderen teilen, zeigen auch die EDC-Fans sehr gern Bilder ihres momentanen Equipments öffentlich (ähnlich wie das Bild oben).

Bei diesen Bildern tauchen gelegentlich und eher als Ausnahme Gegenstände auf, die man schwer als EDC oder Nicht-EDC einordnen kann, die aber aufgrund der besonderen Bedeutung für den Träger und sein (Über-)Leben zu seiner gezeigten EDC-„Visitenkarte“ gehören. Das kann der unverzichtbare Inhalator sein, eine Mundharmonika, ein Amulett oder sonst ein Ding, das für seinen Besitzer unverzichtbares Detail seines Alltags ist. EDC ist sehr persönlich und individuell.

Man sollte sich aber immer im Klaren sein, dass man mit dem getragenen (und in Bildern geteilten) EDC auch ein Statement setzt. EDC sollte eigentlich streng unpolitisch sein, ein Partei-Button oder Symbole von Gruppierungen, Aufkleber mit Parolen etc. sind in den Bildern verpönt. Problematisch wird es mit Waffen und ähnlichen Gegenständen. Was bei uns sicher viele irritiert, aber einfach Ausdruck der Einstellung vieler Amerikaner zur Selbstverteidigung ist: viele dortige EDC-Fans haben in ihren Bildern zwischen den üblichen Gegenständen plötzlich eine kompakte Schusswaffe liegen, einen hier verbotenen Schlagring oder in Deutschland führungsbeschränkte Messer. Das sollte aber niemanden abhalten, sich mit dem spannenden Thema EDC auseinanderzusetzen, man muss es ja nicht ähnlich martialisch nachahmen und sollte sich in den Bildern und beim Tragen streng an die hier geltenden rechtlichen Regeln halten.

NassRasur.com ist eine der bekanntesten und größten Plattformen und Communities für klassische Nassrasur weltweit und wir möchten auch ein wichtiger Treffpunkt für die deutschsprachige EDC-Community werden (und uns mit ihr freundschaftlich verbinden), mit einem eigenen Bereich in unserem Forum, mit ausgewählten Produkten (ab sofort haben wir eine stetig wachsende EDC-Rubrik in unserem Shop) und mit Beiträgen hier im Blog.

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Eine Antwort zu Was ist „Everyday Carry“ (EDC) und was hat es mit NassRasur.com zu tun?

  1. AvatarTilman sagt:

    Der kluge Schwabe trägt ein „Strickle“ bei sich, d.i. ein kurzes Stück Schnur. Dem Gitarristen ist ein Plektrum unverzichtbar.

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