Voll die Axt – Gardena im Test

0001_axt_test“Die Axt im Haus erspart den Zimmermann”, behauptet Wilhelm Tell gegenüber Hedwig im ersten Aufzug von Schillers letztem Drama. Ich sage: Quatsch! Die Axt hat im Haus überhaupt nichts zu suchen. Ins Haus gehört ein Beil! Die Axt ist für draußen. Nur was nehmen, wenn nicht stehlen? Gardena hat uns Axt und Beil aus der neuen Produktion für einen Test zur Verfügung gestellt. Ein Paar Arbeitshandschuhe in Größe 10 war auch dabei. Wir bedanken uns und sehen uns die Dinger mal aus der Nähe an.

Die Spaltaxt hört auf den schönen Namen:”Chopper” – das ist doch schonmal sympathisch. Sie wiegt bei einem Kopfgewicht von 2300 Gramm insgesamt 2800 Gramm und ist 70 Zentimeter lang. Das ist gewichtsmäßig für mich die absolute Obergrenze, mit der ich eine Weile ermüdungsarm kloppen kann. Ich weiß, wir Männer greifen gern zum fettesten Gerät, das zur Verfügung steht. Und die Marketingtruppe, die das Testpaket zusammengestellt hat, hat ihre Hausaufgaben gemacht: Es ist die größte Axt im Gardena- Sortiment. Bei Äxten ist weniger aber, wie so oft, mehr. Probiert einfach, ob Ihr mit einer Nummer kleiner nicht besser zu Recht kommt. Unser blauer Bomber hat jedenfalls die Typenbezeichnung: 2800 S. Und Der Baumarkt um die Ecke verlangt dafür 80 Öcken.

0005_axt_testBeim Verhältnis vom Kopf- zum Gesamtgewicht bei mehr als einem halben Meter Grifflänge ist eins klar: Altobelli, das Ding hat Hebel. Das ist ein Gerät für’s ganz Grobe. Ein ordentlicher Kaventzmann.  Auf ein pronociert ausgeschmiedetet Ohr wurde verzichtet, denn in den hohlen, ultraleichten Kunststoffgriff ist der Kopf eingegossen. Das sorgt über die Lebensdauer des Kunststoffs für eine wackelfreie Verbindung, macht einen Austausch des Griffs aber praktisch unmöglich. Gardena gibt zehn Jahre Garantie.

Unterhalb des Kopfes hat Gardena eine Edelstahlmanschette an den Bauch genietet. Das ist sinnvoll, denn Neophyten wie alte Hasen im Axtgeschäft treffen nicht immer zu 100 Prozent das Spaltmaterial und da ist so ein Stahlschild ein guter Schutz für den Griff.

0003_axt_testDer Kopf selber ist laut Hersteller aus C60-Stahl und gesenkgeschmiedet. Den Schwarzzeugcharme, mit dem handgeschmiedete Äxte gerne ihr Gefüge zur Schau stellen, erreicht man bei solch industrieller Fertigung natürlich nicht. Dankenswerter weise hat Gardena aber auf eine Politur oder gar Einbrennlackierung des Kopfes verzichtet und einer grauen Non-Stick-Beschichtung aus PTFE den Vorzug gegeben. Das Anti-Haft-Zeuch kennt Ihr aus den Bratpfannen, die der rustikale Bratkartoffelbräter [https://blog.nassrasur.com/2012-04-19/maenneressen-perfekte-bratkartoffeln/] meidet, wie der Deibel die Fachingerflasche. Schadet hier aber nicht, sieht gut aus und bietet Schutz gegen Flugrost. Dass die Axt durch die Teflonbeschichtung, wie von Gardena beworben, leichter ins Holz eindringt, kann ich als Grobmotoriker nicht feststellen.

Der Materialzuwachs der Wange ist moderat. Das geht in Ordnung. Gardena verkauft das Teil als Spaltaxt und nicht als Spalthammer. Der Bart ist auch nicht übermäßig lang. Als schmuckes Accessoire für den Umzug des Neusser Sappeur Korps von 1830 legt die 2800 S also keine Ehre ein. Ist sie aber auch nicht für gemacht.

