Das männliche Zitat der Woche (CXXII): Arthur Miller

„Ich stimme mit Tennessee (WIlliams) in einer Sache wirklich überein: Wir bestehen aus Erinnerungen. Etwas Wasser, etwas Blut, ein paar Organe, die das alles bewegen, aber das, was uns motiviert, was uns definiert, sind unsere Erinnerungen. Man beobachtet Menschen, man liebt sie, man lebt mit ihnen und erlebt, was mit ihnen passiert. Man beobachtet – mit jungen Augen – wie sie mit Verlusten fertig werden, mit Betrug, mit Furcht. Man hat miterlebt, wie sie so etwas durchgestanden haben, und daher wird es zu einer Art Gebrauchsanweisung, nach der man handelt. Es braucht Lebenserfahrung – und viele, viele Fehler – bis man erkennt, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, und inzwischen haben sich Erinnerungen angesammelt: an Menschen, die verletzt wurden, die man verlassen hat, die uns verlassen haben. Die diese Welt verlassen haben, aber in deinen Erinnerungen bleiben.“

Arthur Miller

 

Ein paar Worte zu Ian Fleming…

 

Foto: Fortheloveofknowledge, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Ian Fleming, der Autor der James-Bond-Romane, ist seit bald 60 Jahren tot. Für mich ist er der Erfinder des modernen Thrillers, er hat viele Dinge, die heute zum normalen Handwerkszeug des Spannungsautoren zählen, zum ersten Mal eingesetzt und perfektioniert und dabei einen eigenen, faszinierenden und wortwörtlich unnachahmlichen Stil entwickelt. Was nicht jeder weiß: Seit Flemings Tod haben seine Nachlassverwalter insgesamt 11 Autoren beauftragt, neue Bond-Romane zu schreiben, unter anderem echte Heavyweights der Szene, wie Kingsley Amis oder Jeffery Deaver. M. E. hat keiner je Flemings Level erreicht, Amis mit „Colonel Sun“ und Anthony Horowitz mit „Trigger Mortis“ sind relativ nahe an ihn rangekommen, aber Fleming selbst bleibt als Autor ein absolutes, stilbildendes Unikat.

Auch wenn ich von Fleming als Autor sehr viel gelernt habe und seine Meisterschaft im Thriller-Genre bewundere, ansonsten halte ich ihn für eine ziemlich üble Type. Er war ein Kind seiner Zeit, 1908 in einen Politiker-Haushalt hineingeboren, geboren, in Eton beschult worden, er war ein stockkonservativer, homophober Rassist, da gibt es nichts zu beschönigen, das kann man – auch – aus den Bond-Romanen herauslesen. Noch herauslesen, denn die Fleming-Nachlassverwalter wollen jetzt auch die mittlerweile berüchtigten „Sensitivity Reader“ auf Flemings Bücher loslassen, um wenigstens die ärgsten Klöpse z. B. aus „Live and let Die“ zu tilgen.

Im Prinzip würde ich das ja gelassen sehen. Gegen die Modernisierung letztlich trivialer Unterhaltungsliteratur ist wenig zu sagen. Um Himmelswillen, in „Casino Royale“ gibt Bond noch Zwischengas beim Schalten, heute weiß doch kein Mensch mehr, was das überhaupt ist. Andererseits… wenn die Lektoren ihre Arbeit konsequent machen, dann tilgen sie Flemings Rassismus und die ganze Entwicklung, die die Welt seit den Abenteuern des Ur-Bonds genommen hat komplett. Fleming würde dem Erst-Leser vielleicht als durchaus netter Kerl erscheinen. Das sollte nicht sein. Das war er wirklich nicht.