Tour de France 2012 – Prolog

Unser Tour-Tagebuch zur 99. Auflage der Grande Boucle erscheint renntäglich auf “Männer unter sich”. Ein kurzer Kommentar zur bevorstehenden Etappe, das Profil, Team-Check und Plat du Jour, unser Tagesgericht. Das sind unsere Rubriken.

Station Luik-Guillemins

Ab Morgen zählt es: Die Startrampe für den Prolog der 99. Tour de France steht am Boulevard d’Avroy in Lüttich. Ab 14 Uhr rollen die 198 Fahrer im Minutentakt auf die Strecke. “Es ist exakt derselbe Kurs wie 2004”, kommentiert Sportdirektor Jean-Francois Pescheux den Parcours im offiziellen Tourprogramm. Nicht ganz, Monsieur Pescheux! “Männer unter sich” hat nachgeprüft: Start und Ziel wurden ein paar hundert Meter auf Höhe des Parc d’Avroy verschoben. Und so sind es 2012 6,4 Kilometer, anstelle der 6,1 Kilometer im Jahr 2004.

 

Karl der Große im Parc d’Avroy

Diese 6,1 Kilometer absolvierte 2004 Fabian Cancellara als Schnellster in 6,5094 Minuten. Der damals 23-Jährige Überraschungssieger war damit der erste Träger des Gelben Trikots. Zwei Sekunden dahinter Titelverteidiger Lance Armstrong. Jan Ullrich der vor der Tour annonciert hatte, nicht schon wieder Zweiter werden zu wollen, landete auf Rang 15 mit 17 Sekunden Rückstand. “Ganz ordentlich”, bei so einem kurzen Streifen.

Ganz ordentlich behauptete sich auch Jens Voigt. Damals bei CSC unter Vertrag lief er mit 11 Sekunden ein und war bester Deutscher. Voigt fährt in diesem Jahr bei seiner 15. Tour de France für das Schleck-Team Radioshack-Nissan (RNT) – das T steht übrigens für den amerikanischen Radbauer Trek, aber die UCI lässt in ihren Statuten keinen dritten Sponsorennamen im Team-Titel zu .

Ebenfalls in Diensten von RNT ist heute Fabian Cancellara. Sicherlich, Cancellara das Zeug dazu, hier erneut aufzutrumpfen – allerdings hatte er in dieser Saison reichlich Pech. Bei der Flandernrundfahrt ist er in der Verpflegungskontrolle mit Schritttempo über eine herumliegende Trinkflasche – wir sagen natürlich bidon – gefahren, gestürzt und hat sich einen komplizierten vierfach Bruch am Schlüsselbein eingehandelt.

Bei der Tour de Suisse war Spartakus dann wieder am Start und war bei den Zeitfahren in Lugano und Gossau jeweils Zweiter. Bei den Zeitfahrmeisterschaften am 20. Juni in Messen (Solothurn) sicherte er sich den Titel des Schweizer Meisters.

Weitere Kandidaten für einen Auftaktsieg in Lüttich sind natürlich: Tony Martin (schon laut Statistik) und Bradley Wiggins. Sollte Wiggins gewinnen, ist er der mein Favorit für den Gesamtsieg. Bislang hat noch kein Brite die Tour gewonnen. Nach einem geglückten Prolog, wird die Sky-Mannschaft Oberwasser bekommen, da sie dann mit Bradley Wiggins und Mark Cavendish die Möglichkeit hat, Gelbes Trikot, Grünes Trikot und die Teamwertung abzuräumen. – Diesen Erfolg feierte übrigens zuletzt das Team Deutsche Telekom mit Ullrich und Zabel 1997.

Wer gewinnt? Tony Martin. Deutschland im Gelben Trikot.

Das Profil:

Der Kurs ist praktisch topfeben, aber die drei Kreisverkehre und die scharfe Linkskurve nach Rennkilometer zwo vor der Uni sind sau gefährlich – besonders bei Wind und Nässe sind die Zeitfahrmaschinen kaum zu kontrollieren. 2004 ging der Australier Michael Rogers hier zu Boden, konnte aber weiterfahren. Für Landsmann Matthew White endete die Tour schon vor der Tour. Während einer Aufwärmrunde war er über ein Kabel gefahren, gestürzt und hatte sich schwer am Kopf verletzt. Niederschläge sollen, laut Meteo-France, erste gegen Abend einsetzen – Windböen bis 40 km/h gibt es die ganze Zeit.

Team-Check:
Heute: Ag2r La Mondiale (Versicherungen)

Nicolas Roche

Schade, dass John Gadret in diesem Jahr den Giro gefahren ist statt der Tour. Kollege Neil Browne (von roadcyling.com) hatte die geniale Idee für eine spannungsgeladene Dokusoap: Gadret und Nicolas Roche als Zimmernachbarn.

Bei der Tour 2010 hatte Ag2r-Kapitän Roche auf der 15. Etappe im letzten Anstieg des Tages zur Port de Balès (Ehrenkategorie) noch einen Helfer in der Spitzengruppe bei sich – Gadret. Das war die Chance für Roche unter die Top-Ten zu fahren. 6 Kilometer vor dem Gipfel hatte Roche dann einen Platten und wollte das Vorderrad von seinem Helfer – aber der sagte: ”Non” und fuhr auf eigene (aussichtslose) Rechnung. Im Irischen Independet erläuterte Roche seine damaligen Gefühle für Gadret so: “I wanted to smash his head in.”

Aussichten für Ag2r La Mondiale: Mit einem Platz unter den Top-Twenty dürfte Roche sehr gut bedient sein.

Plat du Jour:
Salade liégeoise. Das ist eigentlich nichts anderes als ein Kartoffelsalat, der mit grünen Bohnen und einer Speckvinaigrette serviert wird. Pfund Pellkartoffeln kochen. Pfund TK-Bohnen (für frische bin ich zu faul) kochen – das dauert jeweils so 20 Minuten. Kann man natürlich auch parallel in zwei Pötten erledigen. Je ein halbes Pfund Speckstreifchen und Zwiebelwürfel in einem guten Esslöffel Butter andünsten. Mit 5 Esslöffeln Essig ablöschen. Inzwischen haben wir die Kartoffeln gepellt und mit den Bohnen gemischt. Speckvinaigrette dazu wenig Salz ordentlich Pfeffer. Eigentlich Fertig, aber die Belgier sind Meister der verfeinerten Lebensart. Im Palais-Viertel von Lüttich kommt beispielsweise noch ein Schuss Crème frâiche dazu. Im Outremeuse – jenseits der Maas – bleibt die Crème draußen, dafür werden noch Frühlingszwiebeln dazu geschnippelt. Haut rein!

Foto Lüttich: by FaceMePLS (Flickr: Station Luik-Guillemins) [CC-BY-2.0], via Wikimedia Commons
Foto Karl der Große: by Jacques Renier (Own work) [CC-BY-SA-2.5], via Wikimedia Commons
Profil by Yves (Own work) [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons
Foto Roche By Haggisnl (Own work) [CC-BY-3.0], via Wikimedia Commons

 

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