Filmkritik: Skyfall

Bond ist zurück. Und sein DB5 auch.

Bond-Premieren sind die Festtage des Kinos. Auch wenn die Kritiker aus der Schwerintellektuellen-Fraktion gern die Nase über 007s Abenteuer rümpfen, die Bond-Filme machen einfach Spaß. Wir alle sind mit James Bond in seinen verschiedenen Inkarnationen von Sean Connery bis Daniel Craig groß geworden, und wenn ein neuer Film der erfolgreichsten Serie aller Zeiten angekündigt wird, lässt uns eine Frage nicht rasten und ruhen: Wie gut ist der neue Bond? Ich war gestern in der Berliner Vorpremiere, um es herauszufinden…

Javier Bardem

Gehen wir gleich ans eingemachte: „Skyfall“ ist ein toller Film, Daniel Craig’s bester Bond und vermutlich (Bond-Filme muss man vor der letzten Entscheidung immer ein bisschen abhängen lassen) ein Kandidat für die Top 5 oder gar die Top 3 der besten Bond-Filme aller Zeiten. Und warum? Weil die Versatzstücke (fast) alle stimmen, aus denen ein Bond-Film zusammengebaut wird.

Da wäre zuallererst Bonds Gegner. Binsenweisheit: Je besser der Gegner, desto besser der Bond, und Javier Bardem als durchgeknallter Ex-Agent Silva spielt sich mühelos in die vorderste Reihe der Gert-Fröbe-Klasse. Einer der faszinierendsten Bond-Schurken aller Zeiten.

Der Plot: Nun ja, reduziert man’s aufs wesentliche, dann haben alle Bond-Filme die gleiche Handlung. Irgendein böser Mensch tut Böses. Bond fährt um die Welt und richtet Sachschaden an, bis er den bösen Menschen zur Strecke gebracht hat. So läuft im Wesentlichen auch die Handlung von Skyfall ab, wobei Bond diesmal wenig spioniert. Skyfall ist ein eher konventionell strukturierter Action-Film, der nach furiosem Beginn (Der 14 Minuten lange in Istanbul spielende Teaser!) ziemlich geradlinig auf die finale Konfrontation zwischen Bond und Silva zusteuert. Für das einfache Strickmuster entschädigt Regisseur Sam Mendes jedoch mit einem Zitat-Feuerwerk: Nicht nur, dass auf beinahe jeden Bond-Film angespielt wird, Mendes erinnert u. a. auch an „Das Schweigen der Lämmer“ und (man glaubt es kaum!) „Kevin – allein zuhaus“.

Bonds Kumpels vom MI6: Hier erreicht „Skyfall“ wieder die volle Punktzahl. Ich will nix spoilern, aber dass dies der letzte Film mit Judi Dench als „M“ ist, dürfte bekannt sein. Der (ja, „der“) neue „M“ wird prächtigst eingeführt, und Daniel Craig bekommt endlich auch seinen „Q“. Und ganz am Schluss wird total überraschend noch eine weitere, wichtige Figur des Bond-Universums präsentiert, die bisher in den Craig-Filmen fehlte. Die Gang ist wieder komplett.

Alter Bekannter aus Goldfinger

Apropos „Q“: was ist mit Waffen und Gadgets? Selbstironisch, wie der ganze Film sich kippt, wird auf die Bond-üblichen „kleinen Extras“ verzichtet. Q überreicht Bond eine (immerhin leicht modifizierte) Walther und einen kleinen Peilsender, ansonsten gibt’s nur noch einen trockenen Scherz: „Hatten Sie explodierende Stifte erwartet?“ Aber der Aston Martin DB5 feiert ein ganz wunderbares Comeback. Inklusive Stoßstangen-MGs und Schleudersitz.

