Männeressen: Gulasch

saftgulaschGulasch! Supersache. Da kochen wir gleich ’ne große Portion, denn aufgewärmtes Gulasch schmeckt noch mal ’n Tacken besser als frisch gekochtes – eine Männerweisheit, die von Generation zu Generation weitergegeben wird. Gulasch gilt allerdings als etwas arbeitsintensiv, insbesondere was das Anbraten der Fleischwürfel anbelangt. Das muss man portionsweise machen, wenn man zuviel in die Pfanne tut, zieht das Fleisch Wasser und wird zäh. Und die Fettspritzerei beim Anbraten… kann man hinterher die Küche wischen…
Keine Panik! Wir weichen auf ein waschechtes Wiener Saftgulasch aus. Bei dem kann man sich die Anbraterei sparen und es schmeckt kein bisschen anders als die angebratene Variante. Ehrlich. Ich hab’s getestet.

Okay, bevor wir kochen, müssen wir einkaufen gehen. Was haben wir da? KüBi1 natürlich. Aber auch  edelsüßes und scharfes Paprikapulver2, Kümmel, Lorbeer, Schlückchen Rotwein, bisschen Bouillon, Salz, Pfeffer und ordentlich Schweineschmalz zum Anbraten sollten wir vorrätig haben. Einkaufen müssen wir Zwiebeln, Knoblauch, ’ne unbehandelte Zitrone und – natürlich – Fleisch. Gleiche Menge wie Zwiebeln, also mindestens je 3 Pfund, drunter lohnt Gulaschkochen eigentlich nicht. Und beim Fleisch machen wir keine Kompromisse, sondern einen großen Bogen um das, was vorgeschnitten im Supermarkt rumliegt und verlangen beim Fleischer Rinderwade oder Rinderhesse, und zwar am Stück.

Fleisch von der Wade, mit Sehnen und Flechsen

Fleisch von der Wade, mit Sehnen und Flechsen

Okay, wenn wir das Fleisch am Stück kaufen, müssen wir’s selber zerschneiden, aber das ist mit einem halbwegs scharfen Küchenmesser kein Problem. Und nur, wenn wir das Fleisch selber würfeln, können wir sicherstellen, dass das Fett, die Sehnen und die Flachsen, die in der Rinderwade stecken… nee, eben nicht weggeschnitten werden. Die müssen dranbleiben. Durch die lange Zeit, die wir unser Gulasch bei milder Hitze schmoren lassen werden, löst sich das Zeugs komplett auf und verbessert die Gulaschsauce. Ach, was sag ich verbessert, macht reines Manna aus der Gulaschsauce.

Also, Kübi geknackt, Schluck genommen, Fleisch gewürfelt. Würfelgröße ist Geschmackssache, will ich euch nicht reinreden3. Und, wo wir gerade stehen, pellen wir die Zwiebeln und zerkleinern sie grob. Kleinhacken ist überflüssig, beim Schmoren zerfallen die Teile sowieso. Ach ja, Spitzköppe, die angesichts der Aussicht, 3 (oder mehr) Pfund Zwiebeln pellen zu müssen, in die Knie gehen, und meinen, auf diese großen Gemüsezwiebeln ausweichen zu können, muss ich enttäuschen: die Teile sind zu süß und fade, die machen das Gulasch lasch4 und sind daher keine Option.

Gewürz-Ei

Gewürz-Ei

Also, wenn die Zwiebeln zerschnitten sind, bringen wir unseren großen Gulaschtopf an den Start und auf kleine bis mittlere Hitze, zerlassen großzügig Schweineschmalz darin, kippen die Zwiebeln dazu, decken ab und schauen gelegentlich nach, wann die Dinger glasig zu werden beginnen. Das hängt unter anderem von deren Alter ab, das kann zwischen 15 und 40 Minuten variieren. Die Zeit vertreiben wir uns mit KüBi und dem Laden des Gewürz-Eis. Gewürz-Ei? Was ist das? Das ist was ganz praktisches, gibt’s im Küchenbedarf, ist so ein überdimensioniertes Tee-Ei, in das man Schmorgewürze packt und problemlos wieder aus dem Topf nehmen kann, wenn man sie nicht mehr braucht. Hab auch mal gedacht, dass das überkandidelter Quatsch ist, aber seit ich eins hab, benutze ich es dauernd. Also, ins Gewürz-Ei kommen ein Stück unbehandelte Zitronenschale, paar Knoblauchzehen, Paar Lorbeerblätter, bisschen Kümmel. Wer kein Gewürz-Ei hat, nimmt ’nen Kaffeefilter, tut das Zeugs rein, knifft ein paar Mal um und tackert zu. Geht auch.

