„Warum macht der so einen Scheiß?“ – 20 Jahre ohne Klaus

Kinski

„Warum macht der so einen Scheiß?“ fragte ich mich immer wieder, wenn ich Klaus Kinski in Machwerken wie „Die Gruft mit dem Rätselschloß“ oder „Gern hab ich die Frauen gekillt“ ansehen musste. Die Edgar-Wallace-Irren hat er gespielt. Die Italo-Western-Desperados. An die zweihundert Filme, jede Menge runtergekurbelte Dutzendware, aber auch einmalige Augenblicke. Nachtblende. Fitzcarraldo. Leichen pflastern seinen Weg. Da bleib einem die Luft weg, wenn man ihm zusah. Ein Jahrhundertschauspieler, nichts weniger. Und trotzdem tauchte erimmer wieder in Monumental-Stinkern wie „Der Mann mit der Torpedohaut“ auf.
„Wegen dem Geld. Nur wegen dem Geld!“, hat Kinski in einer Talkshow mal gesagt. Da war er ein Mann wie viele andere auch, die jeden Tag jede Menge Schwachsinn machen müssen, um ihr Geld zu verdienen. „Um sich aus der Sklaverei freizukaufen“, hat er mal gesagt. Nuja. Hat immer gerne übertrieben.

„Warum macht der so einen Scheiß?“ fragte ich mich immer wieder, wenn er sich mit einem seiner mittlerweile legendären Ausraster in die Schlagzeilen brachte. Interviewpartner beschimpft, in der Talkshow randaliert, mit der Schrotflinte fumgefuchtelt. Natürlich hat Kinski das Image des „Irren“ sorgfältig kultiviert und die Journalisten entsprechend versorgt, die Ausraster waren Teil seiner Marke, mit ihnen blieb er in den Schlagzeilen, so steigerte er seinen Marktwert. Praktisch alle Schauspieler, die mit ihm gearbeitet haben, sprechen mit Hochachtung von seiner großen Professionalität.
Deshalb waren seine Ausraster, wohl auch keine Ausraster, sondern kühl kalkulierte Bestandteile des Gesamtkunstwerks „Klaus Kinski“. Und sie hatten eins gemeinsam: Wer ihn als Künstler und Intellektuellen ernst  nahm, der bekam den Künstler und Intellektuellen Kinski. Schlecht vorbereitete Journalisten, die ihn mit dummen, oberflächlichen Fragen nervten, bekamen das, was sie erwarteten. Doppelt und dreifach.

Diese sehenswerte Collage aus Kinski-Interviews zeigt seine beiden Seiten.

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Video-Link: http://youtu.be/He3mEpsWp_M

Da bramarbasiert kein eitler Wüterich, da hat man Gelegenheit, einem hochintelligenten, sensiblen Künstler zuzuhören, der das Leben zahlloser Menschen bereichert hat.

Vor zwanzig Jahren ist er ganz plötzlich in seinem Haus in Kalifornien umgefallen. Herzanfall. Bumm. Aus. „Warum macht der so einen Scheiß?“, fragte ich mich ein letztes Mal.

Er wird vermisst.

Derzeit steht Werner Herzogs wunderbare Kinski-Doku „Mein liebster Feind“ in der arte-Videothek. Da kann man den Film noch ein paar Tage lang anschauen.

Foto: Georges Biard [CC-BY-SA-3.0], durch Wikimedia Commons

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