Und wie geht Commander Bond zur Sache, wie steht’s um die Action? Die in Istanbul spielende Anfangs-Sequenz habe ich ja schon erwähnt, dieses Action-Gewitter zählt zum Besten, was je in einem Bond-Film zu sehen war. Wer hier nicht wieder zum staunenden kleinen Jungen wird, der mit offenem Mund und seligem Lächeln auf die Leinwand starrt, dem ist nicht zu helfen. Damit hat der Film die Latte allerdings gleich zu Anfang sehr hoch gelegt und muss sich arg strecken, um das Niveau zu halten, was nicht immer gelingt. Der Schauwert wird jedoch weit oben gehalten, es passiert ’ne ganze Menge.

Kommt Bond ordentlich rum, sieht er was von der Welt? Nuja, Istanbul, London, Shanghai, Macao, London, Schottland sind die Locations. Ganz ordentlich, aber hier zählt nicht das Was sondern das Wie. Die Location Scouts haben sich für ihr Geld richtig reingehängt und ungewöhnliche Schauplätze gefunden, und Kamera und Regie fackeln hier ein Bild-Feuerwerk ab, wie man es noch in keinem Bond-Film gesehen hat. Von der Optik her absolut der faszinierendste 007 aller Zeiten.

Sind Titelsong und Vorspann im grünen Bereich? Absolut. Den Song von Adele habt ihr ja bestimmt alle im Ohr, der kommt schön Carly-Simon-mäßig rüber, und der Symbol-Vorspann, den er untermalt, ist auf oberstem Niveau. Bonds Gespenster der Vergangenheit sind das Thema, und das wird schön – gelegentlich durchaus am Tim Burton erinnernd – rübergebracht. Die Gunbarrel-Sequenz befindet sich übrigens wieder am Ende des Films.

Und wie sieht’s mit den Mädels aus? In „Skyfall“ kann der Commander bei drei Damen punkten, eine ist kaum zu sehen, die anderen beiden sind dafür echte Augenweiden. Und die Szene, in der 007 sich von Eve mit dem Rasiermesser rasieren lässt, ist ein Instant-Bond-Klassiker.

Und das Zwerchfell: Gibt’s ordentlich was zu Lachen? Und wie! Sieht man von den ernsteren Momenten des Films ab, ist „Skyfall“ einer der komischsten Bond-Filme. Das ist für mich das herausragende Merkmal der Bond-Serie, dass die Filme sich selbst niemals hundertprozentig Ernst nehmen, sondern das der Agenten-Quatsch mit einem Augenzwinkern serviert und der eigene Mythos mit Ironie auf die Schippe genommen wird. Dieses „tongue-in-cheek“ kriegt niemand so gut hin wie die Bond-Macher, und Skyfall hat jede Menge optischer Gags und beinharter Oneliner. Dazu sollte ich anmerken, ich hab den Film OmU gesehen, ich weiß nicht, wie die deutsche Synchro ist.

Daniel Craig

Endlich das wichtigste: 007 persönlich. Wie ist Daniel Craig in Form? Sehr, sehr gut, Craig hat sich in der Rolle jetzt endgültig gefunden. Die Verbissenheit, die er in „Casino Royal“ und „Ein Quantum Trost“ noch zeigte, ist beinahe vollkommen verschwunden, man merkt jetzt, das Bond „seine“ Rolle geworden ist. Craig ist immer noch der Bond, der dem „blunt instrument“ aus Fleming’s Büchern am nächsten kommt, aber er stattet die Rolle jetzt mit einem gelassenen, trockenen Humor aus, der es zur reinen Freude macht, ihm zuzugucken. Wie Connery: er spielt Bond nicht mehr, er ist Bond. Guter Mann!

Abschließend mein persönlicher Wunsch an die Bond-Macher: Es war wirklich eine tolle Idee, die Figur James Bond mit Daniel Craig neu einzustarten. Jetzt geht den ganzen Weg. Gebt uns Fans endlich einen richtigen „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“. Lasst Daniel Craig auf Skiern den Eiskanal runtergurken. Bringt Blofeld zurück. Und Tracy, auch wenn’s am Schluss weh tun wird. Craig hat das Zeug dazu.

Foto Daniel Craig: Georges Biard [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons
Foto DB5: Martin Hidinger, Public Domain, via Wikimedia Commons 
Foto Javier Bardem: Georges Biard [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons 

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