Tour de France – 16. Etappe

Heute geht’s von Saint-Paul-Trois-Châteaux im Rhône-Tal nach Gap an der Route Napoléon. Einfältige Gemüter könnten von einer weiteren Überführungsetappe in die Alpen sprechen, an deren Ende mit dem Col de Manse, einem Berg der 2. Kategorie, ein erster Vorgeschmack gegeben wird, für das was an Prüfungen in den nächsten drei Tagen ins Haus steht.Mind the Gap. Bei der 2003er-Ausgabe galt die Etappe von Le Bourg-d’Oisans nach Gap auch als so eine Überführungsetappe. Aber: 2003 war die Jahrhunderttour. Die Höllentour. Zur 100. Auflage hatten die Veranstalter die Tour von 1903 nachempfunden. Es ging im Uhrzeigersinn durch die Grande nation.

Die Alpen waren schon überwunden. Nationalfeiertag, es war brüllend heiß. Armstrong – wer auch sonst – hatte in L’Alpe d’Huez das gelbe Trikot übernommen. Beloki lag an 2. Position. Der Amerikaner ließ ihn nicht aus den Augen. Dann: Die Abfahrt von der Côte de La Rochette nach Gap. Beloki ist unmittelbar vor Armstrong. An seinem Hinterrad schmilzt der Reifenkitt auf der heißen Felge und der Schlauchreifen springt ab. Beloki stürzt, erleidet mehrere Knochenbrüche. Und Armstrong? Er behält die Nerven und das Rad unter Kontrolle. Der Amerikaner liefert einem unglaublichen Husarenritt quer durch die Botanik inklusive Tragepassage.

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Video-Link: http://www.youtube.com/watch?v=RtZhG2kWVLY

Fakten-Check:
Länge: 162,5 Kilometer. Profil: Es geht bergauf. Es geht beständig bergauf. Bei Rennkilometer 151 steht dann noch die Bergwertung am Col de Manse ins Haus, bevor es auf die Abfahrt nach Gap geht. Wer gewinnt? Es ist eher eine Ankunft für Ausreißer als für klassische Sprinter. Philippe Gilbert oder Thor Hushovd könnte das Rennen machen.

Bike-Check:
Die Profis wechseln am zweite Ruhetag die Ketten. Sollten wir das auch tun? Kommt drauf an. Die Rennfahrer haben schon über 1000 km hinter sich. Da dürfte die Kette ausgeleiert sein. Für den Hausgebrauch liefert eine Kettenlehre sicheren Aufschluss. Die legt man einfach zwischen die Glieder auf die Kette. Rutscht sie durch, ist die Kette hin.

Fromage du Terroir1: Caillou du Rhône
Mit dem Caillou du Rhône habe ich den Begriff “désaltérer – löschen” gelernt. Halt mich zurück! In Valvignères, einem total verschnarchten Winzerdörfchen im Département Ardèche, stand das Basislager. Auf halbem Weg zum nächsten Marktflecken, Alba-la-romaine, hatten wir schon den Bauernhof von Monsieur Muller entdeckt. Gleich hinter einer Kurve, an einer kleinen Steinbrücke, die über einen Bach führt.
Wer ist Pieter Bruegel (der Ältere)? Ein Dilettant, wenn man diesen Bauernhof gesehen hat. Ein Eselasyl? Sowieso. Ein graues Dutzend, in ausrangierten Wohnwagen. 30 kläffende Hunde, alle irgendwo an der Straße aufgesammelt. Muller: “Pas de peur. Ils sont bons.” Monsieur Muller hat ein großes Herz. Na gut, wir steigen vorsichtig aus. Irgendwo läuten die Glocken einer Ziegenherde.
Wir starten vorsichtig: “Haben Sie Eier.” – “Klar doch, wie viele?” – “Öh, ja, öh, erstmal sechs.” Wir gehen in eine Scheune. Hühner fliegen auf. Muller greift scheinbar wahllos in Strohballen. “Die sind noch warm – von heute. Sonst noch was?” – “Man sagt, Sie hätten auch Käse.” Wir gehen links ums Haus. Kommen an eine moderne, mehrfach verglaste Tür. Treten in einen OP ein. “Sie warten bitte hier.” Muller verwandelt sich in eine Hygienefachkraft in kompletter Ghost-Buster-Montur und kärchert kurz mal über die Fliesen. Verschwindet und bringt ein paar frische Käse. “Vier Stück bitte. Bis dann mal.”
Sonntag. Markt in Alba. Ein Stand mit riesigen Landbroten. Frau Beyer, eine Deutsche, mit ihren Marmeladen am Renault Méhari. Brotbeutel aus provencalischen Stoffen. Grobe Salamis. Ist da nicht auch Monsieur Muller? Ja, klar. “Hallo, dann bitte nochmal vier, wie bei Ihnen auf dem Hof. Und was sind diese grauen Dinger da?” – “Ils sont plus mûri – die sind schon reifer. Probieren?” Wo wir schon mal da sind. Muller gibt ‘ne Messerspitze. Kurzerhand in die Futterluke geschoben und ohne Show folgt diese wedelnde Bewegung vor dem Mund, bei der die Hand im Gelenk um 90 Grad abgeknickt ist. Schnappatmung setzt ein. “Un peu fort.” – Ja, Monsieur Muller der ist kräftig, sogar sehr kräftig! – “Am besten schmeckt der mit einem Chateauneuf du Pape.” Fazit: Ohne unmöglich – mit CdP ein Gedicht.

  1. “Comment voulez-vous gouverner un pays qui a deux cent quarante-six variétés de fromage?” – “Wie wollen Sie ein Land regieren, in dem es 246 Käsesorten gibt?”, fragte Charles de Gaulle, der erste Präsident der V. Republik. Das können wir von “Männer unter sich” natürlich auch nicht beantworten, aber wir stellen während die Tour läuft – passend zur Region – jeden Tag einen der kleinen Stinker vor.
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