Fairplay

Im Stadion brennt nicht nur die Luft

Seit ein paar Wochen ist ziemliche Unruhe in Deutschlands Fußballstadien. Einige Fan-Gruppen verschiedenster Vereine, die Ultras  fühlen sich vom DFB verarscht und protestieren. Und obwohl ich die meisten Ultra-Gruppen aber sowas von daneben finde, muss ich sagen: Diesmal haben sie recht.

Um was geht’s? Die Ultras sind die, die im Stadion gern Böller loslassen. Raketen abschießen. Bengals abbrennen. Ich selbst halte derlei Feuerwerkskram für überflüssig und gefährlich. Ich hatte beruflich bei Theater und TV gelegentlich mit dem Zeugs zu tun, und ein professioneller Pyrotechniker mit 30 Jahren Berufserfahrung hat mir mal gesagt: „Weißt du, Chris, hundertprozentig lässt sich Feuer einfach nicht beherrschen.“ Das hat mir gereicht, ich lass die Finger von so Zeugs und halt mich gern fern von Orten, wo es zur Anwendung kommt.

Ultras sehen das anders. Für die gehört Feuerwerk zu ihrer Fankultur, in einem Stadion ohne Qualm und Explosionen fühlt der Ultra sich nicht wohl, weil da keine gescheite Stimmung ist. Und deshalb werden in den Ultra-Blöcken in den Stadien immer wieder Pyros losgelassen, obwohl es verboten ist. Wie gesagt, meiner Meinung nach zurecht, das Zeugs ist scheißgefährlich. Natürlich gibt es Gegenargumente, mit das schlagkräftigste ist der Verweis auf die Silvester-Nacht, in der Millionen angetrunkener Deutsche mit Pyro-Technik hantieren, und das vollkommen legal. Mir persönlich ist das vollkommen egal, ich mag auch das Geballer in der Silvester-Nacht nicht, aber dieses Rumgeknalle am 31.12. ist Teil unserer Kultur, und die Ultras möchten ihr Rumgeknalle im Stadion als Teil ihrer Kultur verstanden und damit legalisiert wissen. Okay, ich teile diesen Standpunkt nicht, ich sehe mich aber gezwungen, ihn zu respektieren.

Seit Jahren fackeln die Ultras – trotz eindeutigen Verbots – das Zeugs in ihren Blöcken ab, seit Jahren verdonnert der DFB die Vereine zu entsprechenden Geldstrafen, eine verfahrene Situation. Und dann hat es dieses Jahr einen runden Tisch gegeben, an dem Leute vom DFB, von der DFL und Vertreter der Ultras saßen, insbesondere wohl der „Intiative Pyrotechnik legalisieren„. Da hat man sich darauf verständigt, dass die Ultras ein paar Spieltage lang auf Pyros verzichten und der DFB im Gegenzug ein paar Pilotprojekte zur Legalisierung von Pyrotechnik im Stadion zulässt. Die Ultras ließen die Bengals zuhause und die Feuerzeuge in der Tasche… und als die Stadien tatsächlich drei Spieltage lang Pyro-frei blieben, wusste der DFB plötzlich nichts mehr von der Pilotprojekt-Zusage. Seitdem ist Hully-Gully, wobei bei den gelegentlichen Krawallen wohl auch Trittbrettfahrer aus der Hool-Szene mitmischen, das soll jetzt aber nicht das Thema sein, denn dieser ganze runde Tisch war von Anfang an kompletter, überflüssiger Quatsch.

In Sachen „Legalisierung von Pyrotechnik im Stadion“ hat der DFB nämlich keinen Millimeter Spielraum und hat ihn niemals gehabt. FIFA und UEFA haben Pyrotechnik im Stadion geächtet und greifen sofort zu harten Sanktionen, wenn ein Verband von dieser Linie abweicht. Würde der DFB eins dieser Legalisierungs-Pilotprojekte zulassen, gäbe es sofort Sanktionen an empfindlichster Stelle, bei der Nationalmannschaft: Punktabzüge, Turnierausschluss… Man ist da überhaupt nicht zimperlich.