Okay, sind die Zwiebeln goldgelb-glasig? Prima. Pro Pfund Material geben wir jetzt einen Esslöffel edelsüsses Paprikapulver rein, rühren um, lassen kurz durchschwitzen und geben dann das Fleisch hinzu. Weiter rühren, bis alles so fettig paprikös glänzt, salzen, pfeffern, die Hitze raufdrehen und ein ordentliches Glas Rotwein und Bouillon oder Wasser zuschütten, bis die Flüssigkeit so gerade an die oberste Lage Fleisch ranreicht. Das Gulasch soll sehr feucht sein, aber nicht schwimmen. Jetzt das Gewürz-Ei reinhängen und sensibel die Hitze regulieren: kurz, bevor’s kocht, Hitze runter! Die Flüssigkeit sollte zu keinem Zeitpunkt kochen, ein gelegentliches faules Blubbsen ist alles, was wir unserem Gulasch gönnen.

Und das war’s für die nächsten zweieinhalb, drei Stunden. Gelegentlich sollten wir die Hitze kontrollieren, dass das Gulasch auf keinen Fall richtig kocht: nur so wird das Fleisch zart und mürbe, die Power-Kocherei auf voller Pulle erzeugt zähe Hartgummi-Klumpen. Wir beschäftigen uns anderweitig sinnvoll, trinken noch ein oder zwei KüBi, testen vielleicht schon mal verantwortungsvoll den Rotwein, den wir zum Gulasch reichen wollen. Nach einer, spätestens nach anderthalb Stunden sollte dann dieser unnachahmlich Gulasch-Duft durch die Wohnung ziehen. Jetzt kann man sich die alten Kung-Fu-DVDs mit David Carradine reinziehen, denn jetzt braucht man die Gelassenheit, die man sich nur durch jahrelanges Training im Shaolin-Kloster aneignen kann, um nicht den Deckel vom Topf zu reißen und vorzeitig über das Gulasch herzufallen. Frühestens nach zweieinhalb Stunden sollte man probieren, ob das Fleisch schon weich ist und das ganze in etwa diese Optik hat:

Gulasch ist fertich!

Gulasch ist fertich!

Wenn das Fleisch weich ist, schmeckt man nochmal ab. Scharfes Paprika-Pulver erst jetzt dazu tun, damit’s richtig paprikanisch schmeckt. Kurz durchschmurgeln lassen. Schälchen Creme Fraiche auf dem Tisch, um davon ein Löffelchen unters Gulasch zu rühren, kommt gut. Und Spiralnudeln werden auch gern gesehen. Mahlzeit!

 

 

 

  1. Küchenbier
  2. Obwohl, wenn wir Paprika dranschmeißen ist es eigentlich kein Gulasch, sondern ein Pörkölt, wie der pingelige Ungar weiß. Die Ungarn, die wir kennen, sind aber gar nicht pingelig, deshalb werfen wir Paprika ans Gulasch, weil das so schön Durst macht
  3. Wenn ihr allerdings GulaschSUPPE machen wollt, dann sollten die Würfel kleiner ausfallen, dass man sie auf den Löffel und in den Mund bekommt.
  4. Der musste sein!
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16 Antworten zu Männeressen: Gulasch

  1. AvatarMatthias sagt:

    Yes! Das nenn ich mal ’n brauchbares Rezept. Mir laufen jetzt schon Sturzbäche im Mund zusammen! Wird bei nächster Gelegenheit auf jeden Fall ausprobiert.

    P.S.: Da scheinen echte Feinschmecker am Werk zu sein, Respekt!

  2. AvatarBabypopo sagt:

    Na super, jetzt hab ich Hunger!
    Ich glaube, ich werde nachher mal den örtlichen Supermarkt plündern und beim Metzger meines Vertrauens vorstellig werden.

    *sabber*

  3. Bedanke mich für das Lob. Gulasch gehört zu den Sachen, die ich mit am Liebsten mache. Wenn man anständiges Fleisch kauft und die Hitze niedrig hält kann man absolut nix verbocken, man kriegt immer ’n richtig gutes Essen auf den Teller.
    In zwei, drei Wochen gibt’s ’n Follow-Up-Beitrag mit Gulaschvariationen.:)

  4. AvatarBabypopo sagt:

    Am vergangenen Wochenende habe ich mich zum „Chef de Cuisine“ erklärt und Frauchen den Zugang zur Küche strengstens untersagt (okay…Zwiebeln hacken durfte sie, aber nebenan).

