Vor der Tour – Thema Motordoping

Motordoping hat im Radsport eine lange Tradition. Besonders bei der Tour de France ging es schon früh deftig zur Sache. Bereits 1904 flogen die Fetzen. Barrikaden auf der Straße, Nägel um die Reifen zu plätten und per Motor wollten die Fahrer schon damals schneller zum Sieg in Paris kommen.

Nach dem Premierenerfolg 1903 kam die Tour ihrer endgültigen Einstellung nie näher als als bei der zweiten Austragung 1904. Alle Etappensieger wurden disqualifiziert, weil sie sich von Autos hatten ziehen lassen. Die ersten vier des Gesamtklassements flogen ebenfalls. Sie hatten per Bahn abgekürzt.

Von externer Unterstützung (Auto, Eisenbahn) wurde die Strategie dann auf internes Doping umgestellt. Sprich: Die Fahrer futterten oder spritzen leistungssteigernde Medikamente. Zurzeit tritt das interne Doping in einer neuen Variante zu Tage. Nicht mehr die Fahrer werden per Pille auf Touren gebracht, sondern die Räder bekommen versteckten Boost per Elektromotor oder in der aktuellsten Variante per Induktion im Hinterrad.

Die Technik ist seit Jahren im freien Verkauf (E.Powers, Bhoss, Wieleke, Vivax) verfügbar. Und auch die Gerüchte, dass diese Motoren im internationalen Pro-Peloton zum Einsatz kommen, sind nicht neu. Im Nachgang zu den Monumenten 2010 tauchte ein Video auf in dem Fabian Cancellara einen sagenhaften Antritt aufs Pflaster von Roubaix und Flandern hinlegte, bei dem der Rest der Meute wie die Altherrenrotte von Sturmvogel Kleinkleckersdorf aussah.

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Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=8Nd13ARuvVE

Der damalige Bericht von Davide Cassani wurde als absurd zurückgewiesen. Linus Gerdemann und Jens Voigt erklärten auf radsport-news, dass die Sache kaum vorstellbar sei. Die Diskussion verlief danach scheinbar im Sande. Allerdings kommen bei der Tour de France seit 2010 angeblich Scanner zum Einsatz. Ohne das die Rennleitung über Befunde informiert hätte.

Beim Giro kommen übrigens angeblich auch Scanner zum Einsatz. France 2 hat aber Aufnahmen aus den Scannerzelten gezeigt, auf denen nur ein Campingtisch zu sehen war. High-tech Fehlanzeige.

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Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=ideiS-6gBAc

Wir erinnern uns noch gut an die 7. Etappe der Vuelta 2014, als das Rad von Ryder Hesjedal nach einem Sturz noch genügend Momentum hatte, um unter das nachfolgende Motorrad zu geraten. Auch die häufigen Radwechsel von Alberto Contador beim Giro waren auffällig. Bislang fehlt jedoch der Nachweis, dass etwas mit den Rädern faul war.

Anfang dieses Jahres bekam das Thema neuen Schwung. Bei der Cyclocross WM im belgischen Zolder wurde am Ausrüstungsstand der Favoritin Femke Van Den Driessche ein manipuliertes Rad gefunden. Die 19-Jährige wies alle Verantwortung von sich, kassierte trotzdem eine Sperre von 6 Jahren plus 20.000 Franken Geldstrafe von der UCI.

Wie ist das Sache nun zu bewerten? Nunja, beim Doping mit Medikamenten mag es Grauzonen geben. Beim Doping per Motor ist die Sache eindeutig. Es kann nur mit Betrugsabsicht vorgenommen werden.

Allerdings erscheint mir die Strafe für Van Den Driessche zu hart. Die Sperre geht in Ordnung – hätte für meinen Geschmack auch höher sein können -, aber dann noch ein hohes Bußgeld für eine junge Frau on-top? Das wirkt dann doch über ihre sportliche Verfehlung hinaus.

Auch die Handy-App, mit der die UCI seit diesem Frühjahr Räder auf magnetische Auffälligkeiten untersucht, erscheint halbherzig, denn es wird darauf ankommen, manipulierte Räder im Rennbetrieb zu ermitteln.

Die Idee, allen Fahrern Räder zu geben, die der Rennveranstalter vorhält, wurde schon einmal bei der Tour de France 1930 durchgespielt. Mit der fatalen Folge, dass sich die Fahrradindustrie aus dem Sponsoring verabschiedete.

Mit Spannung warten wir nun auf das erste Buch eines Ex-Profis, der statt einer EPO-Beichte eine Motor-Beichte ablegt.

Aldres Lonbert ist der Radsport-Experte von „Männer unter sich“. Er schreibt seit fünf Jahren für uns über alle Aspekte des Radsports und begleitet alljährlich die Tour de France. Lonbert hat grundsätzlich die Kette rechts.

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