Vive le unangenehme Tatsachen – Turnier-Tagebuch Tag 9

Frankreich ist deutlich näher als Brasilien, trotzdem haben wir auch bei diesem Turnier keinen Sonderkorrespondenten vor Ort. Wir verfolgen die Spiele vor dem Fernseher. Zuhause, in der Kneipe, bei den Public Viewings, überall da, wo Männer sich treffen, die den Fußball lieben und leben. Wie bei jedem Turnier führt Chris Kurbjuhn spieltäglich ein Turnier-Tagebuch mit Kommentaren, Anekdoten, dummem Fußballzeugs und Erinnerungen an frühere Turniere. Football, bloody hell!

Zwei unangenehme Tatsachen hat der gestrige Turniertag bestätigt: Zum einen, dass Spanien in absoluter Topform ist und dieses Turnier mit aller Macht gewinnen will. Gegen die wird’s für jede Mannschaft furchtbar schwer. Zum anderen, dass auch der Azzurro gewillt ist, Ernst zu machen. Mit dem sattsam bekannten Programm: frechen, defensiven Nihilismus anbieten, bis der Gegner so entnervt ist, dass ihm eine kleine Unachtsamkeit unterläuft, auf die Italien 90, wenn’s sein muss 120 Minuten geduldig wartet, um sie mit tödlicher Sicherheit auszunutzen. Widerlich. Einfach widerlich.So hat Italien unsere Mannschaft 2006 fertig gemacht (Es ist zehn Jahre her, aber wenn ich an dem Biergarten vorbeifahre, wo ich 2006 das Halbfinale gesehen habe, habe ich immer noch sofort die Bilder aus diesem Spiel vor Augen.), so haben sie gestern den Schweden den Zahn gezogen. So werden noch eine Reihe Zähne den Weg dieser Truppe in diesem Turnier markieren. Wenn ich richtig gerechnet habe, wir am Dienstag die Nordiren schlagen und dann immer noch das bessere Torverhältnis haben, steht uns die Wurzelbehandlung im Viertelfinale bevor.

Und wenn sich bis dahin nichts Entscheidendes ändert, war’s das für uns. Der Start des deutschen Teams erinnert mich mittlerweile fatal an die 74er WM. Da startete auch ein Team ins Turnier, dass als extrem spielstark galt, dann aber Probleme bekam. Bei einigen Protagonisten fehlte die Form, bei anderen der Einsatzwillen, das traumhafte Kombinationsspiel, dass die gleiche Mannschaft zwei Jahre zuvor im Schlaf abspulen konnte, war nicht machbar. Damals kam die Mannschaft über Kampf und Willen zurück ins Turnier und holte auf der letzten Zündkerze den Titel, in diesem Turnier wird’s schwer, weil auf dem Platz ein echte Autorität fehlt. Je länger ich darüber nachdenke, um so deutlicher werden die Parallelen. 1974 hatte sich keiner darüber Gedanken macht, wie Netzer zu ersetzen war. Bei uns hat man seit zwei Jahren keinen Gedanken daran verschwendet, wie Philipp Lahm zu ersetzen ist. Einer wie Lahm fehlt der deutschen Mannschaft. Jemand, der auf dem Platz merkt, dass es nicht läuft und eigenverantwortlich die Initiative ergreift, das Risiko und das Tempo erhöht. Tja. Wird schwer. Vor allen Dingen gegen die unangenehmen Tatsachen.

Aber das ist Zukunftsmusik. Schauen wir heute lieber mal, ob CR7 ins Turnier findet. Bisher war er im Nike-Clip besser. Für mich der beste Nike-Clip aller Zeiten.

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Video-Link: https://youtu.be/scWpXEYZEGk

Meine Tipps für heute:
Belgien – Irland 1:1
Island – Ungarn 2:2
Portugal – Österreich 2:1

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