Keine Frage ist, dass sich die Ingenieure bei der Gestaltung der Schneide mehr Mühe gegeben haben, als bei Baumarkt-Äxten üblich. Hier wurde im etwas flacheren Winkel sehr sauber eine Härtezone angeschliffen, innerhalb derer die Axt nachgeschärft werden kann. Apropos Schärfe. Die ist gut, aber zum Glück nicht übertrieben scharf. Wir wollen uns ja mit dem Teil nicht rasieren, sondern Holz klein kloppen. Da ist der Stand der Schneide wichtiger als die absolute Schärfe.

Denn: Blau gepliestet. Fein gereidet. Schrammrein gehend auf der Wate. Das sind feuchte Träume aus dem geheimen Tagebuch eines Küchenmessers! Bei der Axt soll der Schliff robust sein – ballig. Wir haben schließlich was zu erledigen. Also mit leichten Rundungen schleifen.

Sollten sich dann eines Tages doch Ausbrüche und nachlassende Schärfe einstellen, leistet ein gewässerter zweiseitiger Siliziumkarbid-Stein gute Dienste. Eine grobe 120er-Seite (FEPA) dient zum Wegschrappen der Ausbrüche. Eine 320er-Körnung bringt die Schärfe zurück. Markiert Euch die zu bearbeitende Stelle mit einem permanent Filzstift. Macht die Sache leichter.

0004_axt_testIm Nacken hat die Axt eine sauber entgratete Schlagplatte, mit der man einen Keil ins Holz wimsen kann. Nur solltet Ihr nie mit so einer Axt auf Stahlkeile schlagen. Auch ein Schlosserhammer ist tabu. Erstens könnte das Gefüge der Axt beschädigt werden und zweitens könnten sich Partikel selbstständig machen, die lieber nicht im Auge landen sollten. Alu-, Kunststoff- und Holzkeile lassen sich aber problemlos verwenden. Geliefert wird Big Blue mit einem Schneidenschutz aus Kunststoff, auf dem das Gerät auch stabil steht.

Kommen wir zum Beil. Es heißt:”Universal.” Gleiche Materialien und Verarbeitung wie die Axt – nur eben kleiner. Bei einem Kopfgewicht von 700 Gramm bringt es insgesamt 900 Gramm auf die Wage. Es ist 35 Zentimeter lang. Die Wangen des Beils sind viel dünner als bei der Spaltaxt. Logisch, denn das Beil dient hauptsächlich dazu kleine Holzspäne zu hacken, mit denen man in Haus und Hof oder beim Camping Feuer machen kann.

Wie die Axt ist auch das Beil recht kopflastig. Der Griff ist im Kopfbereich allerdings nicht so ausgeprägt wie bei der Spaltaxt, daher lässt sich das Beil in Schwerpunktnähe noch gut führen. Eine Stahlmanschette hat der Bauch des Beils nicht. Darauf kann man aber auch verzichten, da man mit dem kurzen Griff des Beils doch so nah am Material ist, dass man es praktisch nicht verfehlen kann.

0002_axt_testDer Gardena-Mann hat dem Beil ebenfalls einen Klingenschutz aus Kunststoff spendiert, der mit Klettband angestrapst wird. Der Baumarkt hat es für 40 Euro an der Wand hängen.

Fazit: Mit der neuen Axtserie schließt Gardena eine Lücke im Baumarktsegment, die bisher von Fiskars und Co. besetzt war. Preise, Verarbeitung und Funktion gehen absolut in Ordnung und Spielen in einer Liga mit den Marktpartnern. Wer ab und zu mal Kaminholz klein kloppt, ist mit der Axt von Gardena gut bedient. Ob ihr ein türkiesblaues Beil mit Kunststoffgriff neben dem Kamin in Eurem Wohnzimmer toll findet, ist Euer Bier. Zu einem Hosianna auf die abendländische Axtbaukunst reißen mich die beiden Teile allerdings nicht hin. Dafür stehen bei mir eher Werkzeuge der Classic-Serie, wie sie in der Schmiede Hults Bruk handwerklich in Schweden gefertigt werden. Übrigens unter dem Dach des Husqvarna-Konzerns, der auch die Marke Gardena führt. Gut, die kosten dann natürlich auch ein paar Taler mehr. Und wer ganz viel Holz zu zerkleinern hat, holt sich – wenn er, wie ich, Faulpelz aus Überzeugung ist – eh einen elektrischen Holzspalter mit hydraulischer Unterstützung.

Disclaimer: Beil und Axt wurden uns von Gardena gratis zur Verfügung gestellt. Einfluss auf den Inhalt des Artikels wurde nicht genommen.

 

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Eine Antwort zu Voll die Axt – Gardena im Test

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