Tour de France 2012 – 4. Etappe

Unser Tour-Tagebuch zur 99. Auflage der Grande Boucle erscheint renntäglich auf “Männer unter sich”. Ein kurzer Kommentar zur bevorstehenden Etappe, das Profil, Team-Check und Plat du Jour, unser Tagesgericht. Das sind unsere Rubriken.

Berge oder Meer? Heute gibt es beides. Mit 214, 5 Kilometern steht die längste Etappe der Tour 2012 auf dem Programm. Es geht entlang der vielleicht spektakulärsten Landschaft Frankreichs: Der Côte d’Albâtre. Von Mers-les-bains bis Fécamp jagt das Peloton durch die Kliffs. Claude Monet hat hier jeden Felsvorsprung gemalt. So schön. Haaach, herrlich.

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Video-Link: http://www.youtube.com/watch?v=6wYXB4UOWXE

Gestartet  wird allerdings in Abbeville in der Picardie. Dann geht es schnurstracks in Richtung Tréport mit seinem Aufzug zum Meer. Auf falaise – Klippe folgt valleuse – Flusstal. Oder wie Eurosport-Kommentator Jean-Claude Leclercq so trefflich sagt: “In der Normandie geht es immer mal wieder rauf und immer mal wieder runter.”

Die Fans bereiten sich auf aller Fälle vor.

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Video-Link: http://youtu.be/073_6iKvkNk

Platt wie die dover soles sind dann die letzten 75 Kilometer ab Fécamp bis nach Rouen. Nach einem Tag Pause ist wieder Sprint Royal angesagt. Dass Tyler Farrar gerne am Amerikanischen Unabhängigkeitstag einen Sieg einfahren möchte, glaube ich gern. Nur sind allen voran Mark Cavenendish und André Greipel mit von der Partie. Und: Farrar ist schon zwei Mal gestürzt. Seit dem Tod seines Trainingspartners Wouter Weylandt beim letztjährigen Giro ist er nicht mehr der Alte.

Wenn die Tour in Rouen zu Gast ist – und sie ist oft zu Gast, heute ist das 19. Mal -, ist immer auch die Gelegenheit günstig, an einen ganz Großen des Radsports zu erinnern: Maître Jacques. Jacques Anquetil.

Jacques_Anquetil_1963

Jacques Anquetil, 1963

Sieger beim Grand Prix des Nations 1953 vor Fausto Coppi. Da war Monsieur Chrono gerade mal 19 und die Fachwelt rieb sich verwundert die Augen. Denn der GP war mit damals noch 140(!) Kilometern Einzelzeitfahren das bedeutendste Rennen in dieser Disziplin. Heute wird schon bei 40 Kilometern von lang gesprochen.

Es folgte eine Karriere der Superlative: Der erste Fahrer, der die Tour fünf Mal gewann. Der erste Franzose, der den Giro gewann. Der erste Fahrer, der alle drei großen Landesrundfahrten (Giro, Tour, Vuelta) gewann. Und: Bei der Tour ‘61 fuhr Anquetil von Tag 1 bis Paris im Gelben Trikot. Das Publikum aber liebte seinen Rivalen: Den ewigen Zweiten Raymond Poulidor.

Fakten:
Abbeville – Rouen. Länge: 214,5 Kilometer. Profil: Erst Hüglig, dann flach. Vier Bergwertungen der 4. Kategorie. Zwei Bergwertungen der 3. Kategorie. Sieger: Mark Cavendish – sensationell, wie er sich vorgestern an Greipel angeklampt hat, um ab der 300-Meter-Marke den Sack zu machen. Im Ziel war es nur ein halber Meter. Na und?

Ein Profil als cc-Bild gab es heute wieder nicht. Das Ende der Etappe ist zu flach.

Team-Check – Heute: Cofidis, Le Crédit En Ligne (Finanzzeugs)
Die Jungs sind nur dabei, weil der Ausrichter ein Herz für französische Teams hat. Denn sie gehören nicht zur Worldtour und sind über eine Wildcard rein gerutscht. Der einzige, der meiner Meinung nach unter die Top-Ten fahren könnte ist Rein Taaramae. Könnte! Denn der Este hatte einen schlechten Start in die Saison: Infekt, Armbruch im April. Teamchef Eric Boyer träumt aber vom weißen Trikot des besten Nachwuchsfahrers. Ehm, ja. Die ASO filmt gerne David Moncoutié. Der ist oft am Ende des Feldes, weil er sich im Peloton nicht wohl fühlt. Da gibt es natürlich nichts besseres als eine Tour-de-France-Teilnahme.

Plat du Jour: Moules frites (der Hit an der Kanalküste – nicht nur in Belgien)
Pro Nase brauchen wir ein Kilo Muscheln – schon gesäubert, sonst droht Arbeit. Die besten sollen die moules de bouchot sein. In Cancale erzählen sie Dir was anderes. Großen Pott auf den Herd. Zwei ordentliche Esslöffel Butter rein – wir sind in der Normandie. Gescheibelte Schalotte dazu. Anschwitzen. Petersilie im Haus. Klein schneiden – rein damit. Muscheln rein. Schuss Weißwein. Deckel drauf. Zwei drei Schluck Küchenbier und schon sind sie fertig. Bloß nicht zu lange dämpfen. Weniger ist mehr. Die Dinger werden sonst so gummiartig. Pommes haben ich jetzt natürlich vergessen. Egal: Wir sind nicht mehr in Belgien. Baguette geht auch.

Foto Anquetil By Nationaal Archief (Voor de start/ Before the beginning) [Public domain], via Wikimedia Commons

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3 Antworten zu Tour de France 2012 – 4. Etappe

  1. Wurde schon hellhörig, aber werden die „Moules frites“ nicht frittiert, kommt der Name von der (weggelassenen) Pommes-Beilage? Bei uns an den besten Fischbuden Kiels gibt es immer „Belgische Muscheln“ und die sind mit einem Hauch Teighülle ausgebacken, ein Traum — an die dachte ich (und das Wasser im Mund offenbar auch), als ich den Namen sah…

  2. AvatarCarsten sagt:

    Nee, in Nord-Frankreich und Belgien kommt da so ein schwarzer Pott auf den Tisch. Da sind die Muscheln drin. Separat gibt es eine Schale Pommes (frites genannt). http://fr.wikipedia.org/wiki/Moules-frites

  3. Pingback:Eine Postkarte,die Färöer und der Dixieland-Witz - die Links der Woche vom 1.9. bis 6.9. | Männer unter sich

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