Das MUSS den DFB-Granden aber klar gewesen sein, bevor sie sich mit den Ultras an den runden Tisch gesetzt haben. Warum haben Sie’s also getan? Mir ist nach langem Nachdenken nur ein Grund eingefallen: Sie haben gedacht, sie könnten die Ultras vorführen. „Drei Spieltage ohne Krawall, das halten die doch nie durch, dazu sind die viel zu unorganisiert und chaotisch. Ist doch egal, ob unser Angebot realistisch ist oder nicht, umsetzen müssen wir es eh nicht. Wir haben Gesprächsbereitschaft signalisiert, die Ultras haben sich blamiert, wir sind fein raus.“

Man ist von Sportfunktionären einiges gewöhnt, aber sollte meine Vermutung zutreffen, wäre diese dilettantische Schmierenkomödie, die der DFB hier aufgeführt hat, an Dummheit und Anstandslosigkeit praktisch nicht mehr zu unterbieten. Das wäre ja beinahe, als würde die FIFA eine Fußballweltmeisterschaft in einen sportlich bedeutungslosen Kleinststaat in Arabien vergeben… Wo arbeitet Helmut Spahn jetzt eigentlich, der Mann der für den DFB mit am runden Tisch saß? Wie? Der ist jetzt beim Sicherheitskomitee in Qatar? Ach so. Weiß Bescheid.

Fußball ist ein ehrlicher, anständiger Sport. Und Anstand und Ehrlichkeit findet man auch in den meisten Fankurven der deutschen Stadien. Wo ich im DFB-Headquarter in der Frankfurter Otto-Fleck-Schneise nach diesen Tugenden suchen müsste, weiß ich nach diesen Vorkommnissen allerdings nicht mehr.

Foto: Daniel Hannes  / pixelio.de

Ultralauf 100km Biel 2011

Heiko Müller, ist für “Männer unter sich” schon mal eben kurz von Hamburg auf den Brocken gefahren und hat für uns eine vierteilige Serie über Ultra-Läufe geschrieben. Heute Nacht geht er bei den 100 km von Biel an den Start und bloggt live von der Strecke.

Biel 2011 – Hin und Weg Edition

Biel, immer wieder Biel. Eigentlich heißt es ja: Einmal musst Du nach Biel. 2011 ist jetzt ein viertes Mal. Und wie so oft denke  ich jetzt vorher, dass es auch das letzte Mal sein wird. Es geht  mir nämlich schlecht. So richtig schlecht. Ich habe Schmerzen in beiden Achillesfersen, die Knie tun weh und die Hüfte joddelt in allen Tonlagen. Wenn ich 10 km gelaufen bin kann ich am nächsten Tag keine Treppe hinunter gehen ohne Gefahr zu laufen zu stürzen. Hin und wieder sacke ich einfach „durch“ nachdem ein stechender Schmerz durch die Hüfte schießt. Keine guten Voraussetzungen.

Und um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen fühle ich mich auch noch schlapp. So was von Schlapp. Ich möchte einfach nicht mehr laufen. Und das obwohl ich vor Biel nur lächerliche 461km in 2011 trainiert hatte. Bei meinem Debüt in 2006 dachte ich noch fast 1200km seinen wenig. Und nun stehe ich da mit einem Drittel. Und will Biel laufen. Ich bin wirklich unsicher ob Knochen und Fitness diesmal für einen Zieleinlauf reichen werden.

Damit es lustig bis zum Schluß bliebe habe ich dann noch die Hin-und-Weg Edition gebucht. Sprich, es gibt keine Schlafstatt in der Lago Lodge wie all die Jahre zuvor. Nein. Ich werde erst gegen Mittag in Zürich landen und dann mit sehr wenig Vorlauf Biel erreichen. Für 1-2 Stunden Schönheitsschlaf sollte es aber dennoch reichen. Und damit ich unterwegs nicht in’s Trödeln geraten würde, habe ich den Rückflug von Zürich für 20:00 Uhr gebucht. Mit Bahnfahrt, Check-In und Duschen würde es bedeuten ich muss bis 14:00 im Ziel sein.  16Stunden. Ja, ich weiß, das ist kein Laufen mehr. 9:35 auf den km würde auch ich nicht wirklich als Laufen bezeichnen. Aber das ist der Schnitt und wenn man die Pausen an den Verpflegungsstationen abzieht würde es bedeuten, dass ich der echten Bewegungsphase schon so um die 7:30 hoppeln müsste.

OK, das ist also der Plan, wie es wirklich wird könnt Ihr ab dem 17.06.11 22:00 hier in den Kommentaren lesen, die ich – so Technik und Geist es zulassen – live vom Lauf posten werde.

