Roberts Blu-rays: Spießrutenlauf zum Recht – Haftbefehl

haftbefehl_coverIm Zweifel gegen den Angeklagten: Alain Marécaux und seine Frau Edith haben keine Chance, als plötzlich die Polizei vor ihrer Tür steht und das Ehepaar aus heiterem Himmel wegen Kindsmissbrauchs inhaftiert. Ihre drei Kinder werden indessen bei Pflegefamilien untergebracht, Alain mit einem ehrgeizigen jungen Richter konfrontiert, der den Fall offenbar zur Selbstprofilierung nutzen möchte. Auch ohne aussagekräftige Beweise…

Der Trailer:

Alain Marécaux ist ein erfolgreicher Gerichtsvollzieher, drei Kinder, verheiratet mit Edith. Natürlich darf auch ein Hund nicht fehlen. Die Ehe leidet zwar unter Alains Arbeitsbelastung, ist aber sonst stabil. Ein ganz normales Familienleben im Norden Frankreichs. Bis eines Abends ungebetener Besuch auf den Hof rollt: Die Polizei hat den Haftrichter gleich mitgebracht. Hausdurchsuchung. Bis zu deren Verhaftung am frühen Morgen erfahren Alain und Edith nicht einmal den Grund der Aktion: Ihnen wird vorgeworfen, Kinder sexuell misshandelt zu haben. Als Beweismittel reichen ein Pornoheft im Altpapier, mit dem Edith ihre Schwester zu deren Geburtstag ärgern wollte und eine Videocassette. Dass auf der nur die Aufzeichnung einer Fußballübertragung ist, stört da schon niemanden mehr.

haftbefehl_01Bei den anschließenden Verhören zeigen sich die ermittelnden Polizeibeamten alles andere als zimperlich. Sie wollen Geständnisse erzwingen, bevor das Ehepaar, das getrennt von einander verhört wird, überhaupt mit einem Anwalt sprechen kann.

haftbefehl_02Der Haftrichter hat von Anfang an keine Zweifel an der Schuld. Das öffentliche Interesse ist natürlich immens. Er sieht seine Karrierechance. Der mittlerweile eingeschaltete Anwalt kann, trotz sehr zweifelhafter Beweislage der Anklage, keine Freilassung erwirken. Auch die Hauptbelastungszeugin macht alles andere als einen glaubwürdigen Eindruck. Doch für Alain beginnt ein 20 Monate langer Spießrutenlauf in der Untersuchungshaft. Er verliert zuerst seine Würde, dann die Kanzlei. Schließlich die Familie, Haus und Hof. Nach dem Tod seiner Mutter, die an diesem Zustand zerbricht, folgen einige Selbstmordversuche und schließlich ein Hungerstreik.

haftbefehl_05Das Drehbuch basiert auf den Memoiren des Hauptangeklagten, der Fall ereignete sich in Frankreich tatsächlich 2001. Parallelen zum Fall Mollath sind nicht von der Hand zu weisen. Wenngleich hier die politische Komponente fehlt. Dafür ist die Art und Weise, wie die französische Justiz sich in diesem Fall, auch in der Hauptverhandlung und beim Urteil, verhalten hat, geradezu kriminell. Ich will aber hier nicht zu viel verraten, um Euch die Spannung nicht zu verderben.

haftbefehl_03Regisseur Vincent Garenq hat mit „Haftbefehl – Im Zweifel gegen den Angeklagten“ einen Thriller inszeniert, der noch lange nachwirkt. Die Kamera liefert bedrückende Bilder hoher Intensität, die niemanden kalt lassen. Gut auch, dass weitgehend auf das mittlerweile doch recht ausgelutschte Stilmittel der wacklig geführten Handycam verzichtet wurde. Dort, wo sie sparsam eingesetzt verwendet wird, passt es aber. Der 5.1-Ton schafft zudem eine derart räumliche Atmosphäre, dass man sich mitten im Geschehen fühlt. Dem Ganzen setzt aber die schauspielerische Leistung von Philippe Torreton die Krone auf. Seine Darstellung des, vom Hungerstreik geschwächten, Alain ist reif für den Oskar.

