[Klartext] Fairplay

Foto: Franz from Saarbrücken (Flickr) [CC BY 2.0], via Wikimedia Commons

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Auch wenn Waldemar Hartmann mir in vorbildlicher Weise die inhaltliche Einordnung des Themas „Vergabe der WM 2006“ abgenommen hat, zur Machart der SPIEGEL-Titelgeschichte, die den ganzen Rummel ausgelöst hat, möchte ich noch ein paar Worte verlieren.

27 Fragezeichen finden sich in der Titelgeschichte des letzten SPIEGEL, in der dem DFB vorgeworfen wird, FIFA-Stimmen gekauft zu haben, um die WM 2006 nach Deutschland zu holen. Das sind 27 Fragezeichen zu viel. Wenn man anderen Menschen strafrechtlich relevante Vergehen vorwirft (auch wenn sie mittlerweile verjährt sind), sollte man harte Fakten auf den Tisch legen. Das hat der SPIEGEL nicht getan, im Gegenteil. Die Titelgeschichte strotzt vor Konjunktiven, in jedem zweiten Satz finden sich Wörter wie »angeblich« oder »möglicherweise«, die ganze Argumentationskette der SPIEGEL-Kournalisten gipfelt in der selbstgestellten Frage, ob Deutschland (gemeint ist der DFB bzw. das von ihm installierte WM-OK) geschmiert haben, und sie wird mit „Dafür gibt es bisher keinen Beweis.“ beantwortet.

Letztlich hat der SPIEGEL Belege für eine Zahlung von 6,7 Millionen Euro, die 2005 auf dem Umweg über ein FIFA-Konto an den ehemaligen adidas-Oberpropeller Louis-Dreyfus getätigt wurde. Um diese einzige Tatsache herum hat der SPIEGEL eine Story um ein Darlehen gebastelt, das Louis-Dreyfus dem DFB beziehungsweise dem Bewerbungs-Komitee unter Beckenbauer gegeben haben soll, um die vier asiatischen Stimmen in der FIFA-Exekutive bei der 200er Abstimmung zu kaufen. Für diese ganze Geschichte scheint es keine Belege zu geben, denn der SPIEGEL erzählt sie durchweg im Konjunktiv.

Im Prinzip macht der SPIEGEL also nichts anderes als das, was Jens Weinreich, Mitautor der Geschichte, am Sonntagabend in einem einigermaßen bizarren Telefoninterview bei Sky90 dem DFB-Anwalt Schertz vorgeworfen hat: Er zündet Nebelkerzen. Warum Weinreich & Co. das tun, bleibt Redaktionsgeheimnis. Ob sie eine ins Stocken geratene Recherche auf diese Weise beleben wollen, ob persönliche Rachegelüste mit im Spiel sind oder ob schlicht Auflage gemacht werden sollte – das ist, um im Jargon der Titelgeschichte zu bleiben, unklar.

Klar hingegen ist, dass das hundsmiserabler Journalismus ist, wie wir ihn zuletzt bei BILD kontra Jörg Kachelmann gesehen habe. Einfach kübelweise mit zusammenspekuliertem Dreck werfen (irgendwas ist vielleicht wahr), und dann vom Beworfenen den Beweis verlangen, dass es nicht so war? Ganz mieser Stil, Sportsfreunde. Fairplay ist nicht nur auf’m Platz.

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