Tod eines Schiedsrichters

Manfred Amerell ist gestorben. Wie man der Presse entnehmen kann, erlitt er einen tödlichen Herzinfarkt und lag dann mehrere Tage in seiner Münchner Wohnung, bevor jemand auf den überquellenden Briefkasten aufmerksam wurde und die Polizei verständigt hatte.

Manfred Amerell war Bundesliga-Schiedsrichter, er pfiff unter anderem ein DFB-Pokalfinale. Nach Beendigung seiner aktiven Karriere war er Schiedsrichtersprecher beim DFB. Er war ein gern gesehener Gast in Sportsendungen und Talkshows, er schrieb u.a. Kolumnen für den Berliner Tagesspiegel.
Vor zwei Jahren trat er von allen Ämtern zurück, nachdem der DFB bekannt gegeben hatte, dass Amerell sich einem anderen Schiedsrichter, Michael Kempter, gegen dessen Willen sexuell genähert habe. Es folgte eine Schlammschlacht Amerell vor mehreren Gerichten, an deren Ende ein Vergleich stand: Amerell verzichtete auf Schadensersatzforderungen gegen Kempter, der wiederum erklärte, „dass in Amerells Wahrnehmung seine Ablehnung der Annäherungsversuche Amerells als nicht deutlich genug erschienen sein könnte“ (Wikipedia). Die Medien werteten den Vergleich als einen Erfolg für Amerell. Amerell selbst sah das anders: „Mein Leben, so, wie es einmal war, ist zerstört. Der Riss geht durch alle Bereiche, das steckt man nicht so einfach weg. In einem Satz: Leben tue ich nicht mehr – ich existiere nur noch.“ (Donaukurier)
Der DFB hatte nie ein Verfahren gegen Amerell eingeleitet, obwohl sein damaliger Vorsitzender, mit den oben genannten Vorwürfen an die Öffentlichkeit gegangen war und die Affäre ausgelöst hatte.

Am Ende bleibt ein einstmals berühmter Mann, der tagelang tot in seiner Wohnung liegt, ohne dass ihn jemand vermisst. Und das sagt mehr über den Zustand dieser Gesellschaft aus als jede noch so lautstark vorgetragene Anti-Homophobie-Kampagne.

Markiert mit Fußball, Manfred Amerell.Speichern des Permalinks.

Eine Antwort zu Tod eines Schiedsrichters

  1. Pingback:Fußball und sonst fast nichts, aber nur fast - die Links der Woche vom 7. bis 13.12. | Männer unter sich

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bitte nicht wundern: nach dem Absenden verschwindet Dein Kommentar einfach und wird erst nach Freischaltung durch uns sichtbar -- also nicht mehrfach absenden!