Ein kleiner Tipp noch am Schluss: Schaltet beim Abspann nicht gleich aus. Es lohnt sich bis zum Ende zuzuhören!

 

Cast & Co
Regie: Vincent Garenq ● Darsteller: Philippe Torreton, Noémie Lvovsky, Wladimir Yordanoff u.a.

TECHNISCHE DATEN
Lauflänge: ca. 102 Minuten ● Bildformat: 2.35:1 (16:9) ● Sprachen: Deutsch (DTS-HD 5.1), Französisch (DTS-HD 5.1) ● Untertitel: Deutsch ● Extras Original Kinotrailer ● Produktionsjahr: 2011 ● Produktionsland: Frankreich ● FSK: Freigegeben ab 16 Jahren ● Wendecover

Wollt ihr eine Blu-ray von „Haftbefehl“ gewinnen? Dann beteiligt euch an unserem Gewinnspiel. Wir verlosen zwei Blu-rays des Films unter allen Teilnehmern. Gebt einen Kommentar zu diesem Beitrag ab und nennt einen anderen Film, in dem es um Gerichte, Justiz und Urteile geht. Dazu habt ihr bis zum 20. 03. 2013 12 Uhr mittags Zeit, dann schließen wir die Kommentare und lassen das Los entscheiden. Mitarbeiter von Nassrasur.com dürfen nicht mitmachen, der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Technischer Hinweis: Wenn möglich, nicht NUR einen englischen Film-Titel als Kommentar posten, sonst landet der erst mal im Spamfilter. Natürlich holen wir ihn auf Anfrage gerne aus, aber wenn der Kommentar aus mehr deutschen als englischen Wörtern besteht, nimmt er diesen Umweg meistens nicht.

Update 21.3.: Einsendeschluss, die Kommentare sind dicht, es wurde gelost. Templetom und Reinhold haben gewonnen und wurden per Mail benachrichtig, wir danken allen Teilnehmern fürs Mitmachen!

Rezensions- und Verlosungsexemplare von „Haftbefehl – Im Zweifel gegen den Angeklagten“ wurden uns von Koch Media GmbH KG zur Verfügung gestellt. Wir bedanken uns herzlich.

Robert Hill, freier Journalist und Fotograf. Kommt eigentlich aus München, wohnt im Taunus. Mag mechanische Uhren und klassische Kameras. Fotografiert, wenn privat, immer noch am liebsten auf Diafilm. Hat es geschafft, im letzten Jahr mehr Kilometer mit dem Fahrrad als mit dem Auto zu fahren. In “Roberts Blu-rays” stellt er in unregelmäßiger Reihenfolge Neuerscheinungen vor, die vielleicht interessant für euch sind. Weitere Filmtipps von Robert findet ihr unter www.film-blog.tv.

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9 Antworten zu Roberts Blu-rays: Spießrutenlauf zum Recht – Haftbefehl

  1. AvatarThomas Fischer sagt:

    Klingt bedrückend interessant.

    Der Klassiker schlechthin: „Die 12 Geschworenen“ mit Henry Fonda.

  2. AvatarMathias sagt:

    Ähnlicher Fall, anderer Handlungsstrang: 72 Stunden – The Next Three Days

  3. AvatarMirco Piatek sagt:

    Der Klient
    fällt mir da ein…

  4. AvatarBasso sagt:

    Sowohl als Buch als auch als Film Empfehlenswert: Die Jury

  5. AvatarLafette sagt:

    Ein anderer Klassiker: „Wer die Nachtigall stört.“

  6. Avatarflorian neitzel sagt:

    Oder auch der alte Kracher „Zeugin der Anklage“

  7. AvatarTempeltom sagt:

    Klingt ja wieder sehr spannend und beeindruckend.
    „Die Kammer“ mit Gene Hackman könnte ich hier ergänzen.

  8. AvatarReinhold sagt:

    Larry Flynt – Die nackte Wahrheit – hätte ich anzubieten

  9. AvatarMichel sagt:

    Ich fand immer „Das Urteil von Nürnberg“ super. Schaue ich mir immer gerne an.