[Filmkritik]: Schwierig, wuchtig – „Härte“

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Video-Link: https://youtu.be/ZN3r6xqjxcc

Härte. Und Gewalt. Gegen sich, und gegen andere. Ganz, ganz schwieriges Thema. Männerthema. Und damit befasst sich ein Film, der heute in die Kinos kommt, »Härte«. Von Rosa von Praunheim. Ich hab ihn schon gesehen. Beeindruckendes Ding, trotzdem bin ich ein wenig zwiegespalten. Am besten, ich erzähl ein bisschen mehr darüber.

»Härte« erzählt die wahre Geschichte von Andreas Marquardt. Wenn man sagt, dass Marquardt eine Scheiss-Kindheit hatte, dann ist das eine ziemliche Untertreibung. Er wurde von seinem vater gequält und von seiner Mutter über Jahre hinweg sexuell missbraucht. Der Kampfsport wurde zur Zuflucht, Marquardt brachte es bis zum Karate-Weltmeister. Und rutschte dann ins Milieu ab. Wurde Zuhälter, lebte total brutal seinen Frauenhass aus und landete schließlich im Knast. Und schaffte es dann – es kommt einem wie ein Wunder vor – den Schalter umzulegen. Erkämpfte sich eine Therapie und schließlich ein neues Leben, zusammen mit Marion, einer Frau, die die ganze Zeit zu ihm gehalten hat, obwohl er sie in seinem früheren Leben auf den Strich geschickt und hundsmiserabel behandelt hat. Heute hat Marquardt ein Kampfsport-Studio, trainiert dort Kinder und Jugendliche und war zu einer Audienz beim Papst eingeladen.

Starker Tobak? Aber hallo! Was nicht nur an der – gelegentlich schwer erträglichen – Geschichte liegt, sondern auch an Rosa von Praunheims filmischer Erzählweise. Wer schon einen oder mehrere seiner Filme gesehen hat, weiß, dass einen meistens heftige Stilisierung und hohe Künstlichkeit erwarten.

Da macht »Härte« keine Ausnahme. Der Film ist eine Mischung aus in Farbe gedrehter Doku, in der Marquardt und seine Lebensgefährtin Marion selbst ihre Geschichte erzählen. Und von in Scchwarzweiß vor theaterhaften Kulissen gedrehten Spielszenen, in denen Schauspieler die Szenen aus Marquardts früherem Leben nachspielen. Manchmal ist das Schauspielerisch absolut grandios (Hanno Koffler als junger Marquardt, Katy Karrenbauer als seine Mutter, Luise Heyer als Marion), in einigen Nebenrollen sind Laien am Werk, die agieren derart hölzern, dass es einem die Zehennägel aufrollt.

Und das ist bei von Praunheim ja immer Absicht, er strebt ja nach Künstlichkeit, um Distanz zu seinen Themen herzustellen. Ich hab beim Anschauen des Teils mehrmals »Verdammt nochmal, warum hat man da nicht einen RICHTIGEN Film draus gemacht?« gedacht und mich geärgert. Hinterher bin ich ejdoch ins Nachdenken gekommen, denn der Film hat trotz – vielleicht auch wegen – dieser Künstlichkeit eine ziemliche Wucht. Und die Stilisierung nebst den Doku-Szenen sorgt ja gerade dafür, dass man die ganze Zeit im Hinterkopf behält, dass die Geschichte auf Tatsachen beruht. Als bloße Fiktion wäre diese Geschichte einer wundersamen Erlösung inkl. gelegentlich doch sehr vereinfachenden Psychologisierens möglicherweise nur unglaubwürdiger Kitsch, über den das Nachdenken nicht lohnend erscheint.

Letztlich msus es schreiben: Ich weiß es nicht. Wenn ihr euch mit ‘nem Bier und ‘nem Eimer Popcorn einen schönen Kinoabend machen wollt, seid ihr in »Härte« komplett falsch. Wer Bock darauf hat, Denkanstöße über Härte und Gewalt zu bekommen und sich mit einer sehr eigenen filmischen Form auseinanderzusetzen, für den könnte der Film was sein. Beeindruckend ist er auf alle Fälle.

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Eine Antwort zu [Filmkritik]: Schwierig, wuchtig – „Härte“

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