Vive le Leidenschaft – Turnier-Tagebuch Tag 23

Frankreich ist deutlich näher als Brasilien, trotzdem haben wir auch bei diesem Turnier keinen Sonderkorrespondenten vor Ort. Wir verfolgen die Spiele vor dem Fernseher. Zuhause, in der Kneipe, bei den Public Viewings, überall da, wo Männer sich treffen, die den Fußball lieben und leben. Wie bei jedem Turnier führt Chris Kurbjuhn spieltäglich ein Turnier-Tagebuch mit Kommentaren, Anekdoten, dummem Fußballzeugs und Erinnerungen an frühere Turniere. Football, bloody hell!

Das war nicht unverdient, das Frankreich das Halbfinale gegen Deutschland gewonnen hat. Das war auch nicht irgendwie unglücklich. Das war folgerichtig und irgendwo logisch. Die Franzosen haben mehr investiert als die Deutschen. Nicht in Sachen Taktik oder Spielkultur, sondern in Sachen Leidenschaft. Leidenschaft entscheidet Spiele.

Natürlich war die deutsche Mannschaft überlegen, vor allen Dingen in der ersten Hälfte. Die halbe Zeit hatten sie die Franzosen komplett eingeschnürt, die haben ja gar nicht mehr versucht, aus der eigenen Hälfte zu kommen. Wenn wir in der Phase ein Tor machen, ist der Drops gelutscht. Die Franzosen müssen aufmachen. Wir können uns zurückfallen lassen, kontern… das Match hätten wir im Sack gehabt. Wenn wir das Tor geschossen hätten. HÄTTEN.

Die Hohensteiner Kasperin hat’s im Post-Match-Gespräch mit Löw mit aller Naivität auf den Punkt gebracht: „Kann man da ein Tor nicht einfach erzwingen?“, hat sie gefragt. Kann man natürlich nicht. Alberne Frage. Andererseits ist die deutsche Fußballgeschichte prallvoll mit erzwungenen Toren. Wolfgang Webers Last-Minute-Ausgleich im Wembley-Finale 66. Schnellingers Ausgleich im Jahrhundertspiel. Die Tore von Rummenigge und Fischer in der Verlängerung vom Halbfinale 82… Diese und viele anderen Tore entstanden nicht aus taktischer oder spielerischer Überlegenheit, sondern aus Leidenschaft. Aus dem Willen, auf keinen Fall verlieren zu wollen. Der war am Donnerstag bei den französischen Spielern mehr zu spüren als bei den deutschen. Und deshalb haben sie gewonnen. Punkt.

Ob die Franzosen auch das Finale gewinnen? Wahrscheinlich ist es, der Heimvorteil ist ein volles Pfund. Andererseits: Ronaldo. Das ist vermutlich seine letzte EM. Und die Portugiesen wissen, dass es möglicherweise auf Länge ihre letzte Chance ist, einen Titel zu holen. Das wird Kräfte und Leidenschaft freisetzen. Trotzdem, ich denke, Frankreich wird’s machen.

Mein Tipp für heute:
Portugal – Frankreich 1:2

Euch allen ein schönes Finale, viel Spaß!

Dies war die letzte Ausgabe des Turnier-Tagebuchs 2016. Ich danke für eure Aufmerksamkeit. 2018 schlagen wir ein neues Tagebuch auf. Thema: Titelverteidigung. Ich freu mich schon.

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