Heiko, 50 Jahre, arbeitet am Tag, läuft nachts, sammelt Uhren, schraubt an Autos und liebt die Familie über alles. Heikos Seite ist schlusslaeufer.de.

Von 0 auf 100: Der Weg zum Ultra-Läufer (Teil III)

Heiko Müller, der für “Männer unter sich” schon mal eben kurz von Hamburg auf den Brocken gefahren ist, hat für uns eine vierteilige Serie über Ultra-Läufe geschrieben. Teil I lieferte eine Einführung ins Thema, Teil II beschrieb interessante Ultra-Läufe in Europa. In Teil III beschreibt Heiko, wie er sich auf seinen ersten 100-km-Lauf vorbereitet hat. Teil IV erscheint nächste Woche.

Pläne sind das A und O des Laufens. Auch wenn das simple Rumlaufen sehr viel Spaß bringt, so ist das Pläneschmieden doch ein schöner Denkansatz für die langen Läufe. Gerade wenn ich lange Läufe nachts durch dunkle Wälder mache, dann schmiede ich Pläne. Mag an der Nacht, der Dunkelheit, dem Schlafentzug liegen, die Pläne sind oft so, dass Mitmenschen den Kopf schütteln. So auch der Plan einen 100er zu Laufen.
Biel. Der Klassiker. 100km. Ein Marathon. Dann noch einer. Und dann noch fast ein Halbmarathon. Hintereinander. Nachts und in den Tag hin ein. Mal ehrlich. Das kann doch nur einem wahrhaft verwirrtem Geist einfallen. Beides meine ich. So einen Lauf ins Leben zu rufen. Oder daran teilzunehmen. Beides ist aber erfolgt. Jemand hat sich diesen Lauf ausgedacht. Und das lange vor unserer Zeit. Und jedes Jahr machen mehr mit. Der Wahnsinn hat einen Namen: Biel.

Aber wie kam ich überhaupt auf Biel? Schuld war natürlich wieder das Laufmagazin. Dort wurde über Biel berichtet. Aber es kamen noch andere Aspekte hinzu.
Als Kind war ich Mitglied im lokalen Sportverein. Wir machten das, was man wohl Breitensport nennt. Laufen, Spielen, Turnen, eben all das was den Körper bewegt. Unser Trainer selbst lief. Er lief auch die 100km von Biel. Damals war das eine Zahl. Gewaltig wohl, unerreicht im persönlichen Leben. Aber mehr auch nicht. Einmal brachte er einen Aufkleber mit. Rot. 100km Biel Bienne stand da zu lesen. Er zierte lange Jahre die Mittelstange meines Torpedo 3 Gang Fahrrades. Lange dachte ich der Lauf geht von Biel nach Bienne. Die Geographie der Schweiz ist dem Norddeutschen eben fremd.

Im Februar ist der Lauf zentraler Punkt meiner Gedanken. Konnte ich den Marathon fassen und mir des Zieleinlaufes relativ sicher sein, hier fehlt mir der Vergleich. Nachts kreisen die Gedanken um die hölzerne Brücke nach einem 5tel der Strecke, dem Hoh-chi-Min Pfad nach der Hälfte, der Steigung bis km 80, dem Abstieg danach, dem Schild 99km, dem Ziel. Viele Rennberichte, Bilder und Trainingspläne hab ich aufgesaugt. Es ist als ob ich die Strecke schon gelaufen bin. Bin ich aber nicht!

Wird die Nacht mich fressen? Falle ich nach 6 Jahren ohne Durchschlafen wegen der Kinder, morgens während des Laufes in einen komatösen Schlaf? Halten die Knochen? Arbeiten die Muskeln? Und Mental? Woran soll ich 14-16 Std. denken? Werden andere auch so langsam sein? Oder muss ich allein laufen?
Noch sind es 3 ½ Monate und bereits jetzt sind Kollegen, Freunde und Familie genervt, weil ich entweder laufe oder darüber rede. Ist der gedankliche Stress bis zum Start, nötig um den Lauf zu ertragen?
Ich kann mittlerweile die Überschrift eines Laufberichtes „Vom Werde-Gang zum Lebens-Lauf“ gut verstehen. Biel, die 100km, das verändert den Menschen.

