Hiermit erkläre ich die Turnierküche für eröffnet. Zur Fußballeuropameisterschaft wollen wir euch typische Männergerichte aus einigen der teilnehmenden Länder vorstellen. Selbstredend werden wir Spezialitäten kochen, mit denen sich die Gegner der deutschen Mannschaft stärken (Morgen servieren wir ein ganz außergewöhnlichesSandwich aus Portugal), und natürlich werden wir euch die Männerküche der gastgebenden Nationen vorstellen. Wir fangen in Polen an. Mit Bigos.
Das schwerste am Bigos-Kochen ist echt das Einkaufen. Weil du ’ne ganze Menge Material nach Hause tragen musst, dass kann ganz schön schlauchen. Mindestens zwei Sorten Fleisch gehören rein, drei sind besser. Und durchwachsen muss das Fleisch sein, mit bisschen Fett und Flechsen, damit das saftig bleibt, weil das ziemich lange schmoren soll. Ich nehm gern Schweinenacken und Lammschulter. Und wenn ich keine Lammschulter kriege, dann nehm ich ’n Stück Rinderwade. Manchmal nehm ich auch von allen dreien. Wild geht auch Und ’n schönes Stück Speck. Paar Würste mit ’nem schönen Raucharoma. Getrocknete Steinpilze. Zwei Äpfel. Zwiebel. Knoblauch. Paar Tomaten. Beutel Sauerkraut. Ein Kopf Weißkohl. Kommt ganz schön was zusammen im Einkaufswagen.
Zuhause weichen wir die Steinpilze ein und bringen einen Schmortopf auf Hitze, der genügend groß ist, um das ganze Material aufzunehmen, schneiden das Fleisch in nicht zu kleine Würfel und braten die portionsweise in ordentlich Schweineschmalz an. Immer nur soviel Würfel anbraten, wie nebeneinander im Topf Platz haben, damit das Fleisch kein Wasser zieht. Und während das Fleisch brät bzw. zwischengeparkt wird, schneiden wir den Speck in Streifen, schälen und würfeln Zwiebeln und Äpfel, entstrunken den Weißkohl und schneiden ihn in Streifen. Feinsinnige Naturen entfernen die dicken Blattrippen, unsensible Geister wie ich machen sich ein Küchenbier auf und sehen drüber weg.
Wenn das Fleisch angebraten ist, kippen wir das übrige Fett weg und schwitzen Speck, Zwiebeln und Äpfel im Bratfond an, fischen die Steinpilze aus dem Einweichwasser, schneiden sie klein, wenn nötig, und werfen sie dazu. Wenn die Zwiebeln glasig sind, kommen die Weißkohlstreifen, und das Sauerkraut hinzu, und während der Weißkohl zusammenfällt, schneiden wir die Tomaten klein, wobei wir den Stielansatz entfernen. Feinsinnige Naturen schälen die Tomaten, unsensible Geister wie ich machen sich das nächste Küchenbier auf und sehen drüber weg.
Wenn der Weißkohl zusammengefallen ist, geben wir ’nen Schuss Wein in den Topf, um den Bratensatz loszukochen, kippen das Einweichwasser der Pilze dazu (vorher durch ’nen Kaffeefilter laufen lassen, den Waldboden wollen wir nicht im Topf haben) würzen wir mit Salz, Pfeffer, Lorbeer, paar Pimentkörnern und ein, zwei Löffeln Paprikapulver (scharf oder süß ist egal), werfen die Tomaten hinterher und auch das Fleisch darf wieder in den Topf. Deckel drauf und in den 150 Grad heißen Ofen damit.
Nach so zweieinhalb Stunden gucken wir mal nach, ob das Fleisch schön weich geworden ist. Wenn nicht, muss das Bigos im Ofen nachsitzen. Wennja, kommt das Bigos ohne Deckel auf den Herd, wo die Flüssigkeit so ein halbes Stündchen lang verkochen darf. Jetzt kommen auch die Würste in den Topf (einpieksen, damit sie ihr wertvolles Fett ans Gemüse abgeben). Und dann kommt das Bigos aus dem Topf auf den Teller.
Feinsinnige Naturen braten noch ein paar Streifen Speck in der Pfanne kross und dekorieren das Bigos damit kunstvoll aus. Unsensible Geister wie ich machen das gleiche und öffnen schon mal das Bier, das sie zum Bigos trinken (schöner Riesling geht auch).
Beilagen? Ja, kann man. Scheibe Brot ist traditionell. Kartoffeln gehen auch. Bisschen Schmand zum Drüberkleckern auf den Tisch stellen kommt prall. Man kann das Bigos übrigens – wie praktisch alle Gerichte mit Weißkohl – entscheidend verbessern, indem man es am Vortag zubereitet und dann wieder aufwärmt (dann die Würste erst zum Aufwärmen mit in den Topf geben). Und auf keinen Fall die Äpfel weglassen! Viele denken, dass das die irgendwie nicht reinpassen oder überflüssig sind, das stimmt nicht, die Äpfel sind die halbe Miete. Mahlzeit!
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