Kurz nach seiner Hochzeit geriet Herr F. mit seiner Frau in Streit. Sie warf ihm vor, dass er sich nach einem Toilettenbesuch niemals die Hände wüsche. Allerhöchstens nach der morgendlichen großen Erleichterung, aber auch da nicht immer. Herr F. stritt dies vehement ab. Doch als er nach dem nächsten Toilettengang arglos in den Flur trat, stellte er fest, dass seine Frau hinter der Toilettentür auf ihn gewartet hatte. Sie bedeutete ihm, dass er die Toilettentür unmittelbar nach dem Betätigen der Spülung geöffnet hätte. Ohne dass ein Rauschen des Wasserhahns oder ein Rascheln des Handtuchs zu hören gewesen war.
Sie machte Herrn F. unmissverständlich klar, dass er sich in Zukunft nach jedem Toilettengang die Hände zu waschen habe. Sollte er dies nicht tun, müsse er ab sofort auf gewisse Annehmlichkeiten des Ehelebens verzichten, die Herr F. sehr zu schätzen wusste.
Herr F. mochte nicht klein beigeben. So kurz nach der Eheschließung wertvollen Boden preis zu geben, erschien ihm nicht weise. Andererseits wusste er seit dem Augenblick, in dem er seine Frau kennengelernt hatte, dass er ihr rhetorisch weit unterlegen war. Also verfiel er auf einen Kompromiss, der beiden Seiten ermöglichte, das Gesicht zu wahren. Nach dem Betätigen der Toilettenspülung verharrte er in Zukunft neben dem Waschbecken, ließ eine Zeit lang das Wasser laufen, befeuchtete dabei zur Sicherheit die bereitliegende Seife und raschelte ein wenig mit dem Handtuch, nachdem er den Wasserhahn geschlossen hatte.
So ging das mehrere Jahrzehnte eines erfüllten Ehelebens lang. Einmal, an dem Tag, an dem Herr F. und seine Frau ihre Silberne Hochzeit feierten, erwog er, sich tatsächlich einmal nach der Toilette die Hände zu waschen. Diesen Gedanken verwarf er aber rasch wieder. Prinzip war Prinzip, und sein Ritual des Nicht-Händewaschens war über die Jahre hinweg ungebrochen erfolgreich gewesen. Warum also etwas ändern?
Doch seit dieser Idee am Tag der Silberhochzeit ließ ihn der Gedanke an eine Handwäsche nach der Toilette nicht mehr los. Herr F. fand seinen inneren Frieden erst wieder, als er beschloss, nach dem Tod seiner Frau das Händewasch-Ritual einzuführen. Dann aber schon am ersten Tag.
Doch dazu sollte es nicht kommen. Das Ehepaar F. verstarb gleichzeitig bei einem Autounfall, den die den gemeinsamen Wagen chauffierende Frau F. verursachte. Sie hatte einem mit 80 km/h heranbrausenden Zwölf-Tonner die Vorfahrt genommen. Die den Unfall protokollierenden Beamten wunderten sich, warum Frau F. das Donnern des LKW-Motors, sein verzweifeltes Hupen und die quietschenden Bremsen nicht gehört und ihr Auto im Schneckentempo immer weiter in die Kreuzung hineinbewegt hatte. Schließlich fanden sie in ihrer Handtasche ein ausgeschaltetes Hörgerät. Dass Frau F. eins benötigte, hatte auch ihr Mann nicht gewusst. Sie hatte es immer nur dann benutzt, wenn er zur Toilette gegangen war.
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Nette Geschichte, aber das Ende ist ein kleines bisschen an den Haaren (Händen) herbeigezogen.