Training ist für Biel wohl wichtiger als für jeden anderen meiner Läufe bisher. Glaube ich jedenfalls. Oder sagen zumindest die Anderen. Genau die Anderen, auf die man bei eigener Unsicherheit gern mal zurück greift. Andere sind Menschen, Berichte, Magazine und sonst was. Aber genau da liegt der Hase im Pfeffer. Diese Summe von Anderen spiegelt auch die Gesamtheit aller Meinungen dieser Welt wieder. Eigentlich hilft es also überhaupt nicht. Gut, man redet, kommuniziert, ist Mitglied der Gesellschaft. So gesehen ist das Fragen Anderer ein wichtiger gesellschaftlicher Aspekt. In Hinblick auf die persönliche Sicherheit führt es aber zu rein gar nichts.
Mut hat mir ein Artikel in der März Ausgabe eines Laufmagazins gemacht, dass man für den Wechsel von Marathon auf Ultramarathon eigentlich nichts weiter machen muss als immer nur lange, langsame Läufe. Nix Tempo Training, nix Intervall, nur immer lange, lange langsam laufen. Na das klang doch auch sehr gut, was nun?

Muß der Kopf mit? Der Kopf ist mit ca. 5-6 Kg. beim erwachsenen Menschen ein arger Ballast. Und das nicht nur als reines Gewicht beim Laufen. Insbesondere die Folgen seiner Inhaltsstoffe – hier im wesentlichen das Gehirn –  machen das Laufen mitunter schwierig. Anhalten, hinsetzen, faul sein… das sind häufig folgen zu intensiver Beachtung der negativen Auswirkungen die vom Kopf ausgehen. Bekannt auch als innerer Schweinehund.
Biel wurde immer deutlicher sichtbar am Horizont. Der innere Schweinehund ist ein steter  Gast. 10,4km misst die sogenannte Nachtrunde. Es galt 3 Runden zu laufen. Die erste war schon langsamer als sonst. War doch etwas viel die Woche? Die Zweite lief noch so gerade. Beim Getränke und Verpflegungstop auf der heimatlichen Veranda, die Dusche nur 3m Luftlinie entfernt, die Außentemperatur bei wohligen -2°C, die Lust beim absoluten Nullpunkt (für den Nichtphysiker -273,16°C).
Da war er dann, der fragende Blick nach innen, soll ich wirklich noch eine dritte Runde laufen. Es ist 23Uhr. Ab unter die Dusche. Rein ins Bett. Wenn kümmert dieses 3te Runde. Ist doch egal. Aber dann ging es doch weiter. Los lauf, raus auf die zähe dritte Runde. Sie umkreist das Heim. Nirgends ist es weiter als 1,5km um nach Hause zu kommen. Ein Kampf von über einer Stunde. Und plötzlich lief nicht mehr ich, sondern es. Es lief und hörte nicht auf die Stimmen. Das Es lief war ein neues Gefühl. Es war irgendwie anders. Anders als Ich. Ich dachte nach. Es lief. Ich hatte Schmerzen. Es lief. Ich konnte nicht mehr. Es lief. Ha, so konnte das weitergehen. Ich müsste dieses Es nur zähmen und so dressieren, dass ich Es jederzeit abrufen könnte. Das würde aber vermutlich nicht so leicht.