    Sie hatte zwar einen zwischen Zweifel und Belustigung wechselnden Gesichtsausdruck während ich mit den Töpfen klapperte, den Messern hantierte und vor mich hinfluchte…das einfachste waren die Nudeln.

    Ergebnis: Beide pappsatt, Frauchen erstaunt, ich stolz wie Bolle und wer durfte spülen? Der Chef de Cuisine natürlich. Hmpf.

    Bin schon auf die Variationen gespannt!

  5. Tolle Sache, Babypopo. Und nicht nachlassen! Mit ein bisschen Übung geht Gulasch so einfach wie Nudeln, dauert nur ein bisschen länger.:)
    Bezüglich Abwasch: Mach ich eigentlich ganz gern. Wenn man schon beim Kochen anfängt, aufzuräumen, ist es kein großer Akt. Und man hat in der Gelegenheit, in der Küche in Ruhe noch ein KüBi zu trinken. Und zu testen, ob der Armagnac in der rumstehenden Flasche noch gut ist.

  6. AvatarBabypopo sagt:

    Nun ja, Töpfe, zwei Teller, zwei Gabeln, zwei Messer, zwei Gläser…war ja kein großes Thema und ging auch recht fix.

    Es ist nur so schwer, sich mit vollem Bauch vom Tisch zu entfernen und in die Küche zu rollen. *grins*

  7. AvatarJean P. Stecher sagt:

    Rinderhesse ist doch eine Beinscheibe mit Markknochen. Wird der mitgeschmort?

  8. Man kann den/die Knochen mitschmoren, es macht aber wenig Sinn, der Gulasch hat durch die lange Schmorzeit auch ohne Knochen schon einen intensiven Geschmack. Ich koch aus den Knochen lieber ’ne Brühe zur späteren Verwendung, und das Mark ess ich auf Toast oder nehm’s für Risotto Milanese.

  9. AvatarFrohsang sagt:

    Daaaanke!!!
    Endlich jemand dar weiß, wie’s wirklich geht!!
    Zum Thema Pörkölt ließt man soviel Müll…

  10. AvatarFrohsang sagt:

    „ließt“ natürlich mit „s“.

  11. AvatarUwe sagt:

    Hallo zusammen,
    endlich mal ein gutes und deftiges Fleischgericht und nicht immer die leichte Kost mit Geflügel und Grünzeug, danke Mann!

    beste Grüße
    Uwe

  12. AvatarOlli M. sagt:

    Hi Chris,
    auf der Suche nach einem Gericht für 20 Personen für Silvester bin ich auf dieses geile Rezept von Dir gestoßen. Am liebsten würde ich jetzt sofort anfangen, es nachzukochen, aber leider muss ich mich noch ein wenig zügeln (und vorher einkaufen).
    Danke, Danke, Danke

    • AvatarNorbert Lutz sagt:

      Hallo Chris, ich bin begeistert von Deinem Rezept!!
      Heute ist es so weit. Ich hab vier Beinscheiben mit Knochen (leider nicht Wade) ca. 3 Kg.
      Fleisch geschnitten – war ziemlich mühsam, wenn man keinen Stahlnetzhandschuh hat um die Sehnen fest zu halten. Aber es ging.
      Jetzt macht es schon seit über 2 h schön blubb und blubb auf Ceran auf Stufe 1 -2 ….
      Ich freu mich schon darauf, denn der Geruch ist sensationell – wie früher bei Muttern…
      Ich werde einfach Nudeln dazu machen.
      Das mit dem Kübi hat übrigens auch geklappt 🙂
      Gaaanz vielen Dank für Dein Rezept
      VlG
      Norbert

      • Chris KurbjuhnChris Kurbjuhn sagt:

        Wenn’s gut riecht, wird’S auch gut schmecken, Mahlzeit! Was mich ein bisschen wundert, ist der Widerstand der Sehnen. Messer wirklich scharf? 🙂 Fleisch zu frisch?

  13. Pingback:Männeressen: Gulasch-Variationen | Männer unter sich

  14. AvatarMaik sagt:

    Beste Gulasch wo gibt. Schon ein paar mal gemacht – immer wieder der Hammer !

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