Monotonie-Training war angesagt. Alsterrunden. Nicht eine, nicht zwei… nein Acht. Das ist wirklich eine bizarre Erfahrung. Gegen 17:00 parkt man seinen Bistro Panzer – wie meine mobile Futterstation mittlerweile in Läuferkreisen genannt wird – an der Außenalster in Hamburg. Los geht es. 7,5km beträgt die Runde. Leichte Sache das. 50min sind entspannt möglich. Viele sind es noch nicht, die mitlaufen. 17:00 ist zu früh. Erste Runde durch. Heckklappe auf. Kurze Pause. Warmer Tee, Gebäck. Weiter. Es wird voller. Die Nach-der-Arbeit-Läufer formieren sich. Meist mit dem Ziel eine oder manchmal zwei beeindruckend schneller Runden auf den Schotter zu legen. Auch die Damenwelt versammelt sich zunehmend. Die Alsterrunden sind eben doch die Partnerbörse von Hamburg. Einige Damen sind flott. Laufen ist das Ziel. Andere tragen derart dicke Chemieschichten im Gesicht, dass allein dieses Gewicht zu einer Zeitstrafe von mindestens 5min führt. Gesehen werden ist hier das Ziel. Ich für meinen Teil sah eher weg. Ich wollte ja laufen. So verstrichen die Runden. Gegen 22:00 wird es wieder leerer. Die laufenden Schminkköfferchen verlassen die Strecke. In dieser Phase beobachtet man eine leichte Gewichtszunahme unter den Läufern. Es gibt jetzt die schnellen Rehe und die stampfenden Elefanten. Jene suchen wohl den Schutz der Dämmerung. Ich fühle mich den Elefanten zugehörig, jedenfalls trompetet meine Atmung mächtig in die Nacht.
Mitternacht. Ich bin deutlich langsamer geworden. Aber ich laufe noch. In etwa einer Stunde werde ich mein Ziel 8 Runden bzw. nahezu 60km gelaufen zu sein, erreicht haben. Wer denkt es würde um diese Zeit dann wirklich einsam, dem sei gesagt: Nein. An der Außenalster wird immer gelaufen. Und Mitternacht ist kein Garant für freie Wege! So war ich zwar allein unterwegs, aber nie allein auf der Strecke.

Kann Konsum das Training ersetzen? Einige Laufgurus machen einen das ja glauben. Pulver hier, Shirt dort, Uhr am Arm…. Und auch ich beruhige so meine Seele. Die Uhr mit Speed Sensor ersetzt/unterstützt das Körpergefühl. Der neue Laufschuh ist noch so rechtzeitig da, dass er einige km an die Füße kann bevor am 09.06.2006 um 22:00 der Knall, eine ca. 100.000-fache Belastung der ausgeklügelten Dämpfungselemente startet. Da bleibt die Frage: Schuh oder Körper, wer gibt eher auf. Der Winterschlussverkauf brachte auch noch hyper-Schweiß-leitende hochatmungs-aktive ultraleicht-reflektierende Sportfasern. So eine Jacke allein ersetzt schon einige hundert Trainingskilometer.
Ja, so Konsum gestärkt kann ja nichts mehr schiefgehen. An der Ausrüstung ist nicht zu meckern. Restrisiko ist nur noch der Körper.

Der Hamburg Marathon. Kurz vorher zog eine leichte Erkältung auf. Halskratzen und ein Anflug fiebriger Beine. War aber nur kurz und zum Wettkampf wieder weg. Dennoch sollte das beim Wettkampf nicht vergessen werden. Also flott losgelaufen den Marathon, 4 Stunden und das eigene Wohlbefinden im Blick. 10km, 57:49 lief doch, 20 km 1:55:18 (zweite 10km 57:29) na geht doch, 30km 2:56:52 (dritte 10km 1:01:34) na geht doch BERGAB, 40km 4:07:32 (vierte 10km 1:10:40)… Zielzeit 4:23:06.
Nun folgte noch der Teil: Nach Hause laufen. Vom Ziel sind das knappe 16km. Ich holte also Rucksack, etwas zu Essen und weiter ging es. Das allerdings hatte mich Laufen nicht mehr viel zu tun. Die Rast im Ziel (waren nur 10min) hatte mir den Saft entzogen. Ich war jetzt schlapp. Warum noch laufen? Medaille hatte ich doch schon. Und es gab ja auch nicht mehr alle paar km was zu trinken. Ich hatte jetzt alles dabei, musste selber tragen. Nicht schön das. Aber ich wollte diesen Test ja. Uns so lief, ging, schlich, kämpfte ich mich Richtung Heimat. Zäh. Super zäh. Das war jetzt selbst beim Laufen keine Freude mehr. Hier war also weder Loslaufspaß noch Laufspaß zu finden. Es war ein Kampf. Aber ein positiver. Ich lernte, dass ich auch nach einer hohen Belastung, einer Belastung an deren Ende eigentlich alles am Ende ist, noch Kraft hatte um weiterzumachen. Das würde mir in Biel eine gewisse Sicherheit bieten. Es ging noch was, wenn nichts mehr gehen sollte.
Jetzt dürfen die 100 km von Biel aber auch kommen. Noch einen Monat warten? Warten war noch nie meine Stärke.

Heiko, 50 Jahre, arbeitet am Tag, läuft nachts, sammelt Uhren, schraubt an Autos und liebt die Familie über alles. Heikos Seite ist  schlusslaeufer.de.